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[ Recht ]

GU-Vergaben nur ausnahmsweise

Öffentlich zu beschaffende Bau-, Dienst- und Lieferleistungen sind in der Menge aufzuteilen und getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben

Von Holger Schröder

Wirtschaftliche oder technische Gründe können nur ausnahmsweise eine zusammengefasste Vergabe von mehreren Teil- oder Fachlosen rechtfertigen. Die Auftragsvergabe an einen solchen Generalunternehmer (GU) muss gut begründet sein. Die bloße Behauptung einer angeblich höheren Wirtschaftlichkeit von GU-Vergaben reicht nicht. Der Bundesrechnungshof hat schon 2003 festgestellt, dass nach seiner Erfahrung bei der Zusammenfassung von Fachlosen Mehrkosten entstehen, weil Bieter beispielsweise die ihnen zufallenden Koordinationsleistungen und -risiken in ihre Angebotspreise einkalkulieren. Diesen Mehrkosten, die im Mittel etwa zehn Prozent, teilweise bis über 20 Prozent betragen sollen, stehen aber nicht immer und automatisch entsprechende Einsparungen gegenüber. Auch in einem von der Vergabekammer Baden-Württemberg (Beschluss vom 24. September 2019, Az.: 1 VK 51/19) entschiedenen Fall wurde um die Zulässigkeit einer GU-Vergabe gestritten.

Problematische Bauzeitverkürzung beim Autobahnbau

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte die Erneuerung der Fahrbahndecke der dreispurigen Bundesautobahn 81 zwischen zwei Anschlussstellen einschließlich der Verkehrssicherung europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Der Auftrag wurde nicht in Lose aufgeteilt. Das wurde unter anderem damit begründet, dass die Bieter in der Ausschreibung aufgefordert wurden, eine mögliche Bauzeitverkürzung als wertungsrelevanten Bestandteil ihres Angebotes anzubieten. Die dafür nötigen Anpassungen des Bauablaufes sollten die Bieter im Rahmen ihrer Dispositionsfreiheit in eigener Verantwortung vornehmen. Hierzu hätten bereits bei der Angebotserarbeitung in der Bauablaufplanung die Einsatzzeiten der Gewerke und der eigenen Ressourcen aufeinander abgestimmt werden müssen. Dies bedeutete weiter, dass für die Baumaßnahme nicht ein nach Fach- und Hauptgewerken aufgeschlüsselter und vorab bestimmter Rahmenterminplan hätte festgelegt werden können. In der Baubeschreibung war dagegen vorgegeben, dass die Verkehrsführungspläne durch den öffentlichen Auftraggeber für jede Bauphase zur Verfügung gestellt werden. Diese Pläne waren bereits mit den Verkehrsbehörden, der Autobahnmeisterei und der Polizei abgestimmt.

Fachlosvergaben sind die Regel

Ein Unternehmer rügte, dass die Bildung eines Fachloses „Verkehrssicherungsleistungen“ rechtswidrig unterblieben sei. Bei dem Gewerk der Verkehrssicherung handele es sich um ein eigenes Fachlos, das dem gesetzlichen Regelfall der Fachlosbildung entsprechend getrennt auszuschreiben sei. Der öffentliche Auftraggeber half der Rüge nicht ab. Das Unternehmen beantragte deshalb ein Nachprüfungsverfahren. Die Vergabekammer gab dem Unternehmer recht.

Die Fachlosvergabe bildet für öffentliche Auftraggeber den Regelfall. Dadurch sollen vor allem mittelständische Bieter geschützt werden. Eine zusammengefasste Vergabe darf nach dem gesetzgeberischen Willen nur in Ausnahmefällen erfolgen: Gemäß § 97 Abs. 4 Satz 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen dürfen mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Kommt eine solche Ausnahme in Betracht, hat sich der öffentliche Auftraggeber in besonderer Weise mit dem grundsätzlichen Gebot einer Fachlosvergabe und den im konkreten Fall dagegensprechenden Gründen auseinanderzusetzen. Hierbei bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden wirtschaftlichen oder technischen Gründe überwiegen müssen.

GU-Vergaben nachvollziehbar begründen

Das bloße Überwiegen ist hierbei ausreichend, das heißt, die für die Zusammenfassung der Lose sprechenden Gründe müssen gegenüber den Schutzinteressen des Mittelstandes nicht in einem gesondert gewichteten Verhältnis stehen. Es müssen zum Beispiel nicht etwa doppelt so viele Gründe angeführt werden. Die wirtschaftlichen oder technischen Gründe müssen sich auf das jeweilige Fachgewerk beziehen. Das gesamte Vorhaben betreffende Überlegungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie auch und gerade das jeweilige Fachgewerk erfassen. Wirtschaftliche Gründe liegen bei einer Verzögerung des Gesamtvorhabens vor. Ein Abweichen vom Gebot der Losaufteilung ist im Vergabevermerk daher begründet zu dokumentieren. Die Angaben und Gründe für die getroffene Entscheidung müssen deshalb so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des konkreten Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind.

Für Entscheidungen, bei denen mehrere Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind, bestehen erhöhte Dokumentationsanforderungen. Erforderlich ist eine ausführliche Begründung des Entscheidungsprozesses mit seinem Für und Wider sowie eine detaillierte Begründung der getroffenen Entscheidung. Dies betrifft gerade die Gründe für oder gegen eine Losaufteilung. Werden wesentliche Gesichtspunkte nicht dokumentiert, ist eine sachgerechte Nachprüfung mangels plausibler Dokumentation unmöglich. Das hat zulasten des öffentlichen Auftraggebers die Vermutung des Nichtvorliegens der zu dokumentierenden Tatsache zur Folge.

Mangelhafte Dokumentation

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Dokumentation in dem entschiedenen Fall unzureichend, von der Bildung eines Fachloses „Verkehrssicherungsleistungen“ abzusehen, so die baden-württembergische Vergabekammer. Es wäre ausführlich zu dokumentieren gewesen, inwiefern einem Bieter trotz der das Baufeld vorgebenden und genehmigten Verkehrsführungspläne noch eine Dispositionsfreiheit hinsichtlich des Bauablaufs zusteht. Daher war die fehlende Losaufteilung für die Vergabekammer nicht bewertbar und dem Nachprüfungsantrag deshalb stattzugeben. Bedeutung für Generalplanvergaben Der Beschluss der Vergabekammer schärft auch den Blick auf Generalplanerleistungen. Denn ein Vergabeverfahren über alle für ein Bauprojekt nötigen Objektplanungs- und Fachplanungsleistungen ohne jegliche Losaufteilung dürfte grundsätzlich dem gesetzlichen Gebot der Losbildung widersprechen.

GU-Vergaben können gerügt werden

Die Vergabe an einen Generalplaner kann zwar ausnahmsweise zulässig sein, wenn die Loszusammenfassung aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich ist. Generell aber erscheint eine Losbildung entsprechend den Leistungsbildern der HOAI sachgerecht zu sein. Es kann daher für Architekten und Architektinnen im Rahmen EU-weiter Vergabeverfahren sinnvoll sein, die Gründe für die gemeinsame Vergabe mehrerer Fachlose vom öffentlichen Auftraggeber in Erfahrung zu bringen. Scheinen diese keine wirtschaftliche oder technische Zusammenfassung der Objektplanungs- und Fachplanungsleistungen zu rechtfertigen, so können eine entsprechende Verfahrensrüge und gegebenenfalls auch ein Nachprüfungsverfahren in Betracht gezogen werden.

Holger Schröder ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg

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