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[ Koalitionsvertrag ]

„Genau auf die Finger schauen“

BAK-Präsident Arno Sighart Schmid über gute und weniger gute Projekte der neuen Bundesregierung

Interview: Roland Stimpel, Thomas Welter

Ist der Koalitionsvertrag ein Grund zum Jubeln oder ein Grund zur Trauer?

Weder noch. Für uns ist er Anlass, auch dieser Regierung sehr genau auf die Finger zu schauen und sie an ihre Versprechen zu erinnern. Versprochen ist nämlich im Koalitionsvertrag einiges, was uns gut täte und was wir einfordern werden.

Zum Beispiel?

Da ist zunächst die HOAI. Zu ihr hat die Koalition in den Vertrag geschrieben, was wir bei der jüngsten Novelle gefordert haben: „Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure wird auf der Grundlage des Bundesratsbeschlusses schnellstmöglich weiter modernisiert.“ Dieser Bundesratsbeschluss macht recht ordentliche Vorgaben. Nun werden wir uns vor allem dafür einsetzen, dass die Honorarsätze auskömmlicher und die Leistungsbilder modernisiert werden und dass die Verordnung weiter verschlankt wird.

Viele Kollegen drücken nicht nur Honorar-, sondern auch Haftungsfragen.

Das sehen wir als eines der brennendsten Probleme. Die Koalition will nun wenigstens prüfen, ob es ein eigenständiges Bauvertragsrecht geben soll. Zur Haftung macht der Koalitionsvertrag leider keine konkrete Aussage. Aber wenn mit dem Wort „Bauvertragsrecht“ auch oder eigentlich ein Planungsvertragsrecht gemeint ist, dann wäre dies ein Hebel, um die Haftung von Architekten und Planern zu begrenzen, Beweislasten umzukehren und Baufirmen zur stärkeren Absicherung Dritter im Insolvenzfall zu zwingen. Auch das wollen wir voranbringen.

Das Themenfeld Energie, Klima- und Ressourcenschutz bewegt die Architektenschaft stark. Bringt da der Koalitionsvertrag Impulse?

Er bringt ein grundsätzliches Bekenntnis zu mehr Klimaschutz und zur Innenentwicklung von Städten und Dörfern, um den Flächenfraß zu bremsen. Eher gemischt sehen wir das Vorhaben, Genehmigungsverfahren zu entbürokratisieren. Das kann das Abwerfen von Ballast bedeuten. Aber es darf nicht dazu führen, dass ökologisch und planerisch fragwürdige Großprojekte nun mit weniger Bürgerbeteiligung oder weniger Umweltprüfung durchgepeitscht werden.

Für gute Verfahren braucht es qualifizierte Architekten und Planer. Steht dazu etwas im Vertrag?

Nicht unmittelbar zur Architektenausbildung, die ist ja auch Ländersache. Aber erfreulicherweise ist bei der Bundesregierung die Botschaft angekommen, die wir seit Jahren verbreiten: dass der Bologna-Prozess mit den Bachelor- und Master-Abschlüssen einige Tücken hat. Ihn will die neue Regierung nun endlich evaluieren. Ein besonderes Anliegen von uns ist das mindestens vier- besser fünfjährige Studium. Aber das können nur die Länder regeln, nicht die Bundesregierung.

Auch auf anderen Gebieten sehen sich Kollegen durch Projekte der Europäischen Union mehr bedroht als gefördert.

Auch das hat die Regierung offenbar erkannt und schreibt im Koalitionsvertrag: „Wir wollen die Freien Berufe und das Handwerk stärken und dafür sorgen, dass ihr besonderer Stellenwert auf europäischer Ebene besser anerkannt und geschützt wird.“ Auch da werden wir in Berlin und Brüssel darauf drängen, dass dies proaktiver Bestandteil der Europapolitik wird und es gar nicht erst dahin kommt, dass verunglückte europäische Gesetze und Vorschriften hinterher mühsam repariert werden müssen.

Liegt der Koalitionsvertrag auch irgendwo daneben?

Zum Thema „Investitionsstau im Bausektor auflösen“ nennt er zwar energetische Sanierungen im Bestand, aber sonst nichts. Dabei gibt es im Bestand noch viel mehr zu tun, etwa die Anpassung an die Bedürfnisse der wachsenden Zahl von Senioren. Und zum Neubau steht an dieser Stelle im Vertrag leider gar nichts.

Nicht nur Investitionsstaus sollen gelöst werden, sondern auch eine angebliche Investitionsbremse, nämlich beim Vergaberecht.

Es klingt im ersten Moment gut, dass das Vergaberecht transparenter und unbürokratischer werden soll. Es darf aber nicht bedeuten, dass die mit gutem Grund differenzierten Regelungen in VOB, VOF und VOL abgeschafft und alles in einen Topf geworfen wird. Das klingt im ersten Moment einfacher, aber es wäre überhaupt nicht praxisgerecht. Wichtig sind hier stattdessen Regelungen, die gerade kleinen Büros den Zugang erleichtern. Zum Beispiel die, dass eine Eigenerklärung nicht schon bei Angabe des Angebots, sondern dass sie erst nach Erteilung des Zuschlags abgegeben werden muss. Das ist erst vor kurzem von der Bundesregierung beschlossen worden und darf nicht schon wieder kassiert werden.

Zu Wettbewerben steht gar nichts drin.

Das muss kein schlechtes Zeichen sein. Es bedeutet offenbar, dass die neue Regierung an den gerade erst eingeführten RPW-Richtlinien nicht rühren will. Das meinen wir auch; man sollte zumindest Erfahrungen in der Praxis abwarten. Im Übrigen hält der Koalitionsvertrag fest: „Die Baukultur gehört zu identitätsstiftenden Markenzeichen einer Nation. Wir wollen daher das öffentliche Bewusstsein für die Baukultur weiter unterstützen.“ Und hohe Baukultur geht nur mit Wettbewerben.

Ihr persönlicher Eindruck vom neuen Verkehrs- und Bauminister?

Er wirkt offen für neue Impulse. Diese geben wir gern.

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