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Abbildungen: Anterovium; Reiners/Berhorst

Querlüftung: Dieses System ist die einfachste Form der Lüftung von Wohngebäuden.

[ Lüftungssysteme ]

Gut gelüftet

Bauen im Bestand, Teil VI: Lüftungssysteme, die sich besonders für den nachträglichen Einbau bei der Sanierung von Wohngebäuden eignen

Abbildungen: Anterovium

Text: Oliver Solcher

Beim Einsatz von Wohnungslüftungssystemen in modernisierten Gebäuden und vor allem in vermieteten Objekten geht es oft darum, das Risiko von Feuchteschäden durch Kochen, Duschen oder Wäschetrocknen mit technischen Mitteln zu minimieren. Denn nach DIN 1946:2009-05 „Lüftung von Wohnungen“ ist der Nutzer für die Sicherstellung der Lüftung zum Feuchteschutz nicht mehr verantwortlich. Darüber hinaus kann ein Lüftungssystem Energie sparen. So lässt sich allein durch den steten Luftaustausch im Vergleich zur zweimaligen Stoßlüftung pro Tag die notwendige mittlere Lüftungsdauer zur Vermeidung von Schimmelpilz auf ein Drittel senken. Über Regelgrößen wie Feuchtigkeit und CO2 kann eine bedarfsgerechte Regelung der ausgetauschten Luft mit dem Ziel erfolgen, nur so viel zu lüften, wie gerade nötig ist. Mittels Wärmerückgewinnung oder Wärmepumpen kann zudem der Abluft Wärme entzogen und an die Zuluft oder ein anderes Medium übertragen werden. Durch integrierte Schalldämpfer oder Filter lassen sich außerdem Lärm und Schadstoffe minimieren – vorausgesetzt, diese Systeme werden so geplant, ausgeführt, gewartet und gereinigt, dass sie nicht selbst zur Störquelle werden.

Freie Lüftung über Querlüftung

Das Querlüftungssystem stellt die einfachste Form der Lüftung dar. Der Luftaustausch findet hier über Außenluftdurchlässe (ALD) statt, die in die Außenwand, den Fensterrahmen oder -flügel oder den Fensterfalz integriert werden können. Der Außenluftvolumenstrom hängt zum einen vom freien Querschnitt der jeweiligen Ausführung ab. Zum anderen wird der Luftzustrom durch die Windrichtung und -stärke sowie das Temperaturgefälle zwischen innen und außen bestimmt, da dieses Lüftungsprinzip auf den Wind- und Auftriebskräften beruht. Deshalb lässt sich nur schwer vorhersagen, wie effektiv die Lüftung tatsächlich ist.

Abbildungen: Anterovium;
Querlüftung: Dieses System ist die einfachste Form der Lüftung von Wohngebäuden. Abbildung: Reiners/Berhorst

An windigen Tagen wird das Ergebnis ein anderes sein als bei Flaute. Für die Wirksamkeit der Lüftung ist ebenso der Standort des Gebäudes entscheidend, sowohl der regionale als auch der Mikrostandort – etwa in einer umbauten Stadtlage oder an einem Berghang. Eine wirksame Querlüftung kann sich darüber hinaus nur schwer ausbilden, wenn die Wohnung einseitig dem Wind ausgesetzt ist.

Das Querlüftungssystem erfordert ebenso viele Außenluftdurchlässe auf der windab- wie auf der windzugewandten Seite, da die benötigte Außenluft aus der Windrichtung ins Gebäude einströmt und gegenüber dieselbe Menge auch wieder abströmen muss. Darüber hinaus muss der geforderte Schallschutz der Außenwand weiter eingehalten werden, denn jeder Außenluftdurchlass schwächt die Wandkonstruktion schallschutztechnisch. Diese Faktoren müssen bei der Planung berücksichtigt werden.

Bei der Modernisierung von Wohngebäuden kann mit der Querlüftung der Feuchteschutz zur Vermeidung von Schimmelpilzen sichergestellt werden. Je nach freiem Querschnitt der Lüftungseinrichtungen kann der Außenluftvolumenstrom auch etwas darüberliegen. Auf jeden Fall sollten die Außenluftdurchlässe mit Regeleinrichtungen ausgestattet sein, die in Abhängigkeit vom Winddruck den Strömungsquerschnitt verringern, um Zugluft in der Wohnung zu vermeiden.

