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[ Urteile ]

Ansprüche, Leistungen, Risiken

Text: Kerstin Grigat

Honorare

Vertrag aufgehoben – ­Honoraranspruch bleibt

Wird ein Architektenvertrag einvernehmlich aufgehoben, verliert der Architekt nicht ohne Weiteres seinen Restvergütungsanspruch aus § 649 S. 2 BGB. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

– Der Verlust des Restvergütungsanspruchs für diesen Fall ist ausdrücklich bzw. den Umständen nach vereinbart worden.

– Es entspräche der Rechtslage, wenn dem Architekten anstelle der Vertragsaufhebung gekündigt worden wäre.

– Die Werkleistung wäre unmöglich geworden.

Nimmt der Bauherr mehr als vier Jahre lang ein später als vertragswidrig bezeichnetes Verhalten des Architekten hin, ohne deshalb aus wichtigem Grund zu kündigen, kann er nicht aus eben diesem Grunde später kündigen und dabei behaupten, eine weitere Vertragsfortsetzung sei nicht möglich.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2011 – 1 U 408/09

Ausführungsplanung: ­Baugenehmigung abwarten!

Wird eine Baugenehmigung versagt, steht dem Architekten nur dann Honorar für eine vorher geleistete und jetzt überflüssige Ausführungsplanung zu, wenn er den Bauherrn über das Risiko belehrt hat und dieser auf der verfrühten Ausführungsplanung beharrt. Der Architekt muss als Sonderfachmann sämtliche für die Genehmigungsfähigkeit in Betracht zu ziehenden Vorschriften kennen oder ermitteln und bei seinem weiteren Vorgehen berücksichtigen. Dementsprechend muss er in einem Gebiet, das bei Extremhochwasser überflutet wird, eine Hochwasserlinie in Betracht ziehen und die insoweit für die Baugenehmigung maßgeblichen Vorgaben ermitteln und berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn die Hochwasserlinie nicht aus dem Bebauungsplan ersichtlich ist. Ferner bleibt ein Architekt an eine mit dem Attribut „Freundschaftspreis“ versehene Schlussrechnung auch dann gebunden, wenn er die Freundschaft für beendet erklärt.

OLG Koblenz, Beschluss vom 29.09.2011 – 5 U 224/11

Grober Kostenrahmen: Unverbindlich, wenn unrealistisch

Im oben genannten aufgehobenen Vertrag war ein Baukostenbetrag als „Kostenrahmen“ bezeichnet und mit einer „circa“-Angabe versehen worden. Zudem war erkennbar, dass er unter Berücksichtigung des Architektenhonorars ersichtlich nicht zutreffen konnte. Dies spricht dagegen, dass ein bestimmter Baukostenbetrag als Beschaffenheitsmerkmal des Architektenwerks und als anrechenbare Kosten anzusehen war, die als Grundlage der Honorarberechnung dienen konnten.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2011 – 1 U 408/09

Akquisition noch in Phase 4

Erbringt der Architekt Leistungen bis zur Phase 4, kann dies im Einzelfall als unentgeltliche Akquise einzustufen sein, wenn aus besonderen Umständen des Einzelfalls ein entsprechender Wille ablesbar ist. Im konkreten Fall war dem Architekten bekannt, dass zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Erwerb des Grundstücks der Abschluss entsprechender Mietverträge erforderlich war. Der Architekt erbrachte seine Leistung also zu einem Zeitpunkt, in dem die Realisierung des gesamten Bauvorhabens noch unklar war.
Notwendig ist in einem solchen Fall die Feststellung, ob und inwieweit die Parteien übereinstimmend mit Rechtsbindungswillen eine vergütungspflichtige Beauftragung gewollt haben. Hierfür sind in einer Gesamtbetrachtung etwaige vorhandene Dokumente, die Interessenlage der Parteien sowie gegebenenfalls weitere Umstände zu bewerten.
Im Ausnahmefall kann aber die geschilderte Konstellation als isolierte entgeltliche Beauftragung des Architekten mit den Arbeiten aus Leistungsphase 4 eingestuft werden. Dies ist auch dann möglich, wenn die Leistungen aus den Phasen 1 bis 3 ebenfalls erbracht und regelmäßig als notwendige Vorarbeiten für die Beantragung der Baugenehmigung einzustufen sind.

