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[ Nachwuchs-Kolumne #136 ]

LGBT+ in der Architektur 2: das Coming Out

Im ersten Teil meiner queeren Kolumne habe ich gezeigt, dass es an Sichtbarkeit für LGBT+ Themen in der Architektur mangelt und ich auch selbst schon im Studium Diskriminierung erfahren habe. Wie ich damit umgegangen bin und was wir für eine offenere Architekturwelt brauchen, lest ihr hier im zweiten Teil

Rendering eines Hotelzimmers, in dem sich zwei Männer aufhalten, einer davon nackt unter der Dusche.
Zwei Männer im Hotelzimmer, einer nackt unter der Dusche: Die Antwort des DAB-Kolumnisten auf eine homophobe Äußerung seines Professors.

Von Fabian P. Dahinten

„Was ist das denn für eine schwule Ansicht?“ Das sagte ein Professor zu meiner Fassadenzeichnung, die aus seiner Sicht nicht gelungen war. Wie schon in meiner vorigen Kolumne geschrieben, hat mich das ganz schön schlucken lassen. So viel zum Diskurs über LGBT+ Themen an der Uni: Der Professor assoziierte mit dem Adjektiv „schwul = schwach“, also nicht ausreichend Kontrast, nicht gut genug. Das sagte er mir ins Gesicht vor der gesamten Entwurfsgruppe, unreflektiert und unwissend, dass ich zu jener Gruppe gehöre, die er als schwach und schlecht bezeichnete.

Wie ist der richtige Umgang mit Diskriminierung auf der Arbeit oder im Studium?

Nachdem mir in der Korrekturstunde die passende Antwort fehlte, brodelte es in mir. Ich wollte die Äußerung nicht unkommentiert stehen lassen. Doch was ist eine passende Antwort darauf? Insbesondere bei dem Machtgefälle zwischen einem Lehrenden und einem Studierenden, wo die Benotung noch aussteht und man nicht weiß, ob man sich in einem folgenden Semester wieder sieht. Selbst für mich als durchaus selbstbewusstem und offen schwul lebendem Mann wurde das zur Herausforderung.

Meine Antwort war ein Rendering in meiner Endabgabe mit zwei gutaussehenden Männern im Hotelzimmer, von denen einer mit dem Rücken zur Kamera nackt unter der verglasten Dusche steht: Es war das Gesprächsthema des Semesters.

LGBT+ wird nicht akzeptiert

Es gibt viele Menschen mit individuellen sexuellen Orientierungen oder Identitäten, die noch nicht ausreichend in der Gesellschaft akzeptiert oder respektiert werden. Unreflektierte Bemerkungen zu LGBT+  Themen und Diskrimierung – auch wenn sie „nicht so gemeint sind“ – lösen nicht nur wie bei mir Wut aus. Sie verletzten Menschen, die diese Sprüche betreffen.

Zwar ist die Atmosphäre im Architekturstudium tendenziell offener als in meinem früheren Bauingenieurstudium. Doch im Berufsleben haben sich mir schnell Situationen gezeigt, an denen ich mir gut überlege, wie ich mit meiner sexuellen Identität umgehe. Das fängt beim Kontakt mit Bauherr:innen und Büroinhaber:innen an, die oft männlich sind. Weiter geht es mit Fachplaner:innen, die gerade im Ingenieurbereich ebenfalls eher männlich sind. Besonders ist jedoch der Moment auf der Baustelle, bei der nicht selten von toxischer Männlichkeit gesprochen werden kann. Von wegen LGBT+, wer hier kein besonders ausgeprägtes Selbstbewusstsein hat, kann es noch schwerer haben, akzeptiert und respektiert zu werden.

Gibt es schwule Architektur?

Unterscheidet sich Architektur von heterosexuellen und queeren Menschen? Kann man anhand der Architektur die sexuelle Orientierung des oder der Entwerferin ablesen? Oder kann man erkennen, ob das Gebäude von einer Architektin statt von einem Architekten entworfen wurde? Auf keinen Fall – dachte ich zumindest zunächst. Doch stellen wir uns vor, eine Stadt wäre gänzlich von Frauen entworfen – sie sähe definitiv anders aus. Es geht also nicht direkt um die Architektur, sondern mehr um diejenigen, die die Architektur machen.

Auf die vielfältigen Zusammenhänge von Geschlecht und Gender einerseits sowie Architektur auf der anderen Seite gehen unter anderem das Buch „Schwule Architekten – Gay Architects, verschwiegene Biografien vom 18. bis zum 20. Jahrhundert“ und der Podcast „Stadt.Raum.Frau*“ ein. Die fehlende Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern in der Architektur und die weitverbreitete Benachteiligung von Frauen werden glücklicherweise immer stärker thematisiert. Das braucht es dringend auch für Themen rund um LGBT+ in der Architektur und in den Bereichen mit denen wir arbeiten.

Queeres Netzwerk in Deutschland

Eine tolle Initiative gibt es in England, wo sich eine Organisation gebildet hat, die sich für eine tolerantere und offenere Architekturbranche einsetzt. „Architecture LGBT+“ nehmen an CSDs teil, organisieren Veranstaltungen, um zu netzwerken und Erfahrungen auszutauschen oder sie identifizieren Handlungsbedarf anhand von Umfragen, wie die zitierte aus dem ersten Teil der Kolumne. Mit all ihrem Tun schaffen sie vor allem Sichtbarkeit für queere Menschen und ein solches Netzwerk brauchen wir dringend auch in Deutschland.


Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt, engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+ und ist Sprecher der Nachwuchsmitglieder der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Lorenz Hahnheiser und Johanna Naara Ziebart.

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