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[ Recht ]

Vertragspartner wider Willen

Damit sie nicht selbst zu Vertragspartnern ­werden, müssen bauleitende Architekten ­vorsichtig sein, wenn sie für ihren Bauherrn ­gegenüber Bauunternehmern Änderungen ­freigeben und Aufträge unterzeichnen

Von Eva-Maria Linz

Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach bauleitende Architekten grundsätzlich nur als Vertreter des Bauherrn und nie im eigenen Namen handeln, so hat es das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 14. Februar 2018 (Az.: 28 U 88/18) entschieden. Eine generelle Berechtigung dazu, den Bauherrn rechtsgeschäftlich, also in Vertragsangelegenheiten, zu vertreten, kann in Architektenverträge prinzipiell nicht hineingelesen werden. Stattdessen gelten die allgemeinen Vertretungsregeln. Architekten sollten deshalb (1.) gegenüber dem Unternehmer ausdrücklich erklären, dass sie nur als Vertreter des Bauherrn agieren und sich (2.) vor der Abgabe einer Erklärung gegenüber dem Bauunternehmer nachweisbar von ihrem Bauherrn bestätigen lassen, dass Änderungen gewünscht und vom ihm beauftragt sind. Andernfalls läuft der Architekt Gefahr, dass er – und nicht der Bauherr – von dem Unternehmer als Vertragspartner angesehen und finanziell in Anspruch genommen wird, wie es in dem eingangs genannten Fall geschehen ist. Das Gericht verurteilte den bauleitenden Architekten zur Zahlung von 7.171,89 Euro für in Auftrag gegebene Metallbauarbeiten, weil er nicht beweisen konnte, dass die Beauftragung des Unternehmers im Namen des Bauherrn erfolgt war.

Plötzlich Auftraggeber

Der Architekt war mit der Bauleitung für eine Tiefgarage betraut. Um den Blick auf etwaige Fußgänger auf dem Gehweg zu ermöglichen, war nach der Errichtung der Tiefgaragenrampe samt Seitenwänden ein Ersatz des letzten Stücks der Mauer durch ein Metallgeländer erforderlich. Der Architekt zeichnete diese Änderungen auf einer Skizze des Unternehmers ein. Der Unternehmer bat den Bauherrn mit einem Schreiben, das er durch den Architekten an den Bauherrn übergeben ließ, die Änderungen freizugeben und zu beauftragen. Der Architekt bestätigte dem Unternehmer per E-Mail, dass die Zeichnungen freigegeben sind. Nach Errichtung des Geländers stellte es der Unternehmer dem Architekten in Rechnung und trug vor, der Architekt habe den Auftrag für das neue Geländer unmittelbar und im eigenen Namen erteilt. Er könne sich deshalb nicht auf eine Beauftragung im Namen des Bauherrn berufen. Der Architekt wandte ein, er habe zu keinem Zeitpunkt die streitgegenständlichen Arbeiten im eigenen Namen beauftragen wollen. Die Freigabe sei im Namen des Bauherrn erfolgt. Ein Vertrag mit dem Unternehmer sei nicht zustande gekommen.

Das Gericht entschied zugunsten des Unternehmers. Der Architekt habe gegenüber dem Unternehmer nicht erklärt, dass die Ausführung nur unter dem Vorbehalt erfolgen solle, dass der Bauherr die Erklärung des Architekten genehmigt. Da der Bauherr die Änderung nachträglich nicht genehmigte, konnte der Architekt auch nicht nachweisen, entsprechend vom Bauherrn bevollmächtigt zu sein, sodass die Erklärung, die der Architekt hinsichtlich der Planänderung gegenüber dem Unternehmer abgegeben hatte, unmittelbar für und gegen den Architekten wirkte. Er wurde dadurch also selbst Vertragspartner des Unternehmers.

Recht der Stellvertretung

Mag die Entscheidung zunächst ungerecht erscheinen – da die Leistung dem Bauherrn und nicht dem Architekten zugutekam –, so stellt sie doch eine konsequente Umsetzung der allgemeinen Vertretungsregeln (§§ 164 ff. BGB) dar.

