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BGH vertagt Entscheidung über HOAI-Verbindlichkeit

Laut EuGH verstößt die Verbindlichkeit der Honorarsätze der HOAI gegen Europarecht. Findet diese Entscheidung schon Anwendung oder muss erst die HOAI geändert werden? Der BGH sollte darüber entscheiden, vertagt aber das Ergebnis

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Kein weißer Rauch aus Karlsruhe“ im Deutschen Architektenblatt 07.2020 erschienen.

Von Eric Zimmermann

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 4. Juli 2019 (Az.: C-377/19), dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze nach der HOAI gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Bis dahin gab es grundsätzlich (Ausnahmen einmal ausgeblendet) in Deutschland einen verbindlichen Honorarkorridor von Mindest- und Höchstsätzen, an denen sich Planer und Bauherren bei der Bezahlung von Planerleistungen halten mussten.

Uneinigkeit der Gerichte

Mit der Entscheidung des EuGH kam aber schnell die Folgefrage auf, ob diese mit Verkündung unmittelbar umzusetzen und anzuwenden ist oder ob dazu erst die HOAI geändert werden muss. Für beide Sichtweisen fanden sich Argumente und Gerichte, die sie vertraten. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ging davon aus, dass erst der Gesetzes- und Verordnungsgeber die HOAI ändern muss, um die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze zu beseitigen. Solange aber die Verbindlichkeit in der HOAI noch festgelegt sei, müsse sie auch angewandt werden. In der Regel hat der Gesetzgeber ein Jahr Zeit Entscheidungen des EuGH umzusetzen, sodass zumindest während dieser Zeit weiterhin die Einhaltung der Mindest- und Höchstsätze verbindlich wäre.

Eine entgegensetzte Ansicht vertrat das OLG Celle. Aus seiner Sicht muss eine Entscheidung des EuGH, in der die Europarechtswidrigkeit einer Norm festgestellt wurde, zur Folge haben, dass diese Norm ab sofort nicht mehr angewandt werden darf. Nach dieser Ansicht dürfen seit dem 4. Juli 2019 keine Mindest- und Höchstsätze mehr als verbindliches Preisrecht gefordert werden.

Die unterschiedlichen Entscheidungen führen in der Praxis zu verschiedenen Rechtsergebnissen. Wenn – etwas vereinfacht dargestellt – ein Architekt mit seinem Bauherren einen Pauschalpreis von 55.000 Euro vereinbart hatte und nach der Vertragsbeendigung feststellte, dass nach den HOAI-Mindestsätzen ein Honoraranspruch auf 100.000 Euro bestände, würde er diese höhere Summe nach Ansicht des OLG Hamm auch jetzt noch im Regelfall vollständig erhalten. Denn das bindende Preisrecht gelte hiernach noch weiterhin, die Mindestsätze müssten eingehalten werden. Nach dem OLG Celle würde er allein die vertraglich vereinbarten 55.000 Euro erhalten, denn hier fände die EuGH-Entscheidung unmittelbar Anwendung: Vertrag ist Vertrag, auf ein verbindliches Preisrecht komme es nicht an. Das führt dazu, dass derzeit Architekten je nach Gericht unterschiedliche Erfolgsaussichten mit sogenannten Aufstockungsklagen haben, je nachdem, wo sie klagen.

BGH lässt Ergebnis offen

Aufgrund dieser erheblichen rechtlichen Diskrepanz wurde der BGH in Karlsruhe angerufen und gebeten zu entscheiden, wer nun Recht hat. Eine Frage stand freilich nicht zur Diskussion: Die Entscheidung des EuGH vom 4. Juli 2019 und die dort festgestellte Unionsrechtswidrigkeit von verbindlichen HOAI-Mindest- und Höchstsätzen. Daran lässt sich nicht mehr rütteln. Die einzige offene Frage besteht darin, wann die Entscheidung des EuGH Anwendung findet: Sofort oder erst nach Anpassung der HOAI.

Am 14. Mai 2020 fand nun in Karlsruhe die mündliche Verhandlung beim BGH zu dieser Rechtsfrage statt. Der BGH neigt in die Richtung des OLG Hamm, wonach derzeit die Verbindlichkeit weiterhin fortgelte, doch scheute er vor einer abschließenden Entscheidung zurück. Denn auch aus Celle kamen gute Argumente. Da sich sowohl Hamm als auch Celle für die Auslegung ihrer Ansicht auf den EuGH bezogen, hielt es der BGH für gerechtfertigt, die Frage dem EuGH mit Sitz in Luxemburg vorzulegen, wie nun und vor allem ab wann seine Entscheidung umzusetzen sei.

Mit der Verweisung nach Luxemburg bleibt diese Rechtsfrage weiterhin offen, sodass derzeit nicht rechtsverbindlich gesagt werden kann, ob das verbindliche Preisrecht noch gilt oder nicht mehr.

Praxistipp: HOAI vertraglich vereinbaren

Frei vereinbaren können die Vertragsparteien die Geltung der HOAI in der Fassung von 2013, das heißt die Vergütungsermittlung nach den Parametern der HOAI zwischen Mindest- und Höchstsätzen weiterhin. Die Kammern bieten ihren Mitgliedern zu diesem Zweck sogenannte Orientierungshilfen an.

Die Anpassung der HOAI durch den Gesetzgeber wird aller Voraussicht nach noch dieses Jahr erfolgen, sodass in diesem Jahr wohl die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze aus der HOAI gestrichen wird. Mit der Entscheidung des EuGH ist erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen. Dann wird die Verbindlichkeit des Preisrechts aber schon nicht mehr in der HOAI stehen und die Entscheidung in der Praxis nicht mehr die Brisanz haben wie jetzt.

Dr. iur. Eric Zimmermann ist Bereichsleiter Recht und Wettbewerb sowie Justiziar in der Architektenkammer Baden-Württemberg.

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