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[ Recht ]

Mit schlechten Empfehlungen

Prüft der Architekt Rechnungen nicht gründlich genug, muss er sie am Ende womöglich aus eigener Tasche zahlen.

Von Sven Kerkhoff

Eine vom Architekten ausgesprochene Zahlungsempfehlung ist von erheblichem Gewicht, da sich der Bauherr auf eine solche regelmäßig verlassen darf. Daher hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einer jüngst rechtskräftig gewordenen Entscheidung vom 31. März 2016 (Az.: 6 U 36/15) einen Architekten zum Schadensersatz verurteilt. Im konkreten Fall hatte das beauftragte Büro Kenntnis davon, dass der Bauherr dem bauausführenden Unternehmen einen Vorschuss in Höhe von 500.000 Euro gezahlt hatte. Der Architekt gab dann aber eine Abschlagsrechnung nach Prüfung vorbehaltlos frei und empfahl die Zahlung, vergaß aber dabei den bereits gezahlten Vorschuss. Der Bauherr folgte der Zahlungsempfehlung. Die daraus resultierende Überzahlung vermochte er im weiteren Verlauf nicht vollständig zurückzuerlangen.

Die Rechnungsprüfung ist Teil der in Leistungsphase 8 zu erbringenden Grundleistungen und eine vertragliche Hauptverpflichtung. Über den genauen Umfang der Prüfpflichten und die Bedeutung des Ergebnisses dieser Prüfung bestehen in der Praxis jedoch häufig Unsicherheiten. Der Architekt hat zunächst zu kontrollieren, ob die abgerechneten Preise mit den vereinbarten Preisen übereinstimmen, ob die abgerechneten Mengen dem Aufmaß entsprechen, ob Leistungen zu Unrecht als zusätzliche Leistungen berechnet werden, ob vereinbarte Skontoabzüge, Rabatte und Sicherheitseinbehalte sowie geleistete Abschläge und Vorauszahlungen korrekt berücksichtigt wurden und ob die abgerechneten Leistungen vollständig und ordnungsgemäß erbracht wurden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rz. 2026). Diese Prüfpflicht erstreckt sich auf alle Rechnungen, die dem Architekten vorgelegt werden, also nicht nur auf Schlussrechnungen, sondern insbesondere auch auf Abschlagsrechnungen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 2. Juli 1996, Az.: 9 U 14/96). Die Rechnungsprüfung im Bereich der Technischen Ausrüstung zählt hingegen nicht zu den Grundleistungspflichten des Objektplaners, sondern ist von den Fachplanern zu leisten; die Prüfung der Honorarrechnungen der Fachplaner allerdings ist nach herrschender Meinung Sache des Architekten (vgl. Hebel, in: Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl., Rz. 113 zu § 15).

Sachwalter für den Bauherrn

Der entsprechende Prüfvermerk ist aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen vorzugsweise auf einer Kopie der Rechnung und nicht auf dem Original anzubringen. Mit ihm wird aber nicht etwa zum Ausdruck gebracht, dass die vom Architekten als zutreffend angesehene Summe gegenüber dem Rechnungssteller verbindlich als berechtigt anerkannt würde. Vielmehr richtet sich der Vermerk über das Ergebnis der Rechnungsprüfung ausschließlich an den Bauherrn und ist mit einer fachlich fundierten, konkret zu beziffernden Zahlungsempfehlung des Architekten an seinen Bauherrn verbunden (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl., Rz. 225 zu § 34). Vorgeschlagene Rechnungskürzungen sind dem Bauherrn zu erläutern. Stellt der Architekt in der Rechnung Fehler fest, die sich zu Gunsten des Bauherrn auswirken, so hat er dies dem Bauherrn mitzuteilen, darf aber keinesfalls den Rechnungssteller auf einen solchen Fehler hinweisen oder diesen zu Lasten des Bauherrn korrigieren, weil er sonst gegen seine Sachwalterpflichten gegenüber dem Bauherrn verstoßen würde (vgl. Hebel, a.a.O., Rz. 117 zu § 15).

Im eingangs angesprochenen Fall verurteilte das OLG Frankfurt den Architekten dazu, dem Bauherrn den Schaden zu ersetzen, der diesem aufgrund einer überhöhten Abschlagszahlung entstanden war. Die Prüfpflicht des Architekten diene, so das Gericht, unter anderem gerade dazu, sicherzustellen, dass der Bauherr nur berechtigte Abschlagsforderungen erfüllt und nicht darauf angewiesen ist, etwaige Überzahlungen später ausgleichen zu können. Daher seien erfolgte Abschlagszahlungen, soweit der Architekt von ihnen Kenntnis hat, bei der Rechnungsprüfung und Zahlungsempfehlung stets zu berücksichtigen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Architekt die Kenntnis von zuvor erfolgten Zahlungen unmittelbar vom Bauherrn oder auf anderem Wege erlangt habe. Es genüge, dass entsprechende Anhaltspunkte vorliegen, die der Architekt dann zum Anlass nehmen müsse, sich durch Rückfrage beim Bauherrn über den tatsächlichen Zahlungsstand zu vergewissern.

Abschlagszahlungen beachten

Das Gericht ließ nicht den Einwand des Architekten gelten, der Bauherr selbst habe doch von der Vorschusszahlung gewusst und es daher in der Hand gehabt, einen gekürzten Betrag zu zahlen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der bereits am 4. April 2002 entschieden hat, dass der Bauherr einer Zahlungsempfehlung seines Architekten vertrauen darf, sofern dieser dem Bauherrn nicht mitteilt, auch er solle bestimmte Punkte noch prüfen (Az.: VII ZR 295/00). Eine Pflicht des Bauherrn, die Empfehlung noch einmal zu überprüfen, besteht daher, wie das OLG Frankfurt betont, nur, wenn klar erkennbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Architekt von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sein könnte.

Bestehen im Einzelfall Unklarheiten über den Zahlungsstand, ist der Architekt daher gut beraten, diese mit dem Bauherrn zu klären, zumindest aber darauf hinzuweisen, dass die Zahlungsempfehlung nur unter dem Vorbehalt eigener Prüfung durch den Bauherrn erfolgt. Auch wenn der Architekt über das Vorliegen der Voraussetzungen, beispielsweise für einen Skontoabzug oder einen Sicherheitseinbehalt, im Zweifel sein sollte, hat er dies offenzulegen und dem Bauherrn die Einholung anwaltlichen Rechtsrats nahezulegen. Die entsprechenden Sorgfaltspflichten zu beachten, ist auch deshalb unbedingt sinnvoll, weil Architekten bei einer unterlassenen oder allzu oberflächlichen Rechnungsprüfung zugleich ihren Haftpflichtversicherungsschutz gefährden. So hat es auch das OLG Köln am 2. Juni 1996 entschieden (Az.: 9 U 14/96).

Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

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