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Michael Kuhn vom Büro gmp muss sich derzeit vor allem als Krisenkommunikator bewähren.

[ Schwerpunkt: Kommunikation ]

„Wir forcieren keine Schlammschlacht“

Michael Kuhn, Kommunikationschef bei gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner über Krisenkommunikation am Beispiel des Berliner Flughafens

Michael Kuhn vom Büro gmp muss sich derzeit vor allem als Krisenkommunikator bewähren. Foto: A. Wippcih

Text: Nils Hille

Bürgermeister, Flughafenchef und Aufsichtsrat – sie alle lassen sich im Streit um den Berliner Flughafen (BER) immer wieder zu Aussagen gegenüber der Presse hinreißen. Nur der Architekt, Meinhard von Gerkan, hält sich in letzter Zeit erstaunlich zurück. Ist das die PR-Strategie von gmp für sein geplantes Buch „Black Box BER“, in dem er dann Stellung beziehen wird?

Nein, Zurückhaltung ist eine grundsätzliche Einstellung unseres Büros, denn wir wissen, worauf die Medien setzen. Gerade emotionale Aussagen eines Projektbeteiligten werden schnell zu Schlagzeilen hochgekocht. Wir forcieren aber keine Schlammschlacht, sondern bringen uns überhaupt nur dann in die Diskussion ein, wenn Fehlinformationen verbreitet werden. Wir machen das gezielt über Fachmagazine, über die wir auch sonst hauptsächlich kommunizieren. Dabei setzen wir auf Sachlichkeit und Souveränität, um gar nicht erst zu neuen Kommentaren heraus­-zufordern.

Trotzdem wird es von Gerkans Buch geben. Und auf dem feuerroten Cover prangt das Kürzel „BER“. Ist das nicht ein Widerspruch zu Ihrer zurückhaltenden PR-Strategie?

Dass das Buch von Meinhard von Gerkan erscheinen wird, hat seinen Grund: Wir denken, dass es eine Einschätzung von Architektenseite zu dem Berliner Flughafen geben sollte. Das wird aber kein emotionaler Beitrag sein; stattdessen wird von Gerkan seine Erfahrungen mit immer wieder auftauchenden Problemen bei Großprojekten schildern. Die Rolle der Architekten und ihre Aufgaben haben sich seit dem ersten Projekt, dem Bau des Flughafens Tegel vor gut 40 Jahren, stark verändert. Sie sind viel komplexer geworden. Großprojekte laufen im Ausland meist völlig anders ab als hier in Deutschland. Auch das wird ein Thema sein.

Darauf zu warten, dass das Buch in ein paar Monaten in den Handel kommt, wird dem einen oder anderen Journalisten sicher nicht genügen. Die Presse will doch jetzt doch Aussagen hören.

Das stimmt. Manche Reporter melden sich immer und immer wieder bei uns. Die Anfragen sprengen jeden Rahmen, den ich mir vorgestellt habe. Wir im sechsköpfigen Presseteam sind jeden Tag neuen Situationen ausgesetzt. Aber eines ist klar: Wir knicken da nicht ein, egal, was uns Journalisten versprechen oder was sie behaupten, um uns zu Aussagen zu verleiten.

Inwiefern sind Sie in dieser Krisenkommunikation auch an die Weisungen Ihrer Rechtsanwälte gebunden?

Aufgrund der Bedeutung dieser Situation, der Komplexität von Vereinbarungen und Verträgen, aber auch vor allem, weil wir uns ja in einer juristischen Auseinandersetzung befinden, ist eine sehr intensive Zusammenarbeit mit juristischen Beratern selbstverständlich und notwendig. Juristische und kommunikative Strategien synchronisieren wir daher im Dialog.

Gibt es interne Briefings an die Kollegen, dass sie sich nicht zu heiklen Themen wie dem Flughafenbau äußern dürfen?

Gerade wenn es um juristische und mediale Auseinandersetzungen geht, ist Vorsicht geboten. Da steht jeder gmp-Mitarbeiter im Fokus, und sei es nur bei Familie, Freunden und Bekannten, die sich nach dem Flughafen erkundigen. Deshalb informieren wir so umfassend wie möglich über den komplexen Sachverhalt.

Wie kommunizieren Sie solche Sprachregelungen intern, sodass alle rund 450 Mitarbeiter Ihres Büros diese auch wahrnehmen?

Wir informieren die Kollegen offensiv über verschiedene Medien, wie beispielsweise unser Intranet. Des Weiteren haben wir vor drei Jahren eine eigene Mitarbeiterzeitung „concrete gmp“ entwickelt, die viermal im Jahr erscheint. Beim großen und aktuellen Thema BER haben die Partner gesonderte Informationen an die Mitarbeiter geschrieben, außerhalb des Quartalsrhythmus.

Mit welchem Ergebnis?

Die rege interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen dadurch Antworten auf ihre Fragen. Und die Geschäftsführung kann Gelassenheit vorleben, sodass es erst gar nicht erst zu einer Verunsicherung kommt. Ohne arrogant klingen zu wollen: Wir besinnen uns einfach auf unsere Kernkompetenz, die Architektur. Wir werden auch den Berliner Flughafen sicher erfolgreich fertigstellen.

Und was ist mit dem Renommee? Die meisten Ihrer Großprojekte befinden sich zwar im Ausland. Doch mittlerweile hat auch die internationale Presse die Nichteröffnung des Berliner Flughafens zum Thema gemacht.

Ganz klar: Manch undifferenzierte Berichterstattung über BER schadet dem Renommee von gmp. Wir müssen uns dafür auch gegenüber anderen Bauherren rechtfertigen. Es wird in den Tageszeitungen und Wochenmagazinen gerne mal suggeriert, dass der Architekt für alles verantwortlich ist – dabei ist er nur einer von vielen der am Bau Beteiligten. Während meiner dreieinhalb Jahre als Kommunikationsverantwortlicher musste ich feststellen, dass Architekten ohnehin eine besondere Rolle in der deutschen Gesellschaft haben. Wir werden stark in der Öffentlichkeit dafür kritisiert, dass wir in Autokratien wie China bauen. Über den Exporterfolg der deutschen Industrie in dieses Land regt sich aber niemand auf und auch nicht darüber, dass viele der auch bei den Kritikern beliebten Smartphones von dort kommen.

Lässt sich mit so etwas in Zukunft kommunikativ besser umgehen?

Es gibt heute eine Generation der Wutbürger. Daher müssen wir gerade bei Großprojekten mit einplanen, wie wir die Öffentlichkeit informieren und beteiligen. Bei der Kunsthalle Mannheim war der Bauherr sehr aktiv in der Kommunikation des Projekts. Als Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit mussten wir und die zwei anderen erstplatzierten Büros des international ausgeschriebenen Wettbewerbs – Peter Pütz Architekten und Staab Architekten – Büro, Projektteam und Entwurf in einer Ausstellung präsentieren. Es war für uns neu, dass wir auch den Gegnern des Baus so direkt ausgesetzt waren und mit ihnen in Bürger-Informationsveranstaltungen diskutiert haben. Aber es war gut und hat für Verständnis gesorgt. Hier ändern wir gerade unser Bewusstsein: Wir machen uns jetzt viel mehr Gedanken, wie ein Projekt öffentlich wahrgenommen wird, und bereiten eine Beteiligung der Bürger gezielter vor. Das ist zwar Sache der Bauherren, aber wir Architekten sollten unsere Arbeit jederzeit erklären und damit kommunizieren können.

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