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[ Bauherren ]

Rechtswidrig geht gar nicht

Immer wieder verlangen Bauherren eine von der Baugenehmigung oder vom öffentlichen Baurecht abweichende Ausführung. In welche Probleme Architekten geraten können und wie sie mit der Situation umgehen sollten

Von Markus Prause

Architekten sind Sachwalter ihres Bauherrn. Der Bauherr wiederum ist sogenannter Auftraggeber im werkvertragsähnlichen Sinne und gibt vor, welches Objekt er geplant und gebaut haben möchte. Doch der Gestaltungsfreiheit der Architekten, aber auch den Wünschen des Bauherrn sind Grenzen gesetzt – insbesondere durch Vorgaben des öffentlichen Baurechts, aber beispielsweise auch durch arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen. Doch was passiert, wenn der Bauherr diese Grenzen nicht akzeptieren will? Immer wieder kommt es vor, dass Bauherren – vor allem aus Kostengründen – vom Architekten Ausführungen verlangen, die gegen Vorgaben des öffentlichen Baurechts verstoßen würden. Dann stellt sich die Frage, wie sich der Architekt verhalten sollte.

Zwingend oder nicht zwingend?

Zunächst einmal ist zu klären, ob es sich um zwingende rechtliche Vorgaben oder „bloße“ Regeln der Technik handelt. Zu den zwingenden Bestimmungen gehören insbesondere die Vorschriften des Bauplanungsrechts (zum Beispiel BauGB, BauNVO) und des Bauordnungsrechts (zum Beispiel Landesbauordnung, Landesdenkmalschutzgesetz). Ebenfalls in diesen Bereich gehören beispielsweise die Energieeinsparverordnung und das EEWärmeG, Gesetze zum Umweltschutz (zum Beispiel BImSchG), aber auch Vorgaben aus Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen.

Demgegenüber sind rein technische Regelwerke (zum Beispiel DIN-Normen, Herstellerrichtlinien) zunächst einmal nicht zwingend, besitzen jedoch gleichwohl haftungsrechtliche Relevanz (siehe hier). Zu beachten ist allerdings, dass auch technische Regelwerke eine gesetzliche Verbindlichkeit erlangen können, wenn sie in zwingende Rechtsnormen integriert sind (zum Beispiel DIN-Normen in der EnEV) oder wenn diese Regelwerke als technische Baubestimmungen eingeführt werden.

Abweichungen, Ausnahmen, Befreiungen

Grundsätzlich stehen die zwingenden rechtlichen Vorgaben nicht zur Disposition des Bauherrn oder des Architekten. Wird bei der Bauausführung davon abgewichen, entsteht ein rechtswidriger Zustand. Allerdings lassen zahlreiche Gesetze und Verordnungen Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen zu. Daher sollte der Architekt – wenn der Bauherr eine Abweichung von einer gesetzlichen Anforderung wünscht – zunächst prüfen, ob die Abweichung durch eine entsprechende Erlaubnis der zuständigen Behörde legalisiert werden kann.

Gegebenenfalls kann es sogar eine Pflichtverletzung des Architekten darstellen, wenn er mögliche Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen nicht in seine Überlegungen einbezieht. Beispielsweise sieht § 24 Abs. 1 EnEV vor, dass von der Erfüllung der Anforderung der EnEV abgewichen werden darf, wenn die Maßnahme zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führt. Plant der Architekt in diesen Fällen ohne Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses eine energetische Modernisierung, können hierdurch Schadensersatzansprüche ausgelöst werden.

Kommt eine Abweichung, Ausnahme oder Befreiung in Betracht, so ist selbstverständlich das hierfür vorgesehene Verfahren einzuhalten und die Entscheidung der zuständigen Stelle einzuholen.

