Noch nie waren Stadt- und Landschaftsplanung, Architektur und Innenraum medial so präsent wie in den letzten zwei Jahren. Ideen zu Schwammstädten, autofreien Stadtzentren, Mehrgenerationenhäusern, Skyscrapern aus Holz oder die neuen Trends zum Leben auf dem Land gehören zur Mammutaufgabe „Bauwende“. Die Erfahrungen der Pandemie ermöglichen neue Sichtweisen, der Klimaschutz gibt das Tempo vor. Hochwasser und Naturkatastrophen weltweit lassen uns aufhorchen, die Überschwemmungen im Ahrtal haben Politik und Gesellschaft erschüttert und verdeutlicht: Jede einzelne Baumaßnahme geht uns alle an.
Bauen verbraucht 40 Prozent der Ressourcen
Jedes Bauvorhaben ist Teil eines Umfelds, das sowohl Teil der Naturwelt als auch der Kulturwelt ist. Rund 30 bis 40 Prozent des Energieverbrauchs werden durch den Gebäudesektor verursacht. 40 Prozent aller globalen Ressourcen verbraucht der Bausektor; die Erstellung, der Betrieb und der Abriss von Gebäuden verursachen einen Großteil des Abfallaufkommens auch in Deutschland. Ohne klare Vorgaben und Grenzen erreichen wir unsere Ziele nicht.
Die entscheidenden Weichen für die Zukunft unserer gebauten Umwelt werden aus unserer Perspektive über die Handlungsfelder Gebäudebestand und Umbau vor Neubau, bezahlbarer Wohnraum, ländlicher Raum und Innenstadt gestellt. Doch wir betrachten diese nicht als Einzelposten, sondern zusammenhängend. Denn der Erfolg auf einem Handlungsfeld ist ohne die richtige Strategie auf dem anderen nicht zu erreichen.
Nachhaltigkeit, Beständigkeit und Schönheit
Unserem generalistischen Selbstverständnis entsprechend, beschränkt sich der Blick freilich nicht nur auf die planerischen Notwendigkeiten. Es muss darum gehen, unsere Arbeit stets an den Maßgaben von Nachhaltigkeit, Beständigkeit und nicht zuletzt Schönheit zu messen und im Streben danach den Austausch mit allen Beteiligten, von den Bauherrschaften bis hin zu den Nutzerinnen und Nutzern, zu suchen.
Als Planerinnen und Planer sind wir längst nicht mehr Einzelprojektoptimierer. Wir sind politischer geworden und als Expertinnen und Experten in den Medien stärker sichtbar. Unsere Botschaft: Der verantwortungsvolle Umgang mit dem, was bereits vorhanden ist, ist wichtiger denn je. Die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäude- und Freiflächenbereich gehören zu unseren Kompetenzen und wir engagieren uns, Bauherren stärker für das Thema energieeffizientes Bauen und Sanieren zu sensibilisieren.
Tag der Architektur als Werbung für unser Können
Wir sind Multiplikatoren und Wissensvermittlerinnen. Die jährlich und bundesweit stattfindende Veranstaltungsreihe Tag der Architektur ist eine einzigartige Gelegenheit, Projekte zu besichtigen, gemeinsam zu diskutieren und die komplexen Anforderungen an unsere gebaute Umwelt besser zu durchdringen. Bauen ist nie nur privat. Allen Kolleginnen und Kollegen, die sich mit vielfältigen Formaten, Gesprächsrunden und Besichtigungen am Tag der Architektur beteiligen, gilt mein herzlicher Dank.
„Architektur gestaltet Zukunft“ ist das Motto in diesem Jahr. Die gesellschaftliche Tragweite unserer baulichen Entscheidungen ist unverhandelbar. Abriss muss erschwert, Bestand priorisiert werden. Steigende Preise für Boden und Material verdeutlichen, dass bezahlbarer Wohnraum, lebenswerte Quartiere, Grünräume und Biodiversität keine unendlichen Ressourcen darstellen. Neue Bauaufgaben wie Aufstockung und Umnutzung von Nichtwohngebäuden entstehen in großem Umfang. Dazu kommt die wachsende Bedeutung von Grünflächen für unser Stadtklima und die Umsetzung eines nachhaltigen Wassermanagements.
Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung sind kein elitäres Geschäft, im Gegenteil: Es geht uns alle an. Der Tag der Architektur trägt einen großen Teil dazu bei, genau dies zu beweisen. Falls Sie in diesem Jahr mit Ihren Projekten noch nicht dabei sind, laden wir Sie jetzt schon für das kommende Jahr herzlich dazu ein.
Andrea Gebhard, BAK-Präsidentin
Hier finden Sie Programm und Termine zum Tag der Architektur.
