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Foto: A.K.T Architekten Krych Tombrock

Wohnhaus in Münster: An Sichtestrich zeigen private Bauherren erst seit Kurzem verstärkt Interesse. Doch an diesem Boden erfreuen sich die Nutzer bereits seit dem Jahr 2006. Foto: A.K.T Architekten Krych Tombrock

[ Fußböden ]

Gute Gründe für harten Grund

Betonböden bieten eine puristische Optik und große, fugenlose Flächen. Doch eine dauerhaft hochwertige Qualität erfordert viel Know-how

Text: Ulrike Meywald

Bodenflächen in Betonoptik werden immer beliebter. Die Bandbreite dieser sogenannten zementgebundenen Designböden reicht von geglätteten Betonflächen bis hin zu geschliffenen Estrichen in unterschiedlichsten Farben. In den letzten Jahren wurden sie überwiegend in Gewerbe-Immobilien, wie Restaurants, Autohäuser oder Bürogebäude, eingesetzt. Jetzt werden sie auch für private Bereiche verstärkt nachgefragt.

Ein Vorläufer für den Trend war das Projekt von A.K.T Architekten Krych Tombrock aus Münster aus dem Jahr 2006. Der Bauherr eines Wohnhauses hatte ein begrenztes Budget für den Bodenbelag und wünschte eine kreative Lösung:

Foto: A.K.T Architekten Krych Tombrock
Wohnhaus in Münster: An Sichtestrich zeigen private Bauherren erst seit Kurzem verstärkt Interesse. Doch an diesem Boden erfreuen sich die Nutzer bereits seit dem Jahr 2006. Foto: A.K.T Architekten Krych Tombrock

Die Architekten schlugen Sichtestrich vor. Klaus Tombrock: „Am einfachsten schien es uns, handelsüblichen Zementestrich oberflächenfertig herstellen zu lassen und ihn mit einem Industrieparkett aus geräucherter Eiche zu kombinieren.“ Dass dies funktioniert, hatte er zuvor in einem vergleichbaren Projekt eines ihm bekannten Estrichlegers gesehen. Die Bauherren gerieten gleich ins Schwärmen, als sie diesen Boden sahen. Er wirkte wie eine überdimensionale Sandsteinplatte, die an Barfußlaufen in feinem Sand erinnerte. Dabei war es „nur“ ein grauer Estrich, der erst durch die Beschichtung mit Epoxidharz jenen Farbton angenommen hatte. Dieser Boden wurde dann in ihrem Haus realisiert und hat sich bis heute bewährt. Vor allem ist die Pflege nicht sonderlich aufwendig; man muss nur alle paar Wochen mal mit dem Schrubber ran.

Beton oder Estrich?

Ob Beton oder Estrich verwendet wird, hängt von der gewünschten Optik, der Größe des Fußbodens und den bautechnischen Anforderungen ab. In erster Linie sind die Designböden so beliebt, weil sie große, fugenlose Flächen ermöglichen. Daher werden die dafür notwendigen großen Materialmengen in Mischwerken geordert und mit Fahrmischern auf die Baustelle transportiert. Das lohnt sich ab einer Fläche von 500 Quadratmetern, darunter wird es unverhältnismäßig teuer. Die vorgefertigte Mischung erlaubt die exakte Einwaage der einzelnen Bestandteile. Das bringt eine gleichbleibende Qualität ihrer Zusammensetzung – was wiederum das optische Ergebnis kalkulierbarer macht. Dennoch bleibt jeder Boden ein Unikat. Denn, wie die Zuschlagstoff-Körnung am Ende tatsächlich wirkt, lässt sich nicht bis ins Detail vorbestimmen.

Foto: Dyckerhoff
Lycée Bel-Val: In dem technischen Gymnasium im luxemburgischen Belval wurden insgesamt 29.000 Quadratmeter Terraplan-Boden verlegt. Architekt: Jim Clemes, Sch-sur-Alzette. Foto: Dyckerhoff

Sollen kleinere Mengen kostenverträglich produziert werden, stellt ein Estrichleger die Mischung vor Ort her. Die Qualität hängt maßgeblich von seiner Erfahrung ab. Darum setzt die Firma Estrich Sommerfeld aus dem hessischen Nidderau hier ausschließlich ihre eigenen Handwerker ein. Marion Sommerfeld über das nötige Fingerspitzengefühl: „Zum Beispiel muss an einem regnerischen Tag, wo die Zuschlagstoffe schon feucht angeliefert werden, ein anderes Mischverhältnis als an einem warmen Sommertag gewählt werden.“ Da die optische Wirkung von Sichtestrichen oder -beton von der gewählten Rezeptur abhängt, raten Experten grundsätzlich zum Anlegen von Probeflächen. Helle Farbtöne lassen sich mit Weißzement erzielen. Im Vergleich zum grauen Zement wirken diese Flächen dadurch wie eine große Natursteinplatte. Je nach Anspruch stehen alternativ auch hochwertige CEM I-Zemente oder Rezepturen mit spannungsarmen Schnellzementen zur Wahl.

Die Größe der fugenlos herstellbaren Fläche hängt in der Regel von der Form des Raumes ab; aber zehn mal zehn Meter sind mit Beton kein Problem. Orientierung bietet hierfür die Estrichnorm, die ein Verhältnis von Länge und Breite von 1 : 3 oder besser noch 1 : 2 vorschreibt. Anzahl und Position der Fugen hängen vom Bindemittel ab. Beispielsweise lassen sich mit spannungsarmem Schnellzement durchaus bis zu 250 Quadratmeter große Flächen fugenlos realisieren. Bei Grundriss-Verengungen und Wandversprüngen sind auf jeden Fall Fugen anzuordnen. Bereiche um Stützen, Fahrstuhlschächte oder Ähnliches erfordern eine Bewehrung.