OLG Celle, Urteil vom 26.10.2011 – 14 U 54/11

Streit über Stundenlohn: Schweigen reicht nicht

Macht der Auftraggeber bei einer Stundenlohnvereinbarung geltend, die Betriebsführung des Architekten sei unwirtschaftlich gewesen, so trifft diesen die sekundäre Darlegungslast zu Art und Inhalt der von ihm nach Zeitaufwand abgerechneten Leistung. Dies bedeutet, dass der Architekt hierzu zumindest so viel vortragen muss, dass dem Auftraggeber, der für die Unangemessenheit der Leistung darlegungspflichtig ist, eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird. Er benötigt dazu Informationen des Architekten, da er außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und – im Gegensatz zum Auftragnehmer – typischerweise keine Kenntnis der darzulegenden Tatsachen besitzt. Der Architekt als Auftragnehmer trägt hingegen nicht die Beweislast dafür, ob der von ihm abgerechnete Aufwand angemessen war.

BGH, Beschluss vom 08.03.2012 – VII ZR 51/10

Eigentümergemeinschaft: Verwalter muss zum Auftrag ermächtigt sein

Die Ermächtigung des Verwalters, Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu treffen, umfasst nicht die Vornahme außergewöhnlicher, nicht dringender Instandsetzungsarbeiten größeren Umfangs. Legt der Verwalter keine Vollmachts- oder Ermächtigungsurkunde der WEG vor, darf der Architekt nicht auf seine Vertretungsbefugnis vertrauen. Wird der von dem Verwalter abgeschlossene Architektenvertrag von der WEG nicht genehmigt und wird die durch den Architekten erbrachte Leistung von der WEG nicht verwertet, muss der Architekt bereits erhaltene Honorare zurückzahlen.

KG, Urteil vom 09.11.2010 – 21 U 133/09; BGH, Beschluss vom 22.03.2012 – VII ZR 209/10 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Leistung trotz nichtigen Vertrags bringt Honorar

Erweist sich ein Vertrag als nichtig, hat aber der Architekt zu seiner Erfüllung Leistungen erbracht, kann er abrechnen, wobei das Honorar sich nach den Mindestsätzen der HOAI richtet. Damit ergibt sich für den Architekten die Möglichkeit, die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung wieder auszugleichen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftraggeber eigene Aufwendungen erspart hat und die Planungsleistungen tatsächlich verwendet worden sind. Das heißt, dass das Bauwerk tatsächlich unter Verwendung der Planungsleistungen des Architekten errichtet worden ist. Ist dem Architekten jedoch bewusst gewesen, dass die Mitarbeiter des Auftraggebers nicht berechtigt waren, ihn (mündlich) zu beauftragen, kann er diesen Anspruch nicht geltend machen.

OLG Brandenburg, Urteil vom 13.07.2010 – 11 U 7/10; BGH, Beschluss vom 24.11.2011 – VII ZR 139/10 (Nichtzulassungsbeschwerde ­zurückgewiesen)


Haftung

Kritische Bauphasen genau über­wachen – Mängel rasch beheben

Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt denjenigen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Laufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Er muss insbesondere Bedenken gegen die Bauausführung nachgehen, die der Bauherr oder die Ausführenden geäußert haben. Dementsprechend darf sich der Architekt nicht auf gelegentliche Baustellenbesuche beschränken, sondern muss die Bauleistungen regelmäßig und in angemessener, jedoch auch zumutbarer Weise überwachen. Der Umfang der Bauaufsichtspflicht, also insbesondere die Häufigkeit der Baustellenbesuche, richtet sich jedoch nach den Umständen des Einzelfalles.
Wichtige Bauabschnitte, von denen das Gelingen des gesamten Werkes abhängt, muss der Architekt persönlich oder durch einen erprobten Erfüllungsgehilfen unmittelbar überwachen. Er muss sich sofort nach der Ausführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit überzeugen. Je höher die Qualitätsanforderungen an Baumaterial und Bauausführung sind, desto intensiver muss er überwachen. Ihm müssen zumindest offensichtliche handwerkliche Mängel der Arbeiten einer ausführenden Firma auffallen.
Erkennt er Leistungen als mangelhaft, muss er dies dem ausführenden Auftragnehmer anzeigen und ihn zur Mängelbeseitigung auffordern. Geschieht dies nicht, so muss der Architekt Rücksprache mit seinem Auftraggeber halten und ihn umfassend über die technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten unterrichten.

