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[ Aktuelles Urteil ]

Rechtsdienstleistung im Bauvertrag: Architekt haftet

Architekten, die ihren Auftraggebern Vertragsklauseln oder sogar individualisierte Vertragsentwürfe mit sonstigen Planungs- und Baubeteiligten bereitstellen, bieten unzulässigerweise Rechtsdienstleistungen an. Für entstehende Schäden haften sie persönlich. Ein aktuelles Urteil des BGH mahnt zur Vorsicht auch in anderen Bereichen.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Rechtsdienstleistung mit Folgen“ im Deutschen Architektenblatt 01-02.2024 erschienen.

Von Gregor Sibeth

Der beklagte Architekt wurde von der klagenden Bauherrin mit Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 beauftragt. Er stellte der Bauherrin einen Bauvertragsentwurf zur Verwendung gegenüber bauausführenden Unternehmen zur Verfügung. Der von einem Rechtsanwalt überprüfte Entwurf sah eine Skontoklausel in Höhe von drei Prozent vor. Diese erwies sich später als unwirksam.

Unwirksame Skontoklausel in Bauvertrag

Ein vorangegangener Rechtsstreit der Klägerin mit einem bauausführenden Unternehmen endete mit einem Vergleich. Wegen der unwirksamen Skontoklausel musste sich die Klägerin den einbehaltenen Betrag in Höhe von 125.098,75 Euro brutto auf die von ihr geltend gemachten Gewährleistungsansprüche anrechnen lassen. Die Klägerin verlangte von dem Architekten sodann erfolgreich Ersatz dieser Summe.

Nach dem Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 9. November 2023, Az.: VII ZR 190/22) durfte der Architekt der Klägerin keine Skontoklausel zur Verfügung stellen, weil dies eine Rechtsdienstleistung darstelle. Er verstieß damit gegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) und haftet für Schäden einer fehlerhaften Rechtsdienstleistung – und das sogar persönlich. Der Architektenvertrag an sich bleibt aber wirksam, Honoraransprüche und Gewährleistungsansprüche sind unberührt.

Was ist eine Rechtsdienstleistung?

Dabei kommt es gar nicht auf die Frage an, ob die konkret verwandte Skontoklausel wirksam oder unwirksam war. Denn bereits die Vereinbarung zwischen einem Architekten und einem Auftraggeber, die die Erbringung einer Rechtsdienstleistung vorsieht, ist nichtig (§ 134 BGB).

Eine Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine Prüfung des Einzelfalls – also die konkrete Anwendung der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen auf den Sachverhalt – erfordert. Architekten dürfen demnach Rechtsnormen schematisch anwenden, wenn hiermit keine weitere rechtliche Prüfung verbunden ist. Ob die Rechtsfrage einfach oder schwierig ist, ist unerheblich. Da im entschiedenen Einzelfall festgestellt werden musste, ob die Verwendung der Klausel der Interessenlage der Bauherrin entsprach, lag eine Rechtsdienstleistung vor.

Rechtsdienstleistungen nicht Teil des Berufsbildes von Architekten

Rechtsdienstleistungen gehören nicht zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten – auch nicht als Nebenleistung. Zwar sieht das RDG in § 5 Ausnahmetatbestände vor. Diese sind für Architekten jedoch nicht erfüllt. So ist die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn die Tätigkeit als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Ob eine Nebentätigkeit vorliegt, entscheidet sich durch Abwägung ihres Inhalts, Umfangs und sachlichen Zusammenhangs mit der Haupttätigkeit sowie unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Rechtliches Umfeld erläutern, aber nicht im Einzelfall beraten

Der BGH erkennt an, dass das Aufgabengebiet und das Berufsbild von Architekten vielerlei Berührungen zu Rechtsdienstleistungen vorsehen. So ist der Architekt verpflichtet, die erforderlichen Leistungen zu erbringen, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Die hierfür notwendigen Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts hat er in der Beratung des Bauherrn umzusetzen. Denn er ist „geschäftlicher Oberleiter“, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn.

In dieser Rolle hat er dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern. Er ist jedoch kein Rechtsberater des Bauherrn. Sobald eine Prüfung der Interessenlage im Einzelfall erforderlich ist, agiert er außerhalb des Berufs- und Tätigkeitsbilds des Architekten.

Haftung des Architekten für Erfüllungsgehilfen

Architekten können dieses Verbot auch nicht dadurch umgehen, dass sie individualisierte Vertragsentwürfe oder -klauseln einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorlegen und diesen „zwischenschalten“. Denn der Architekt darf sich von Anfang an nicht zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen verpflichten. Der Rechtsanwalt würde lediglich zu einem Erfüllungsgehilfen des rechtsberatenden Architekten.

