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[ Einfach Bauen ]

Gebäudetyp-e: Einigkeit für Recht auf Freiheit

Auf dem Symposium „Einfach bauen“ hat die BAK alle zusammengebracht, die sich für den Gebäudetyp-e interessieren – und die ihn realisieren wollen. Das Fazit: Es ist an der Zeit, den Hebel für mehr kreative Freiheit in der Architektur umzulegen.

Von Lars Klaaßen

Einfach ist es mit „einfach bauen“ in Deutschland ganz und gar nicht. Einen beträchtlichen Anteil daran haben die derzeit rund 3.000 geltenden DIN-Normen und Bauvorschriften. Diesen Parcours wollten schon viele Kommissionen und Gremien verschlanken, ohne merklichen Erfolg. Doch es zeichnet sich ein anderer Weg ab. „Wir sind von der Ideenphase in die Umsetzungsphase gekommen“, brachte Klara Geywitz, gleich zu Beginn auf den Punkt, warum man sich am 18. April in Berlin zum Symposium „Einfach bauen“ traf. Nun gehe es daran, so die die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen weiter, die juristischen Grundlagen zu schaffen, um aus einem Schlagwort den konkret realisierbaren Gebäudetyp-e zu machen.

Der Gebäudetyp-e (wie „einfach“ oder „experimentell“) steht mittlerweile als Chiffre für ein erleichtertes Abweichen insbesondere von den sogenannten anerkannten Regeln der Technik (aRdT) und soll ein regulatorischer Befreiungsschlag für mehr Innovation werden. Die Architektenkammern haben für seine Realisierung die Initiative ergriffen. Dies heißt auch, mit Interessierten wie Zuständigen aus der Architektur, dem Bauwesen und der Bundesregierung über den aktuellen Stand sowie Wege hin zu mehr Autonomie beim Einhalten von Regeln auf Seiten der Bauherren und Ihrer Planer zu diskutieren. Hierfür hatte die Bundesarchitektenkammer (BAK) gemeinsam mit der Bundesingenieurkammer und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen zum Symposium „Einfach bauen“ eingeladen.

Einfacher abweichen von den anerkannten Regeln der Technik

Kernidee  ist, dass Planende einfacher von technischen Baubestimmungen und anerkannten Regeln der Technik (aRdT) abweichen können. Allgemeine Schutzziele für ein Gebäude – wie Statik, Brandschutz, Gesundheit und Umweltschutz – müssen selbstverständlich erfüllt bleiben. Doch viele derzeitige Vorschriften gehen darüber deutlich hinaus, machen das Bauen erheblich teurer und haben mit Blick auf die Umwelt und den Ressourcenverbrauch manchmal sogar unerwünschte Folgen. Braucht man zum Beispiel eine Stellplatzverordnung, die den Bau von Tiefgaragen forciert? Hohe Komfortansprüche schrauben die Mindeststandards in der Gebäudetechnik immer weiter nach oben. So ist auch der immer wieder verschärfte Schallschutz ein vieldiskutiertes Thema.

„Um den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechend bauen zu können“, so der Architekt Florian Dilg, Vorsitzender der Task-Force GT-e bei der BAK, „müssen wir das System für einfachere und experimentellere Lösungen öffnen, die in den Normen noch nicht abgebildet sind.“ Als Grund für die Einordnung in den Gebäudetyp-e könne die Anwendung einer vereinfachten Konstruktion ebenso gelten wie der Versuch, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen oder die Umnutzung bestehender Baustruktur für neue Anforderungen. „Nach unserer Vorstellung steht am Beginn eines e-Projekts die sorgfältige Festlegung zwischen Planern und Bauherren zu den Zielen und Qualitäten, die frei von Normen vereinbart werden, sich aber daran orientieren können.“ Im Verlauf der Ausarbeitung bis zur Genehmigung würden diese Festlegungen sicher präzisiert, ergänzt und der Projektentwicklung angepasst. Die entstandene Aufstellung mache die Eigenschaften eines Gebäudes dauerhaft transparent. „Durch eine sichtbare Kennzeichnung des Gebäudetyps-e wird den Verbrauchern angezeigt, dass es sich um ein Gebäude mit reduzierter Einhaltung von Normen handelt. So soll auch dem Missbrauch dieses Planungswegs entgegengewirkt werden.“

Mehr vom Guten durch Gebäudetyp-e

Wie nachhaltiges und kostengünstiges Bauen aussehen kann, zeigen konkrete Projekte bereits heute. Dazu gehört auch Erweiterung samt Aufstockung der Berlin Metropolitan School, wo das Symposium stattgefunden hat. In Bayern hat man 19 Pilotprojekte für den Gebäudetyp-e ausgewählt. Einige der Best-Practice-Beispiele haben die Planenden und Bauherrinnen vorgestellt. Hierbei zeigte sich unter anderem auch, dass die kreative Mehrleistung der Planenden sich in den Honoraren widerspiegeln muss – Geld übrigens, dass später im Betrieb der gut entworfenen Häuser um ein Vielfaches wieder eingespart wird. Solch bislang herausragende Einzelfälle, bei denen kreative Freiheit überzeugende Lösungen jenseits üblicher Normen geschaffen hat, sollen künftig deutlich öfter realisiert werden. Doch dafür bedarf es eben größerer Spielräume.

Eine große Hürde in der Praxis besteht darin, dass DIN-Normen fast automatisch als die aRdT gelten. Abweichungen von diesem Standard sind kaum rechtssicher zu vereinbaren. Bauherren und Projektentwickler, vor allen Dingen aber die Planer und Bauausführenden, sehen sich sonst enormen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt, was zu einer generellen Rechtsunsicherheit führt. Wie sich dies beheben ließe, hat Stefan Leupertz, Bundesrichter a.D., Ende 2023 im Rechtsgutachten „Bezahlbar Wohnen und nachhaltig Bauen“ dargelegt und dies auf dem Symposium erläutert: Es brauche lediglich eines einzigen Eingriffs ins BGB. Bei Verträgen zwischen Unternehmern zwischen Kaufleuten oder Geschäftsleuten sollten die aRdT nicht zu den vereinbarten Beschaffenheiten gehören, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart, werden: „Ich brauche sie nicht, um die Funktionalität zu beschreiben“, so Leupertz. „Die Leistungspflicht bleibt gleich, es geht um den Beweis der Funktionalität.“

Freiheit trifft Verbraucherschutz

Den aktuellen Stand der „Leitlinie und Prozessempfehlung“ eines künftigen Gebäudetyps-e stellte Ministerialrat Heiko Roeder vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vor. Seine Einschätzung deckt sich in weiten Teilen mit der von Irene Pakuscher, die sich für das Bundesministerium der Justiz an dem Symposium beteiligte: Eine juristische Öffnung müsse behutsam unternommen und gut bedacht werden, damit der Verbraucherschutz gewährleistet bleibe. Doch trotz manch offener Fragen unterstütze die Bundesregierung den Gebäudetyp-e voll und ganz. Sie hoffe, dass der entscheidende Hebel für eine zivilrechtliche Flankierung noch vor der Sommerpause umgelegt wird, sagte BAK-Präsidenten Andrea Gebhard am Schluss der Veranstaltung. „Die Architektenschaft braucht wieder mehr Freiheit, um die großen anstehenden Aufgaben wie Wohnungsmangel und nachhaltiges Bauen kreativ zu lösen.“

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