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Collage aus Schlossfassade, Kirschzweig und historischem Bild

Neue Ideen für ein altes Schloss: … (Klicken für mehr Bilder)

[ Nachwuchs-Kolumne #200 ]

Reaktivierung Schloss Ering: Vorbild für Strukturwandel – und Lehre

Sechs Studierende der TU München zeigen am Beispiel von Schloss Ering, wie Reaktivierung gelingen kann: strukturschwachen Raum attraktiv gestalten und eine nachhaltige regionale Wertschöpfung an den Start bringen.

Von Johanna Lentzkow

Reaktivierung ist in Ering ein präsentes Thema. Die Gemeinde mit rund 2.000 Einwohner:innen liegt zwischen München und Linz im Landkreis Rottal-Inn, direkt an der deutsch-österreichischen Grenze. Im Dorf zeichnen sich für den ländlichen Raum typische Phänomene ab: Die Menschen ziehen vom Land in die Stadt für Bildung und Arbeit, der ländliche Raum versorgt die Stadt mit Ressourcen. Es herrschen Disparitäten und Problematiken zwischen der Stadt- und der Dorfbewohnerschaft.

Schloss Ering: Baudenkmal ohne Nutzung

Und inmitten dieser Gegebenheiten befindet sich ein leerstehendes, unter Denkmalschutz stehendes Schloss. Dieser Zustand ist sechs Studierenden der TU München, die das Projekt vergangenes Semester an der Professur für Urban Design behandelt haben, ein Dorn im Auge. Die Reaktivierung der Räumlichkeiten des Schlosses soll Abhilfe für die momentanen Missstände schaffen. Doch wie kann das konkret aussehen? Welche Einrichtungen und Angebote braucht es, um das Leben im ländlichen Raum nachhaltig attraktiv zu gestalten?

Regionale Wertschöpfungsketten und lokale Beziehungen

Zunächst zielt das Projekt zur Reaktivierung darauf ab, Akteur:innen auf verschiedenen geografischen Maßstäben zu integrieren und das Schloss als Vermittler zu etablieren. Anfangs sollen niederschwellige Angebote wie Märkte, Stammtische oder gemeinsame Kochabende im Schloss mit Hilfe von Freiwilligen, Fördertöpfen und Spenden den Dorfkern revitalisieren.

Daraus resultieren nachfolgend größere Interventionen, die zum Beispiel vorsehen, Teile des Schlosses für eine Wohnnutzung zu sanieren oder ein jährlich stattfindendes Gewölbefest für Bewohner:innen und Tourist:innen ins Leben zu rufen. Ein erarbeiteter Interventionskalender gibt einen Überblick über die Angebote in Abstimmung mit dem Jahreszyklus. Das Projektteam fasst für die Reaktivierung fünf Themen ins Auge: Events, Bildung & Kultur, Übernachten & Wohnen, Selbstversorgung, Arbeitsplätze. Über die Jahre sollen sich regionale und lokale Prozessketten entwickeln, die Ering wieder beleben.

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Reaktivierung des Dorfkerns statt Donut-Effekt

Das Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht nur punktuell Leerstand behebt, sondern sich im größeren Maßstab positiv auf seine Umgebung auswirkt. Denn Ering ist wie viele ländliche Regionen auch vom „Donut-Effekt“ betroffen: Leerstand im Ortskern und dafür hoher Flächenverbrauch am Ortsrand. Der Maßnahmenplan zur Reaktivierung, den die Studierenden aufstellen, ist also auf weitere Standorte (auch ohne Schloss) übertragbar. Wichtig ist, solche großen, meist zentral gelegenen Gebäude mit Schlüsselfunktion zu reaktivieren und zu nutzen.

Die nächsten Schritte sehen eine Vorstellung des Projektes bei der Gemeinde vor. „Uns geht es darum, das Thema und das Potenzial im Ort bekannt zu machen, um dort Akzeptanz und Partizipation zu erzielen“, so der Student Felix Lindemann.

Neues Lehrformat: Studierende stellen die Aufgaben

Die Entwicklung des Projekts zur Reaktivierung fand in enger Abstimmung mit dem Schlossherrn Nikolaus Esterhazy statt, der auf die Professur für Urban Design mit seinem Vorhaben zukam. Sie geht mit ihrem Projektangebot nämlich neue, unkonventionelle Wege: Es gibt verschiedene Aufgabenstellungen innerhalb eines Semesterprojektes, die nicht mehr von der Professur, sondern von Studierenden oder Externen gestellt werden.

„Wir haben gemerkt, dass die Studierenden, wenn sie untereinander an verschiedenen Projekten arbeiten und sich dann gegenseitig kritisieren, besser vorantreiben.“, so Matthias Faul, der das Projekt betreut hat. Gemischte Teams aus Bachelor- und Masterstudierenden arbeiten gemeinsam an ihrem eigenen Projekt und stellen es in den sogenannten „Urban Design Conferences“ mit einem Stand, ähnlich wie bei einer Messe, anderen Studierenden, Kritiker:innen und Interessierten vor. Dort wird ein Erlebnismoment geschaffen, der die geplanten Interventionen, wie zum Beispiel den gemeinsamen Kochabend auf Schloss Ering, greifbar macht.

Die Studierenden profitieren von der extremen Diversität und bekommen neue Denkanstöße fürs eigene Projekt – trotz oder gerade wegen der unterschiedlichen Aufgaben bei der Reaktivierung.


Johanna Lentzkow absolvierte ihren Bachelor an der Hochschule Darmstadt und setzt nun ihr Architekturstudium an der Technischen Universität in München fort.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Luisa Richter und Lorenz Hahnheiser.

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