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Photovoltaikpflicht für Dach und Parkplätze: Was gilt wo?

Die meisten Bundesländer haben Photovoltaikpflichten: einige nur für Neubauten oder nur für gewerbliche und öffentliche Gebäude. ­Andere auch bei Dachsanierungen oder für Parkplätze. Doch es gibt Bedingungen und Ausnahmen. Ein Überblick

24.09.20246 Min. Von Marvin Klein 1 Kommentar schreiben
Solarzellen auf einem roten Ziegeldach

Photovoltaik auf dem Hausdach wird immer beliebter. Eine Pflicht besteht jedoch erst in wenigen Bundesländern, zumindest wenn es um das Eigenheim geht.
tl6781/stock.adobe.com

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Photovoltaikpflichten: Was gilt wo?“ im Deutschen Architektenblatt 10.2024 erschienen.

Obwohl sich die Landesregelungen zur Photovoltaik (PV) im Detail stark unterscheiden können, lassen sich grobmaschige Kategorien zu den Regelungswirkungen bilden. Die wesentlichen Regelungsbereiche betreffen die Fragen, für welche Gebäudearten oder auch Stellplätze eine PV-Anlagenpflicht gilt, ab welcher Mindestdachfläche Gebäude betroffen sind, in welchem Umfang die Dächer zu belegen sind, welche Ausnahmen und Befreiungen möglich sind und ob es Sonderregeln für öffentliche Gebäude gibt.


Bundesländer ohne Photovoltaikpflicht

Die Anzahl der Bundesländer ohne PV-Anlagenpflicht ist überschaubar:

  • Mecklenburg-Vorpommern,
  • Saarland, Sachsen,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Thüringen

haben keine gesetzliche Entscheidung hierzu getroffen. Mecklenburg-Vorpommern arbeitet an einem Gesetz, das sich an öffentliche sowie private Eigentümer richten soll. Bis zur Änderung der Rechtslage gilt somit in diesen Bundesländern, dass Architekten und Bauherren frei entscheiden können, ob und wie sie Photovoltaik integrieren möchten.


Bundesländer mit Photovoltaikpflicht

In den übrigen Bundesländern gelten PV-Anlagenpflichten, die sich je nach Gebäude (Gewerbe-, Wohn- oder anderes Gebäude) sowie pflichtauslösendem Anlass (Neubau oder Sanierung) unterscheiden (siehe auch Tabelle am Ende des Artikels).

Die umfangreichste Solaranlagenpflicht gibt es in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Hamburg. Dort gilt die Pflicht für Neubauten sowie bei Sanierung beziehungsweise Umbau des Daches bei allen Gebäudearten. Für Nordrhein-Westfalen gilt Ähnliches mit der Einschränkung, dass die Pflicht für Dachsanierungen erst ab dem 1. Januar 2026 greift.

In Niedersachsen ist die PV-Anlagenpflicht derzeit noch weniger streng. Sie gilt für alle Neubauten, unabhängig von der Gebäudeart, für neue Wohngebäude aber erst ab dem 1. Januar 2025. Sanierungen lösen bis zum 31. Dezember 2024 keine solche Pflicht aus. Ab dem 1. Januar 2025 gilt eine allgemeine Anlagenpflicht auch für Aufstockungen sowie Anbau oder Erneuerung der Dachhaut bis zur wasserführenden Schicht, wenn die neu errichtete oder erneuerte Dachfläche mindestens 50 Quadratmeter beträgt.   

Eine eingeschränkte PV-Anlagenpflicht gilt in Rheinland-Pfalz für den Neubau von Gewerbegebäuden sowie für den Neubau sowie die Dachsanierung öffentlicher Gebäude. In Schleswig-Holstein gilt sie für alle Neubauten und bei Nichtwohngebäuden auch für Sanierungen von mehr als zehn Prozent der Dachfläche. In Brandenburg gilt sie bei Neubauten und vollständigen Dachsanierungen bei öffentlich und gewerblich genutzten Gebäuden. 