Mitwirken bei der Auftragserteilung

Die Pflicht zum „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ ermächtigt nicht zur Vornahme von Rechtsdienstleistungen im Einzelfall. An dieser Bewertung ändert im konkreten Fall auch Anlage 11 Leistungsphase 7h) zu § 33 S. 3 HOAI (2009) nichts. Danach kann der Architekt ein Entgelt für das „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ abrechnen. Teilweise wurde deshalb (auch von Gerichten) vertreten, der Architekt wäre verpflichtet, Verträge zu entwerfen beziehungsweise sämtliche Vertragsunterlagen zusammenzustellen, die auf die Interessen des Bauherrn abgestellt sind. Mit dieser Argumentation wäre der Architekt berechtigt, Rechtsdienstleistungen im Einzelfall anzubieten.

Dieser Meinung widerspricht der BGH letztlich aus formalen Gründen. Denn die HOAI steht als Verordnung in der Normenhierarchie unterhalb des RDG. Regelungen des RDG besitzen daher eine Vorrangwirkung gegenüber Regelungen der HOAI.

Vorsicht! Risiko durch Haftpflichtversicherung nicht gedeckt

Die Entscheidung ist ein Weckruf – nicht nur im Hinblick auf das Thema Vertragsgestaltung. Auch Architekten, Ingenieure sowie wohl auch Projektsteuerer, die „mal eben so“ die Nachtragsprüfung oder die (rechtliche) Mängelverfolgung (zum Beispiel durch Fristsetzung und Kündigungsandrohung) für ihren Bauherrn übernehmen, gehen unbewusst ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko ein! Mit der BGH-Entscheidung dürfte nun feststehen, dass sie für dieses Risiko persönlich haften.

Denn Berufshaftpflichtversicherer sind nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren für Ansprüche nicht einstandspflichtig, die aus Tätigkeiten resultieren, die über die im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeiten/Berufsbilder hinausgehen. Insoweit ist die gesamte Berufshaftpflicht nicht versichert.

Gregor Sibeth ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Hecker Werner Himmelreich in Köln und auf privates Bau- und Architektenrecht spezialisiert. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein

3 Gedanken zu „Rechtsdienstleistung im Bauvertrag: Architekt haftet

  1. Hier wäre eine Auskunft zur Ausgangslage hilfreich. Hat eine der Parteien den Vertrag nicht unterzeichnet? wurde die Klausel nachträglich eingefügt? Hat der Architekt im Auftrag einer Partei unterzeichnet? Wurde die Klausel mündlich besprochen, etc….

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  2. Sehr interessante Entscheidung, nachdem jahrelang meines Wissens auch vom BGH, vom Architekten z.B. Standardbauverträge für den Bauherren gefordert wurden, und er diese dem Bauherren zur Verfügung stellen musste.

    Ich fände einen Nachfolgeartikel sehr hilfreich, in dem genauer darauf eingegangen wird, was der Architekt denn nun konkret machen darf und was nicht. Wo sind die Schnittstellen? Wann muß der Architekt vom Bauherren einen Rechtsanwalt „fordern“. Welche Auswirkungen hat das Urteil in zeitlicher Hinsicht? Gilt das alles auch für den kleinsten Umbau, oder für den Einfamilienhausbauer? Vermutlich schon. Wie gehe ich dann konkret vor? Übergebe ich das Auftrags-LV einfach dem Bauherren und teile ihm mit, er soll nun bitte die Baufirma selbsttätig beauftragen? Entweder er macht das alleine oder er holt sich eben anwaltlichen Rat. Alles weitere soll er mit einem Rechtsanwalt abstimmen? Soll man in gleicher Weise dann mit Nachträgen verfahren? Der Architekt prüft den Nachtrag nur technisch, ob der Nachtrag aber gegenenfalls in irgendeiner Form vom Auftrags-LV oder dem Bauvertrag gedeckt ist muss dann ein Rechtsanwalt prüfen?

    Vielleicht wäre es ja sinnvoll hier das RDG entsprechend anzupassen? Sodass Architekten, so wie sie bislang auch, einfache Bauverträge zur Verfügung gestellt haben?

    Antworten
  3. Ich frage mich, ob sich dann alle energieberatenden Kollegen, die ihre Bauherren zu Fördermöglichkeiten unterstützen auch ins Risko begeben, wenn sie (nicht) darauf hinweisen, dass sie keine Rechtsberatung vornehmen dürfen.

    Vor dem Hintergrund der nun im Rahmen der BEG Förderungen vorgesehenen (quasi vorgeschriebenen) Vertrags-Klauseln, die in Liefer- und Leistungsverträgen zwischen Handwerker und Bauherr bezüglich aufschiebender Wirkung im Falle einer nicht erfolgten Förderzusage zu treffen sind, wäre sehr interessant, wie sich der Gestzgeber das vorstellt.

    Wer bitte, soll denn dann auf diese Fördervoraussetzung hinweisen? Der Fachbetrieb wird daran kein Interesse haben, für ihn ist es ohnehin ein Risiko.

    Antworten

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