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[ Ratgeber ]

Welche Informations­ansprüche haben Bieter in Vergabeverfahren?

Vor, während und nach einem öffentlichen Vergabeverfahren haben Bieter Anspruch auf Informationen. Doch gilt das auch für die Entscheidungsgründe des Auftraggebers und die Angebote der Konkurrenz?

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Informationsansprüche in Vergabeverfahren“ im Deutschen Architektenblatt 12.2023 erschienen.

Von Klaus Greb

In Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber haben interessierte Unternehmen ein Recht auf Informationen, damit sie eine faire Chance auf den Auftrag haben. Dieses Recht wird als „Informationsanspruch“ bezeichnet. Der Informationsanspruch dient der Transparenz, Gleichbehandlung und Wahrung des Wettbewerbs. Worüber besteht Informationsanspruch?

Generell umfasst der Informationsanspruch folgende Aspekte:

Bekanntmachung

Die Vergabestelle ist verpflichtet, eine Bekanntmachung über das Vergabeverfahren zu veröffentlichen. Diese Bekanntmachung enthält grundlegende Informationen über den Auftrag, die Eignungsanforderungen an die Bieter, den Zeitplan und die Kontaktdaten des Auftraggebers.

Vergabeunterlagen

Die mit der Bekanntmachung zur Verfügung zu stellenden Vergabeunterlagen enthalten detailliertere Informationen über den Auftrag und die Verfahrensregeln. Die Bieter haben Anspruch auf diese Unterlagen, um sich ein genaues Bild vom Auftrag zu machen und ihre Angebote vorzubereiten.

Bieterfragen

Im Laufe des Vergabeverfahrens haben die Bieter die Möglichkeit, Fragen zu stellen, um Unklarheiten zu beseitigen oder zusätzliche Informationen zu erhalten. Der Auftraggeber ist verpflichtet, diese Fragen zu beantworten und sicherzustellen, dass alle Bieter diese Antwort erhalten, also den gleichen Informationsstand haben.

Änderungen und Ergänzungen

Wenn der Auftraggeber Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vornimmt, müssen diese allen Bietern mitgeteilt werden. Dies stellt sicher, dass alle Bieter Zugang zu den gleichen Informationen haben und ihre Angebote entsprechend anpassen können.

Neben dem beschriebenen generellen Inhalt des vergaberechtlichen Informationsanspruchs besteht ein naturgemäßes Interesse der Bieter, über das Ergebnis eines Vergabeverfahrens informiert zu werden. Wenn man den Auftrag nicht erhalten hat, geht es darum, zumindest den Grund der Nichtberücksichtigung und den Namen des besten Bieters zu erfahren.

Informationen nach GWB und VgV

Ein ausdrücklicher Informationsanspruch für nicht berücksichtigte Unternehmen existiert im EU-Vergaberecht nach § 134 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Demnach muss über den Namen des besten Bieters, den frühestmöglichen Zeitpunkt des noch ausstehenden Vertragsschlusses und die Gründe der Nichtberücksichtigung informiert werden.

Allerdings reicht es nicht aus, mitzuteilen, dass das Angebot „nicht das wirtschaftlichste“ war. Eine komplette Wiedergabe des Vergabevermerks ist aber ebenso wenig zwingend. Die Darstellungstiefe muss dem Adressaten ermöglichen, die Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsverfahrens abwägen zu können. Dazu dient die Vorinformation nach § 134 GWB. Mitzuteilen sind die wahrheitsgemäßen tragenden Gründe für die Ablehnung des konkreten Angebots.

Konkrete Preise oder Preisunterschiede sind tabu

Es genügt zum Beispiel, zu schreiben, „weil es preislich günstigere Angebote gab und die angebotene Materialqualität nicht dem Qualitätsniveau der anderen Angebote entsprach“. Eine konkrete Preisangabe des siegreichen Angebots ist im Rahmen des § 134 GWB nicht erlaubt. Dagegen spricht der Grundsatz des Geheimwettbewerbs. Ausdruck dessen ist die Vertraulichkeitsregelung in § 5 Abs. 2 S. 2 Vergabeverordnung (VgV), wonach Angebote auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln sind. Selbst wenn allein der Preis entscheidend für die Auswahl gewesen sein sollte, ist die konkrete Benennung des Preises oder des Preisabstands oder des Punktunterschieds im Kriterium Preis nicht erlaubt (weil errechenbar). Ein Anspruch auf die Mitteilung von Preisen kann auch nicht aus § 14 Abs. 3 VOB/A abgeleitet werden, da diese Regelung ausschließlich auf die Vergabe von Bauleistungen beschränkt ist und auf Architektenleistungen keine Anwendung findet.

Nachprüfungsverfahren eingeschränkt

Neben § 134 GWB gibt es nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Möglichkeit, gemäß § 62 VgV Informationen über die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots zu beantragen. Allerdings ist der Informationsgehalt des § 62 VgV nicht weitgehender als in § 134 GWB, weshalb § 62 VgV keine eigenständige Bedeutung hat. In einem Nachprüfungsverfahren hat eine Antragstellerin zwar nach § 165 GWB ein Akteneinsichtsrecht. Wegen des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen werden davon allerdings nicht die Angebote von Wettbewerbern erfasst. Das heißt, auch in einem Nachprüfungsverfahren lassen sich die Preise der Mitbieter nicht in Erfahrung bringen.