Das Recht der Stellvertretung beruht auf dem Offenkundigkeitsprinzip. Das bedeutet, der Stellvertreter (Architekt) muss gegenüber der Vertragspartei (Unternehmer) offenlegen, dass er seine Erklärung für eine andere Person (Bauherrn) abgibt. Voraussetzung für eine wirksame Stellvertretung ist deshalb, dass die Erklärung erkennbar im Namen des Bauherrn abgegeben wird. Ist dies der Fall und handelt der Architekt zudem im Rahmen seiner Vertretungsmacht, so bindet die Erklärung des Architekten den Bauherrn. Der Vertrag kommt dann zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmer zustande.

Überschreitet der Architekt die ihm durch den Bauherrn erteilte Vollmacht (zum Beispiel durch Beauftragung von Leistungen oberhalb einer mit dem Bauherrn vereinbarten Kostengrenze) und genehmigt der Bauherr das Rechtsgeschäft anschließend nicht, so handelt der Architekt – trotz Offenlegung der Stellvertretung – als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Dies hat zur Folge, dass der Unternehmer wählen darf, ob er den Vertrag mit dem Architekten als Vertragspartner erfüllen oder von dem Architekten Schadensersatz verlangen will.

Tritt der Wille des Stellvertreters (Architekten), im fremden Namen zu handeln, hingegen nicht erkennbar hervor, so bindet die Erklärung den Architekten selbst. Das ist auch konsequent, da der Vertragspartner (Unternehmer) in diesem Fall nicht erkennen kann, dass die Erklärung für einen anderen (nämlich den Bauherrn) abgegeben wird.

Nicht von Bedeutung ist dabei der innere unerklärte Wille des Stellvertreters. Es kommt also nicht darauf an, wie der Architekt seine Erklärung von dem Unternehmer verstanden wissen wollte, sondern wie der Unternehmer die Erklärung des Architekten objektiv verstehen konnte.

Entscheidend für die Zuordnung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung ist laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. März 2011 (Az.: II ZR 16/10), „wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt; dabei sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärung als Gegenstand zugehört, und die typische Verhaltensweise“.

Zwar könnte man beim Lesen dieser Voraussetzungen auf die Idee kommen, dass bei der Beauftragung eines Unternehmers durch einen Architekten die Umstände immer dafür sprechen, dass der Architekt stellvertretend für seinen Bauherrn tätig wird. Der Annahme eines solchen allgemeinen Rechtssatzes hat das Oberlandesgericht München mit seiner Entscheidung aber gerade eine Absage erteilt. Und dies zu Recht, wenn man bedenkt, dass es Fälle gibt, in denen der Architekt den Unternehmer auch im eigenen Namen und im eigenen Interesse beauftragt, zum Beispiel, um Mängel zu beseitigen, die möglicherweise durch eine fehlerhafte Planung oder Bauleitung des Architekten verursacht wurden.

Was ist zu tun?

Um nicht Vertragspartner wider Willen zu werden, empfiehlt es sich als Architektin oder Architekt, grundsätzlich gar keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen für den Bauherrn abzugeben. Wenn möglich, sollte der Bauherr selbst handeln und eigene Aufträge an den Bauunternehmer vergeben.

Sollte man dennoch ausnahmsweise in die Situation kommen, einen Bauunternehmer im Namen des Bauherrn beauftragen zu müssen, gilt Folgendes: Der Bauherr wird nur dann von der Erklärung des Architekten verpflichtet, wenn der Vertragspartner die Erklärung des Architekten so verstehen konnte, dass dieser nicht im eigenen Namen, sondern für den Bauherrn aufgetreten ist und der Bauherr den Architekten entsprechend bevollmächtigt hat.

Eva-Maria Linz ist Syndikusrechtsanwältin und Rechtsreferentin bei der Hamburgischen Architektenkammer

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