OLG Rostock, Urteil vom 02.02.2011 – 2 U 20/08

Baukosten: Immer an den Bauherrn denken

Die Aussage eines Architekten zu den Baukosten kann nur dann als (selbstständige oder unselbstständige) Baukostengarantie angenommen werden, wenn er auch versprochen hat, im Rahmen einer persönlichen Verpflichtung für die Einhaltung eines bestimmten Baukostenbetrages in jedem Fall persönlich einzustehen.

Der Architekt hat den wirtschaftlichen Rahmen des Bauherrn schon im Rahmen der Grundlagenermittlung abzustecken, ebenso in der Vorplanung. Sind ihm hier Kostenvorstellungen des Auftraggebers bekannt, muss er diese bei seiner Planung berücksichtigen. Bestehen bei den Planungsvorgaben des Auftraggebers Unklarheiten, muss der Architekt die Grundlagen ermitteln, den Leistungsbedarf klären und die Zielvorstellungen abstimmen. Eine zutreffende Beratung bei der Kostenermittlung soll den Bauherrn in die Lage versetzen, gegebenenfalls eine einfachere Ausführung zu wählen oder auch das Bauvorhaben ganz fallen zu lassen. Ist ein Kostenlimit Voraussetzung für die Machbarkeit der Baumaßnahme und wird im Zuge der Planung erkennbar, dass dieses Kostenlimit nicht einzuhalten ist, muss der Architekt Einsparungsmöglichkeiten suchen. Fehlt zunächst eine Kostenermittlung, kann er dies nur nachbessern, wenn Modifizierungen in der Planung zu einer dem Bauherrn noch zumutbaren und vom Vertragsgegenstand noch gedeckten Planungsabweichung führen.

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2011 – I 24 U 151/04

Kostenschätzung: Bauherren vor Wagnissen warnen

Sind Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken erforderlich, aber unzutreffend, so hat der Architekt im Rahmen seiner Beratungspflicht darauf hinzuweisen, dass die Kostenschätzungen keine Grundlage für eine Investitionsentscheidung sein können. Wird ein Bauvorhaben als Renditeobjekt zur ­Finanzierung des restlichen Vorhabens errichtet und weiß der Architekt bei Auftragsvergabe und Vereinbarung eines verbindlichen Kosten­rahmens um die Investitionslage des Auftrag­gebers, so muss er den Kosten erhöhte Auf­merksamkeit widmen. Eine Toleranz bei der Kostenüberschreitung entfällt bei groben Architektenfehlern wie einer unzureichenden Kostenkontrolle ganz.

OLG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2011 – 12 U 71/10


Urheberrecht

Reine Technik ist keine Kunst

Bei einem Gebrauchsgegenstand (hier: Kletternetz für einen Kinderspielplatz) können nur solche Merkmale Urheberrechtsschutz als Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG begründen, die nicht allein technisch bedingt, sondern auch künstlerisch gestaltet sind. Ist also die Gestaltung durch technische Erfordernisse vorgegeben, kann im Regelfall kein Raum für eine künstlerische Gestaltung bestehen. Eine persönliche geistige Schöpfung ist dann ausgeschlossen. Müssen Gebrauchsgegenstände bestimmten technischen Anforderungen genügen und weisen sie technisch bedingte Gestaltungsmerkmale auf, muss der Architekt genau und deutlich darlegen, inwieweit der Gebrauchsgegenstand künstlerisch gestaltet ist – über seine von der Funktion vorgegebene Form hinaus.

BGH, Urteil vom 12.05.2011 – I ZR 53/10


Abnahme

Einzug ohne Bauabnahme: nur nach Prüfzeit

Nimmt ein Auftraggeber ein Bauwerk in Gebrauch, dann stellt dies nur dann eine konkludente Abnahme (durch Handlung statt Worte) dar, wenn er vorher eine gewisse Prüfzeit hatte. Welche Länge für diese angemessen ist, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Entscheidend ist unter anderem, wie schwer der Mangel zu erkennen und zu überprüfen ist. In der Regel ist ein Zeitraum von sechs bis acht Wochen angemessen.
OLG Jena, Urteil vom 14.07.2009 – 5 U 736/09; BGH, Beschluss vom 23.02.2012 – VII ZR 143/09 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kerstin Grigat ist Rechtsanwältin in München.

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