Abschliff und Versiegelung

Betonböden werden abschließend mit Diamantschleifmaschinen bis auf die Zuschlagstoff-Körnung geschliffen und erhalten so ihre typische Pfeffer-und-Salz-Optik, die an einen Terrazzoboden erinnert. Die Technik erlaubt von matt bis hochglänzend ziemlich alles. In der Regel beträgt der Abschliff weniger als einen Millimeter; möglich sind maximal zwei bis drei Millimeter. Estrich wird dagegen häufig nur angeschliffen, zum Beispiel dann, wenn die Bearbeitungsspuren, wie Schlieren und Wolkenbildung, erhalten bleiben sollen. Um die Pfeffer-und-Salz-Optik zu erzielen, sind aber auch größere Abtragstiefen bis zum Größtkorn von acht Millimetern möglich. Als Oberflächenfinish werden die Böden versiegelt, wobei das Material auf die spätere Nutzung ausgerichtet sein soll. Werden Epoxidharz-Beschichtungen verwendet, ist deren nur mäßige UV-Beständigkeit zu berücksichtigen. Ausführende Firmen wie Sommerfeld Estrich verwenden stattdessen lieber Polyurethane. Aber Epoxidharz intensiviert den Farbton. Ist das gewünscht, lohnt der Einsatz. Stark belastetete Böden vertragen keine Beschichtung oder Versiegelung; sie würde verkratzen. Dann wird Sichtestrich wie Beton geschliffen, die Poren werden mineralisch verspachtelt und imprägniert. Durch die Imprägnierung verkieseln auch die Poren unterhalb der Oberfläche, was die Widerstandsfähigkeit der Böden deutlich erhöht. Sie müssen nur mit Wasser und Bürste gereinigt werden und sind gut gegen Frost geschützt, weil kein Wasser eindringen kann.

Risse und andere Gefahren

Häufig werden bei Sichtbeton- und Estrichböden Risse bemängelt. Um sie zu vermeiden, ist während der Trocknung äußerste Vorsicht geboten. In dieser Zeit darf die Fläche nicht begangen werden. Einbau und Aushärtung von Estrich und Beton dürfen sich nicht mit anderen Gewerken kreuzen. Zwar kann man theoretisch eine Betonfläche nach zwei Tagen betreten, doch es ist wahrscheinlich, dass die Fußspuren trotz Imprägnierung sichtbar bleiben. Außerdem ist wichtig, dass Fenster und Türen bereits eingebaut sind. Sie sind zu schließen, da Zugluft die Oberfläche des frisch verlegten Bodens zu schnell austrocknet. Aufgeschüsselte Ränder und Risse sind die Folge.

Trotz aller Sorgfalt lassen sich Risse nie vollkommen ausschließen. Liegen sie unter 0,2 Millimeter pro Meter, sind sie generell zu tolerieren. Als Bewertungsgrundlage wird hierfür das Merkblatt für geschliffene zementgebundene Bodensysteme der Bundesfachgruppe Betonwerkstein, Fertigteile, Terrazzo und Naturstein (BFTN) im ZDB herangezogen. Entstandene Risse werden mit Spachtelmasse und anschließendem Schliff entfernt. Nach dem Aufbringen der Imprägnierung fallen sie kaum noch auf. Bei der Farbwahl ist zu berücksichtigen, dass Risse in hellen Böden immer zu sehen sind, während sie bei dunklen Böden optisch nahezu verschwinden.

Zu den frühen Planungskriterien gehört auch die Festlegung der Rutschsicherheit. Sichtbetonböden erfüllen zwar die hohen Klassifizierungen R 9 bis R 12, aber wenn in ein Gebäude zum Beispiel viel Schnee hineingebracht wird und keine ausreichende Sauberlaufzone eingeplant ist, können Nutzer dennoch ausrutschen.

Die Aufbauhöhe von Sichtbeton beginnt bei vier bis fünf Zentimetern, wenn der Untergrund tragfähig ist. In der Regel sind es sieben bis acht Zentimeter, bei Industriefußböden bis zu 20 Zentimeter. Bei größeren Aufbauhöhen oder bei Zugabe teurer Pigmente für die Farbgebung wird der Boden häufig in zwei Schichten ausgeführt. Die Tragschicht wird mit normaler Körnung hergestellt und nur die oberen drei bis vier Zentimeter werden als optische Schicht ausgebildet.

Es ist für einen Architekten fast unmöglich, einen Sicht-estrich auszuschreiben, denn er müsste das Aussehen beschreiben. Andernfalls müsste der Zement genau benannt werden. Das ist schwierig, denn zum Beispiel ist Grauzement farblich nicht genormt. Auch die Kiesgrube wäre anzugeben, denn der Sand kann von sehr hellen bis zu terrakottaroten Farbtönen variieren. Außerdem sind genaue Angaben zur Oberflächenbehandlung und zur Versiegelung erforderlich. Auch das könnte schwierig werden, denn der Estrich sieht anders aus – je nachdem, ob er mit der Maschine oder der Hand geglättet wird. Empfohlen wird, dass die Beteiligten vor der Auftragsvergabe gemeinsam ein Referenzobjekt besuchen. Denn nur eine wirklich große Fläche vermittelt einen realen Eindruck des Bodens, wie ihn der Bauherr später erhalten soll. Musterplatten sind zwar wichtig, können aber keinen Gesamteindruck wiedergeben. Bei umsichtiger Planung und guter Abstimmung aller an diesem Gewerk Beteiligten erhält der Bauherr jedoch einen außergewöhnlichen Fußboden, der zudem leicht zu pflegen ist und lange hält.

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