Konsequenzen eines rechtswidrigen Verhaltens

Sofern eine Abweichung, Befreiung oder Ausnahme nicht in Betracht kommt, sind die zwingenden gesetzlichen Vorgaben für das Projekt einzuhalten. Werden die Vorgaben missachtet, drohen zumeist Geldbußen. Beispielsweise sehen die Landesbauordnungen vor, dass ordnungswidrig handelt, wer ein Bauvorhaben abweichend von der Baugenehmigung durchführt oder als verantwortlicher Bauleiter nicht auf die Einhaltung des öffentlichen Baurechts achtet. Gleiches gilt nach § 27 EnEV bei Verstößen gegen die Energieeinsparverordnung. Wirkt der Architekt als Planer oder Bauüberwacher an der Entstehung eines baurechtswidrigen Zustands mit, kann auch gegen ihn – neben dem Bauherrn und dem Unternehmer – ein Bußgeld verhängt werden. Werden durch den rechtswidrigen Zustand sogar Leib oder Leben gefährdet (zum Beispiel durch das außerachtlassen brandschutzrechtlicher Anforderungen), drohen zudem strafrechtliche Konsequenzen. Bei wiederholten Verstößen kann der Architekt darüber hinaus wegen Unzuverlässigkeit aus der Architektenliste gestrichen werden (OVG Niedersachsen, Urteil vom 24. Mai 2012, Az.: 8 LA 198/11).

Umgang mit dem Bauherrn

Verlangt der Bauherr vom Architekten eine Abweichung von zwingenden gesetzlichen Vorgaben und kommen eine Abweichung, Befreiung oder Ausnahme nicht in Betracht, so darf beziehungsweise muss der Architekt dieses Ansinnen zurückweisen. Entsprechend hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einer Entscheidung vom 14. Dezember 2018 (Az.: 19 U 27/18) ausgeführt: „Der Auftraggeber darf dem Auftragnehmer kein Verhalten bei der Arbeitsausführung abverlangen, das diesen der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit aussetzt.“

Der Architekt sollte in solchen Fällen den Bauherrn schriftlich über den zwingenden Charakter der betreffenden gesetzlichen Vorschriften aufklären und verdeutlichen, welche Konsequenzen aus einer rechtswidrigen Ausführung erwachsen. Die Aufklärung sollte eine fachtechnische Einschätzung, den Hinweis auf die Begehung einer Ordnungswidrigkeit und gegebenenfalls eine Aufklärung über die Gefahr des Erlasses einer Stilllegungs- oder Rückbauverfügung durch die Baubehörde umfassen. Zudem droht dem Bauherrn, dass der Versicherungsschutz aus einer Bauherrenhaftpflicht oder Gebäudehaftpflichtversicherung entfällt.

Der Architekt sollte sich zudem darüber im Klaren sein, dass er bei der Begehung eines bewussten Pflichtenverstoßes durch ein vorsätzliches Abweichen von gesetzlichen Anforderungen seinen Versicherungsschutz für den Bereich des Pflichtenverstoßes verliert. Der Versicherungsschutz für das Gesamtobjekt bleibt im Übrigen bestehen.

Da der Architekt zur Verweigerung einer rechtswidrigen Handlungsweise berechtigt ist, kann der Bauherr aus einer solchen Weigerung kein Recht zur Kündigung des Architektenvertrags aus wichtigem Grund ableiten. Kündigt der Bauherr gleichwohl den Architektenvertrag, geht die Kündigung aus wichtigem Grund ins Leere und ist in eine freie Kündigung umzudeuten. In diesem Fall steht dem Architekten auch für die gekündigten Leistungen das Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigen Erwerbs zu (OLG Köln, Urteil vom 14. Dezember 2018, Az.: 19 U 27/18). Nimmt der Bauherr die für eine rechtmäßige Ausführung erforderlichen Mitwirkungshandlungen nicht vor (zum Beispiel Beauftragung der notwendigen Bauleistungen), so kann der Architekt ihn unter Fristsetzung zu einer entsprechenden Mitwirkung auffordern. Kommt der Bauherr dem nicht nach, kann der Architekt seinerseits den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen und hieraus Entschädigungsansprüche gegen den Bauherrn geltend machen (§§ 642, 643 BGB).

Markus Prause ist Rechtsanwalt und Justiziar der Architektenkammer Niedersachsen

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