In Bayern ist die PV-Pflicht bei Neubau sowie der vollständigen Dachsanierung (ab dem 1. Januar 2025) bei Gewerbe-, Industrie und sonstigen Gebäuden vorgegeben. Eigentümer von Wohngebäuden „sollen“ eine „angemessene“ Auslegung von PV-Anlagen sicherstellen, wobei dies bloß eine freundliche Empfehlung und keine Rechtspflicht darstellt.

In Hessen gilt die PV-Anlagenpflicht lediglich für Neubau und Erweiterung von landeseigenen Gebäuden.

Photvoltaikpflichten der Bundesländer als tabellarische Übersicht

ZUM VERGRÖSSERN KLICKEN: Wer neu baut, fällt in vielen Bundesländern unter die Photovoltaikpflicht. Besonders, wenn es um gewerbliche oder öffentliche Gebäude geht.
Marvin Klein / DAB


Strengere Photovoltaikregeln für öffentliche Gebäude

Manche Bundesländer haben besondere Regelungen für öffentliche Gebäude geschaffen, die strenger sind als die vorstehenden allgemeinen Vorgaben: In Baden-Württemberg wird eine Solarnutzung auch bei Bestandsgebäuden unabhängig von einer vorherigen Dachsanierung ab dem 1. Januar 2030 angeordnet. In Bayern müssen die dem Freistaat gehörenden Gebäude Solaranlagen auf mindestens einem Drittel der Dachflächen haben. In Nordrhein-Westfalen bis möglichst bis zum 31. Dezember 2025 auf allen geeigneten Dachflächen von staatlichen Gebäuden Solaranlagen installiert sein. Ähnliche Sondervorgaben gibt es in Berlin und Bremen.


Ab welcher Dachfläche gilt die Photovoltaikpflicht?

Nahezu alle Bundesländer setzen eine Mindestnutzungsfläche der Pflicht voraus.

  • In Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gilt die Pflicht nicht, wenn die Dachfläche kleiner als 50 Quadratmeter ist.
  • In Rheinland-Pfalz wird eine Mindestgröße von 100 Quadratmeter vorausgesetzt.
  • In Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein gibt es keine festgelegte Mindestfläche. Hier kann aber bei sehr kleinen Dachflächen ein zu hoher wirtschaftlicher Aufwand entstehen, was eine Befreiung ermöglichen könnte.

Wie viel Dachfläche muss mit Photovoltaik belegt werden?

Die Landesgesetze regeln meist den Umfang der Installationspflicht.

  • In Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sollen die Anlagen auf „geeigneten“ Dachflächen installiert werden, wobei die genaue Auslegung, wie umfangreich die Installation erfolgen muss, der Praxis überlassen oder durch Landes-Verordnungen, wie die Solaranlagen-Verordnung Nordrhein-Westfalen, festgelegt wird.

Andere Bundesländer haben konkrete Vorgaben:

  • So bestimmen manche Länder eine Mindestbelegung von 30 Prozent der Bruttodachfläche oder alternativ die Erfüllung einer gesetzlichen Mindestleistung der Anlage (Berlin, Hamburg),
  • andere verlangen als Mindestbelegung ein Drittel der geeigneten Dachfläche (Bayern),
  • andere 50 Prozent der Bruttodachfläche (Brandenburg, Bremen, Niedersachsen)
  • oder sogar 60 Prozent (Rheinland-Pfalz, jedoch begrenzt auf die maximale nach EEG ausschreibungsfreie Leistung).

Ausnahmen und Befreiungen von der Photovoltaikpflicht

Ausnahme wegen wirtschaftlicher Unverhältnismäßigkeit

Alle Bundesländer haben im Detail divergierende Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten. Geschützt werden Bauherren vor einer wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit, die je nach Bundesland „unverhältnismäßig hoher wirtschaftlicher Aufwand“, „unangemessener Aufwand“ oder auch „wirtschaftliche Unvertretbarkeit“ heißen kann. Gemeint ist damit jeweils ein hohes wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Errichtung der PV-Anlage und dem daraus zu ziehenden wirtschaftlichen Nutzen.

Ausnahme wegen widersprechender Vorgaben

Auch andere Ausnahmen und Befreiungsgründe wurden weit überwiegend festgeschrieben. So erkennen alle Bundesländer eine Ausnahme beziehungsweise Befreiung von der PV-Pflicht bei einem Verstoß gegen sonstige öffentlich-rechtliche Pflichten an. Darunter zu verstehen sind etwa Pflanzgebote, widersprechende Festsetzungen durch die Bauleitplanung oder Vorgaben zum Denkmalschutz, Naturschutz oder Wasserschutz.

