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[ Recht ]

Haftung für Fehler von Fachplanern? Verantwortung von Architekten

Vertragliche Regelungen zur Abgrenzung der Leistungsbereiche können die Haftung für die Fehler anderer verhindern.

Von Katharina Kramer

Viele Bauaufgaben erfordern die Einschaltung von Fachplanern beispielsweise aus den Bereichen Schall- und Wärmeschutz, Statik, Brandschutz oder Technische Ausrüstung. Dabei bauen die Leistungen von Architekten und Fachplanern aufeinander auf beziehungsweise greifen ineinander. Unterlaufen Fachplanern Fehler, die zu einem Planungs- oder Ausführungsmangel führen, stellt sich häufig die Frage, ob auch die Architekten für solche Mängel gegenüber dem Bauherrn mit in der Haftung stehen. Dies hängt insbesondere vom vertraglich geschuldeten Leistungsumfang des Architekten ab.

Haftung für Fehler im eigenen Verantwortungsbereich

Nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen gilt zunächst einmal, dass jeder nur insoweit für Fehler einzustehen hat, wie diese dem eigenen Verantwortungsbereich unterliegen. Dies gilt grundsätzlich auch für vertragliche Haftungsfragen im Verhältnis zwischen Bauherrn, Architekten und Fachplanern. Architekten und Fachplaner haften dem Bauherrn gegenüber in den Grenzen ihres jeweiligen Verantwortungsbereichs. Daran schließt sich die Frage an, was genau zum Verantwortungsbereich von Architekten gehört und wo die Schnittstellen zu den Verantwortungsbereichen der Fachplaner sind.

Abgrenzung der Verantwortungsbereiche

Auf den ersten Blick erscheint die Abgrenzung einfach: Nach gefestigter Rechtsprechung sind Inhalt und Umfang des Verantwortungsbereichs eines Architekten in jedem Einzelfall anhand der vom Architekten für die konkrete Bauaufgabe vertraglich übernommenen Leistungspflichten zu bestimmen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1996, Az.: VII ZR 233/95).

Liegt allerdings nur ein mündlicher Architektenvertrag vor oder sind die vom Architekten zu erbringenden Leistungen oder eventuelle Schnittstellen zu Leistungsbereichen der Fachplaner im Vertragstext nicht klar beschrieben, besteht im Fall eines Rechtsstreits die Gefahr, dass durch eine juristische Vertragsauslegung der Leistungs- und damit auch der Verantwortungsbereich des Architekten – aus dessen Sicht unerwünscht – erweitert wird. Eine erste Orientierung zur üblichen Leistungsverteilung zwischen Architekten und Fachplanern bietet ein Muster-Schnittstellenkatalog der Bayerischen Architektenkammer. Dieses Muster ersetzt jedoch nicht die Prüfung der konkreten Vertragskonstellationen im Einzelfall.

Fehler bei Beratung, Koordination, Integration

Typischerweise handelt es sich bei Fehlern, die planenden und bauüberwachenden Architekten im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Fachplanern unterlaufen, um Beratungs-, Koordinations- oder Integrationsfehler innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs. Beispielsweise sollte der Architekt darauf achten, dass er den Bauherrn über Art und Umfang der erforderlichen Fachplanungsleistungen sorgfältig und nachweislich berät. Auch stellt es einen Fehler im eigenen Verantwortungsbereich dar, wenn Architekten unzureichende oder fehlerhafte Planungsvorgaben an Fachplaner weitergeben, es sei denn, die Fachplaner treffen insoweit eigene Aufklärungspflichten.

Fachplaner koordinieren

Zudem haben Architekten die Fachplaner so zu koordinieren, dass deren Arbeitsergebnisse rechtzeitig vorliegen. Hierzu gehört nach Ansicht des OLG Düsseldorf (Urteil vom 17. November 2011, Az.: 5 U 8/11) auch, dass der bauüberwachende Architekt überprüft, ob ein in Teilbereichen für die Bauüberwachung hinzugezogener Fachplaner seinen Bauüberwachungspflichten grundsätzlich nachkommt und sein Fachwissen einbringt.

Haftungsverschärfung bei Bauüberwachung

Die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche anhand der vertraglich übernommenen Leistungspflichten erfährt für Architekten, die vertraglich (auch) die Bauüberwachung übernommen haben, eine Verschärfung. Ausnahmsweise haftet der (auch) bauüberwachende Architekt für bestimmte mangelursächliche Fehler aus dem Verantwortungsbereich der Fachplaner mit. Die Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, Urteil vom 27. Januar 2021, Az.: 2 U 39/20) begründet diese Haftungsverschärfung damit, dass der (auch) bauüberwachende Architekt regelmäßig die Stellung eines Sachwalters einnimmt. Aus der Sachwalterstellung folgen besonders umfassende Beratungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Bauherrn.

Architekten sind nicht selbst „vom Fach“

Zur Vermeidung einer eventuellen eigenen Haftung für Fehler von Fachplanern hat der (auch) bauüberwachende Architekt die Leistungen der Fachplaner in einem gewissen Rahmen zu überprüfen. Wichtig ist dabei, dass die Rechtsprechung keine vollumfängliche, jedes Fachplanungsdetail umfassende Prüfung von Architekten verlangt, schließlich ist er nicht selbst „vom Fach“. Erforderlich ist „lediglich“ eine Überprüfung der Fachplanerleistungen auf für Architekten offensichtlich erkennbare Fehler und auf eine Integrierbarkeit in das Gesamtgefüge der Planung.