Informationen nach Haushaltsvergaberecht

Im Haushaltsvergaberecht existiert eine vergleichbare Vorschrift zu § 134 GWB nur in wenigen Bundesländern. In Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und mit Abstrichen in Hessen wird unterhalb der Schwelle zur EU-weiten Vergabe vereinfachter Rechtsschutz für bestimmte Aufträge beziehungsweise bestimmte Auftraggeber zeitlich vor dem beabsichtigten Zuschlag gewährt. Dementsprechend gibt es dort eine vorvertragliche Informationspflicht gegenüber nicht berücksichtigten Unternehmen, zum Beispiel gemäß § 4 Landesverordnung über die Nachprüfung von Vergabeverfahren durch Vergabeprüfstellen in Rheinland-Pfalz. Die Informationspflicht ist nicht weitgehender als in § 134 GWB, das heißt, auch hierüber existiert keine Mitteilungspflicht von Preisen des besten Bieters. Außerhalb der genannten Bundesländer gibt es keine Vorinformationspflicht.

Eine Analogie der Anwendung des § 134 GWB außerhalb des EU-Vergaberechts wird von der Rechtsprechung abgelehnt (zuletzt OLG Düsseldorf, Az.: 27 U 4/22). Ähnlich wie in § 62 VgV besteht in § 46 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) nach der Zuschlagserteilung die Möglichkeit, per Antrag Informationen zu erhalten. Es ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt, ob die UVgO für Architektenleistungen gilt (zum Beispiel nicht für Kommunen in Bayern). Selbst wenn die UVgO gilt, soll nach den amtlichen Erläuterungen von § 50 UVgO, der Spezialvorschrift für freiberufliche Leistungen wie Architektenleistungen, keine Bindung an die übrigen Vorschriften der UVgO bestehen. Dazu zählt offensichtlich auch die Informationsregelung nach § 46 UVgO. 

Informationsansprüche außerhalb des Vergaberechts

Außerhalb des Vergaberechts hat jedermann mit den Informationsfreiheitsgesetzen (IFG) im Bund und in den Bundesländern grundsätzlich einen Anspruch auf amtliche Informationen. Es ist allerdings nicht völlig zweifelsfrei, inwieweit der Informationsanspruch nach IFG auch für Vergabeverfahren beziehungsweise deren Ergebnisse gilt. Soweit ersichtlich, besteht nach überwiegender Auffassung für die Phase des Vergabeverfahrens ein Vorrang der Regelungen des Vergaberechts, die oben vorgestellt wurden.

Für eine angestrebte Einsichtnahme in eine Vergabeakte beziehungsweise Angebote von Mitbietern nach dem Ende des Vergabeverfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gegenüber dem IFG des Bundes keinen Vorrang des Vergaberechts festgestellt. Allerdings sei die oben genannte Vertraulichkeitsregelung in § 5 Abs. 2 S. 2 VgV eine solche nach § 3 Nr. 4 IFG, weshalb Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betreffende Angaben in den Unterlagen zumindest zu schwärzen seien (BVerwG, Az.: 10 C 24/19). Zum Beispiel sind Rabattdaten in Rabattverträgen Geschäftsgeheimnisse nach § 6 S. 2 IFG, die nicht offengelegt werden dürften. Diese Handhabung gilt grundsätzlich auch für Vergaben unterhalb der EU-Schwelle.

Konkretes Urteil: Auflistung von Endhonoraren

Scheinbar gegensätzlich zu der beschriebenen Rechtspraxis hat das VG Karlsruhe einen Anspruch aus dem IFG Baden-Württemberg bezüglich einer Auflistung von Vergaben von HOAI-Tragwerksplanungen inklusive ausgezahlter Endsummenhonorare erkannt (VG Karlsruhe, Az.: 13 K 4994/19). In dem konkreten Fall hatte das Gericht allerdings festgestellt, dass kein Einblick in die gesamten Vertragswerke samt Preislisten vorzusehen war. Mit den offenzulegenden Endsummen sei es nicht möglich, Rückschlüsse auf die Kalkulation der betroffenen Unternehmen zu ziehen, zumal die Honorarberechnung nach der HOAI mit teilweise variablen Honorarbestandteilen erfolgte. Insofern lässt sich aus der Einzelentscheidung des VG Karlsruhe kein verallgemeinerbarer Anspruch auf Einsicht in Angebote der Konkurrenz ableiten.

Fazit: Transparenz gegen Schutzrechte

Die Informationsrechte in Vergabeverfahren sind einerseits grundsätzlich umfassend, andererseits limitiert mit Blick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vergabestelle und der Mitbieter. Im Vergabeverfahren gelten allgemeine Transparenzrechte, die von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen anderer Bieter sowie des Auftraggebers begrenzt sind. Zudem gibt es Unterschiede bei den Informationsrechten in Vergabeverfahren ober- und unterhalb der EU-Schwelle sowie zwischen den Bundesländern.

Außerhalb des Vergaberechts existieren zwar Ansprüche auf Akteneinsicht nach den Informationsfreiheitsgesetzen im Bund und in den Bundesländern. Aber auch hier wird man zumindest in der Abwägung zwischen berechtigtem Informationsinteresse und den Geschäftsgeheimnissen der Konkurrenz keine kalkulationsrelevanten Informationen aus Angeboten von Mitbietern erhalten.


Dr. iur. Klaus Greb ist Diplom-Verwaltungswirt (FH), Assessor iur., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht und Partner bei Vergabepartners in Berlin

 

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