Ausnahme wegen Begrünungspflicht

Spezielle Regelungen gibt es je nach Bundesland für einen Konflikt mit einer „Begrünungspflicht“. Während Hamburg von vornherein PV-Pflicht und Begrünungspflicht gemeinsam als Pflicht des Bauherrn betrachtet, schreiben Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor, dass ein weitestgehender Ausgleich zwischen den Pflichten geschaffen werden muss. Bremen indessen berücksichtigt eine Begrünungspflicht bei der Berechnung der vorhandenen Dachfläche.

Ausnahme bei technischer Unmöglichkeit

Die PV-Anlagenpflicht gilt nicht bei einer „technischen Unmöglichkeit“ (Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz), bei besonderen Umständen im Einzelfall (Bayern, Berlin, Bremen) oder bei sonstiger unbilliger Härte (Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, NRW, Rheinland-Pfalz). Als gesonderte Fälle der Unvertretbarkeit gelten in Berlin und Hessen eine nach Norden ausgerichtete Dachfläche, rechtliche oder technische Gründe.


Überdachung eines Parkplatzes mit Solarzellen

Große Parkplätze im Freien sind ideale Situationen für Photovoltaik, mit Verschattung der Autos als positivem Nebeneffekt.
hcast/stock.adobe.com

Photovoltaikpflicht für Stellplätze

Manche Bundesländer ordnen eine PV-Anlage zum Überbau bei geeigneten, neu gebauten Stellplätzen im Freien an. Hier unterscheiden sich die Regelungen je nach Mindestanzahl der Stellplätze und der Zugehörigkeit der Stellplätze zu einer bestimmten Gebäudeart. Eine solche stellplatzbezogene PV-Anlagenpflicht bei Neubauten gilt

  • bei mehr als 35 Stellplätzen in Baden-Württemberg und Hamburg (allgemein) und in Hessen (bei landeseigenen Parkplätzen),
  • bei mehr als 35 Stellplätzen in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen bei Gebäuden, die keine Wohngebäude sind,
  • bei mehr als 50 Stellplätzen in Niedersachsen (ab 2025 schon bei mehr als 25 Stellplätzen) und in Hessen bei nicht landeseigenen Parkplätzen,
  • ab 50 Stellplätzen in Rheinland-Pfalz (allgemein),
  • bei mehr als 100 Stellplätzen in Schleswig-Holstein.
Photvoltaikpflichten der Bundesländer für Stellplätze als tabellarische Übersicht

Die Photovoltaikpflichten für Parkplätze greifen erst ab Größenordnungen weit jenseits des privaten Eigenheims.
Marvin Klein / DAB

Auch diese stellplatzbezogenen PV-Anlagenpflichten kennen diverse Ausnahmen, die sich je nach Bundesland unterscheiden können.


Marvin Klein ist Rechtsanwalt bei Hecker Werner Himmelreich Rechtsanwälte in Köln mit Schwerpunkten im öffentlichen Bau- und Planungsrecht, Umweltrecht sowie Wirtschaftsverwaltungsrecht. Zudem ist er Lehrbeauftragter der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.

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1 Gedanke zu „Photovoltaikpflicht für Dach und Parkplätze: Was gilt wo?

  1. Besten Dank für den guten Überblick zu den Photovoltaikpfilchten.
    Ergänzend wäre noch hinzuzufügen, dass auch Fassaden zu Erfüllung der PV-Pflicht dienen können. Im Berliner Solargesetz wird diese Option im § 5 „Ausnahmen und Erfüllungsoptionen“ aufgeführt. Oftmals steht deutlich mehr Fassadenfläche als Dachfläche zur Verfügung und auch bei Flächenkonkurrenz zum Gründach oder sonstigen Dachnutzungen können die Fassaden eine gute Lösung sein.
    Thorsten Kühn, Architekt, Beratung für bauwerksintegrierte PV am Helmholtz-Zentrum Berlin

    Antworten

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