Prüfungsmaßstab Erkennbarkeit

Offensichtlich erkennbar sind für Architekten nur solche Fachplanungsfehler, die auf Grundlage des allgemein von Architekten zu erwartenden bautechnischen Wissens von ihnen im Zuge einer Plausibilitätsprüfung hätten erkannt werden müssen. Spezialkenntnisse in den Fachplanungsdisziplinen werden von Architekten nicht erwartet. Beispielsweise wird nach einer Entscheidung des OLG Köln vom 17. Juni 2020 (Az.: 19 U 223/19) von Architekten nicht erwartet, dass diese als Generalisten eine komplexe bauphysikalische Kühllastberechnung eines Fachingenieurs für Technische Ausrüstung aufschlüsseln.

Erwartet wird jedoch, dass Architekten zumindest mit im Blick behalten, ob die Fachplanung denjenigen Fachplanungsanforderungen genügt, die sich ohne Weiteres aus den Landesbauordnungen und darauf fußenden Rechtsverordnungen, wie etwa der Schulbaurichtlinie, ergeben (OLG Saarbrücken, Urteil vom 27. Januar 2021, Az.: 2 U 39/20).

Gesamtschuldnerische Haftung

Tritt ein Mangel am Bauwerk ein, der auf den Fehler eines Fachplaners zurückzuführen ist, der auch für den Architekten offensichtlich erkennbar gewesen wäre, haften Architekt und Fachplaner dem Bauherrn gegenüber in aller Regel gemeinsam als sogenannte Gesamtschuldner. Dies bedeutet, dass der Bauherr nach seinem Belieben entscheiden kann, ob er den Fachplaner oder den Architekten ganz oder teilweise wegen des Mangels in Anspruch nehmen möchte. Erst im Verhältnis untereinander sind Fachplaner und Architekt gegebenenfalls zum Ausgleich verpflichtet.

Entscheidet sich der Bauherr dafür, nur den Architekten für den Mangel am Bauwerk in Anspruch zu nehmen, kann der Architekt nach Auffassung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 15. Januar 2016, Az.: 22 U 92/15) nicht als Verteidigungsmittel anführen, dass den Bauherrn ein Mitverschulden an dem Mangel treffe, weil dieser den Fachplaner eigenständig beauftragt hat. Das Gericht begründet dies damit, dass der Bauherr nicht dafür verantwortlich sei, dem Architekten eine mangelfreie Fachplanung zur Verfügung zu stellen. Der Architekt werde durch die Einschaltung eines Fachplaners nicht davon entbunden, die Fachplanungsleistungen auf für Architekten offensichtlich erkennbare Fehler (und auf eine Integrierbarkeit in die Gesamtplanung) zu überprüfen.

Auf offensichtliche Fehler von Fachplanern prüfen

Insgesamt ist festzuhalten, dass Fachplanungsleistungen von Architekten nicht vollkommen unbesehen übernommen werden sollten, um einer Mitverantwortlichkeit für Fehler der Fachplaner gegenüber dem Bauherrn vorzubeugen. Fachplanungsleistungen sollten – soweit für Architekten mit ihren bautechnischen Kenntnissen möglich – auf offensichtliche Fehler überprüft werden. Bei aufkommenden Zweifeln ist eine dokumentierte Nachfrage bei dem jeweiligen Fachplaner – und bei deren Fortbestehen eine Information des Bauherrn hierüber – zu empfehlen.

Belegbarer Architektenvertrag und Zuschnitt der Leistungsbereiche

Da sich der Verantwortungsbereich eines Architekten nach dem geschuldeten Leistungsumfang bemisst, ist es außerdem ratsam, einen Architektenvertrag belegbar abzufassen und bei der Vertragsgestaltung auf einen passenden Zuschnitt des eigenen Leistungsbereichs zu achten. Auch eine ausdrückliche Herausnahme bestimmter Leistungsbereiche aus dem vertraglichen Leistungsumfang kann sinnvoll sein.

Prüfen, ob Fachplaner nötig ist

Im eigenen Interesse sollten Architekten sorgfältig untersuchen, ob und in welchem Umfang zur Lösung der Bauaufgabe Fachplaner einzuschalten sind. Die benötigten Fachplanerleistungen sollten im Architektenvertrag festgehalten werden. Bereits die Erwähnung eines Fachplaners im Architektenvertrag ist ein Indikator dafür, dass der jeweilige Planungsbereich grundsätzlich nicht in den Leistungs- und Verantwortungsbereich des Architekten fällt und der Bauherr entsprechend beraten worden ist. Anhaltspunkte dafür, wie ein Architektenvertrag ausgestaltet werden kann, bieten die Orientierungshilfen der Architektenkammern.

Schnittstellen genau beschreiben

Weiter ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass die Schnittstellen zu den Leistungsbereichen der Fachplaner – zumindest bei komplexeren Bauaufgaben möglichst genau, beispielsweise durch eine dem Vertrag beigefügte Schnittstellenliste – beschrieben werden. Eine Hilfestellung dabei bietet das oben erwähnte Muster der Bayerischen Architektenkammer.

Dr. Katharina Kramer ist Rechtsanwältin bei trûon Rechtsanwälte PartmbB in Hamburg

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