Weil die Gebäudehülle mehr ist als nur Dämmung und Putz, sollten Planende bei der Fassadensanierung neben den energetischen auch die psychologischen Aspekte würdigen.
Von: Fabian P. Dahinten Fabian P. Dahinten schreibt über den Einstieg ins Berufsleben, über...
Den großen Unterschied bei der Außenwirkung sieht man nach einer Fassadensanierung wie hier bei einem Bürogebäude in Wuppertal durch das Architekturbüro Lengfeld & Wilisch. Michael Hudler
Die Fassaden bilden nicht nur die energetische Schutzhülle eines Gebäudes – sie spiegeln auch seine Haltung wider. Sie sprechen mit der Stadt, mit den Menschen, mit denjenigen, die sie täglich sehen. Und doch werden sie bei der Fassadensanierung oft auf Zahlen reduziert: Kilowattstunden pro Quadratmeter, Dämmstoffstärken, Förderkategorien.
Ich möchte einen anderen Begriff in die Debatte einführen – einen, der Technik und Mensch, Bauphysik und Atmosphäre, Quartierswirkung und Detailgestaltung zusammen denkt: die energetisch-psychologische Fassadensanierung.
Das könnte Sie auch interessieren
Was bedeutet energetisch-psychologische Fassadensanierung?
Selbstverständlich sind Energieeffizienz, CO₂-Reduktion und Förderfähigkeit wichtige Faktoren. Aber es geht auch um Wirkung, um Anmutung, um das Gefühl, das ein Gebäude vermittelt. Eine Fassadensanierung, die nicht nur Heizkosten spart, sondern auch Zugehörigkeit stiftet. Die den Charakter eines Hauses respektiert – und ihn neu erzählt, statt ihn zu überkleben.
So sah das Wuppertaler Bürogebäude vor der Fassadensanierung aus. Lengfeld & Wilisch
Die Wirkung der Fassade: mehr als nur Energieeffizienz
Die Fassadensanierung birgt für den Bestand eine große Chance: Sie kann – bei vergleichsweise geringem Eingriff – eine enorme Wirkung entfalten, technisch wie psychologisch. Wer nur die äußere Hülle saniert, greift zwar meist nicht tief in den Alltag der Nutzer ein (keine Umzüge, keine Kernsanierungen). Aber: das Haus bekommt ein neues Gesicht, ein neues Image, eine andere Adresse im Quartier und die Straße einen neuen Raumeindruck.
Gleichzeitig schützt eine gelungene Fassadensanierung den Bestand. Gebäude mit gepflegter, durchdachter Hülle werden wertgeschätzt – von Eigentümern, Mietern, Nachbarn, Verwaltungen. Umgekehrt gilt: Je heruntergekommener ein Haus nach außen wirkt, desto schneller steht der Gedanke an Abriss im Raum – oft voreilig, oft vermeidbar. Gute Fassaden erhalten nicht nur Wärme, sie erhalten auch Würde. Und sie machen deutlich: Dieses Gebäude ist Teil unserer gebauten Zukunft, nicht Teil ihrer Entsorgung.
Nachhaltige Fassadensanierung: Chancen und Herausforderungen
Damit wertet eine energetisch-psychologische Fassadensanierung das Haus real auf. Sie erhöht seine architektonische Präsenz, verbessert das Mikroklima – und steigert die Attraktivität für Mieterinnen und Mieter: Ist das Gebäude einladend? Vermittelt es Wertigkeit und Pflege? Auch das ist psychologische Wirkung – und Teil einer verantwortungsvollen Immobilienentwicklung.
So entsteht Wirkung, wo sie gebraucht wird: sichtbar, erfahrbar, ohne Belastung. Eine energetisch-psychologische Fassadensanierung kann ein Impuls sein – nicht nur für das Gebäude, sondern für die ganze Nachbarschaft und für die Wahrnehmung eines ganzen Straßenzugs.
Die Fassade als Einladung betrachten
Als Architekt:innen müssen wir die Gebäudehülle mit mehr Respekt behandeln. Mit technischem Know-how, ja – aber auch mit Feingefühl für die soziale und atmosphärische Qualität des Raums. Nicht jedes Haus will glatt und grau werden. Nicht jede Fuge will verschwinden.
Ich wünsche mir, dass wir die Fassade nicht nur als Aufgabe begreifen, sondern als Einladung: zum Zuhören, zum Weiterdenken und zum Sanieren – mit Seele.
Der Autor ist Partner im Architekturbüro Lengfeld & Wilisch, das die Bilder zur Verfügung gestellt hat.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
1 Gedanke zu „Die energetisch-psychologische Fassadensanierung“
Es stellt sich die Frage, was heißt „psychologische“ Fasadendämmung. Einflussnahme auf den Betrachter ggf. um Macht zu demonstrieren. Mehr Schein als Sein. Das ist im Dritten Reich vorgeführt worden. Man sollte so eine Begrifflichkeit nicht einführen, weil dann Architektur politisch belastet wird.
Es stellt sich die Frage, was heißt „psychologische“ Fasadendämmung. Einflussnahme auf den Betrachter ggf. um Macht zu demonstrieren. Mehr Schein als Sein. Das ist im Dritten Reich vorgeführt worden. Man sollte so eine Begrifflichkeit nicht einführen, weil dann Architektur politisch belastet wird.