Abluftsystem: In Gebäuden mit fensterlosen Bädern und Toiletten ist meist schon ein Abluftsystem vorhanden. Die verbrauchte Luft wird über Ventilatoren abgeführt. Abbildung: Reiners/Berhorst

Ventilatorgestützte Abluftsysteme

In Bestandswohnungen mit fensterlosen Bädern oder Toiletten sind Abluftsysteme oft schon vorhanden. Ein zentraler Ventilator auf dem Dach oder dezentrale Einzelraumventilatoren fördern hier die verbrauchte Luft ab. Da die Gebäudehülle im unsanierten Zustand nicht dicht ist, kann ausreichend Außenluft nachströmen. Sobald aber nach einer Modernisierung die Luftdichtheit hergestellt ist, wird kein ausreichender Zustrom von Außenluft über Undichtheiten mehr erfolgen. Demnach können Außenluftdurchlässe in den Wohnräumen allein für die Lüftung fensterloser Räume notwendig werden.

Abluftsysteme können jedoch mehr leisten. Wo bereits ein System vorhanden ist, empfiehlt es sich, den Aufwand für die Erweiterung auf die gesamte Wohnung zu prüfen. Sollen die vorhandenen Lüftungsschächte weiter genutzt werden, muss deren Dichtheit sichergestellt sein. Diese Schächte stellen zudem eine häufige Leckagequelle zwischen den einzelnen Wohnungen dar. Diese muss abgedichtet werden, um eine Geruchs- und Rauchübertragung auszuschließen.

Soll nur die Lüftung zum Feuchteschutz mit dem Abluftsystem abgedeckt werden, wird die Technik so verändert, dass ein steter minimaler Abluftvolumenstrom in Verbindung mit Außenluftdurchlässen für eine gleichmäßige Durchströmung aller Räume sorgt. Die bauaufsichtlich vorgeschriebenen Abluftvolumenströme müssen natürlich weiterhin eingehalten werden. Verglichen mit der Querlüftung, sind die notwendigen freien Querschnitte der Außenluftdurchlässe deutlich geringer.

Abluftsysteme lassen sich jedoch auch so ausführen, dass eine Wohnungslüftung gewährleistet wird, die eine energetische Berücksichtigung der regelungstechnisch verminderten Luftwechselrate im öffentlich-rechtlichen Nachweis erlaubt. Dazu werden Abluftvolumenstrom und freie Querschnitte der Außenluftdurchlässe an den hygienisch notwendigen Außenluftvolumenstrom angepasst. Die Abluft wird nun nicht nur in den fensterlosen Räumen, sondern überall abgefördert. Dazu sind die Volumenströme durch eine entsprechende Regeleinrichtung dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Damit Bewohner nicht individuell eingreifen, empfiehlt sich eine nutzerunabhängige, bedarfsgerechte Regelung. Sie sollte möglichst auf einer im Wohnungsbau relevanten ­Kenngröße basieren, zum Beispiel der Raumluftfeuchte. ­Außerdem ist auf den Energiebedarf der Abluftventilatoren zu achten (Hilfsenergie). Hierfür bieten sich Systeme mit ­Gleichstrommotoren an, die über Gleichdruck oder Volumenstromkonstanz regulierbar sind. Weiterhin kann geprüft werden, inwieweit die Nutzung von Abwärme, zum Beispiel zur Trinkwassererwärmung, sinnvoll ist.

Abbildungen: Reiners/Berhorst; Paul Wärmerückgewinnung
Zu- und Abluftsysteme: Je nach Anordnung des Lüftungsgerätes wird zwischen zentralen, wohnungszentralen und dezentralen Systeme unterschieden. Abbildung: Reiners/Berhorst

Systeme mit Wärmerückgewinnung

Die Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung werden je nach Anordnung des Lüftungsgerätes in zentrale, wohnungszentrale und dezentrale Systeme unterschieden. Bei zentralen Systemen sorgt ein einziges Lüftungsgerät für alle angeschlossenen Wohnungen für einen hygienischen Luftaustausch. Die Regelung der Volumenströme erfolgt jeweils in der Wohnung.

Den Anforderungen einer Bestandsmodernisierung entsprechen jedoch wohnungszentrale Systeme mehr, da sie Wohnung für Wohnung nachgerüstet werden können – zum Beispiel bei Mieterwechsel. Das Lüftungsgerät ist auf die hygienisch notwendigen Volumenströme der Wohnung ausgelegt und wird unter der Bestandsdecke in Flur, Bad oder Küche montiert. Die Luftverteilung in die Zu- und Ablufträume findet über Kanäle statt, die unter der Decke geführt werden. Die Anpassung des Volumenstroms an den Lüftungsbedarf erfolgt manuell oder über eine bedarfsgerechte Regelung. Um eine Schallübertragung in andere Räume der Wohnung über das Luftleitungsnetz zu verhindern, sind Schalldämpfer oder andere geeignete Maßnahmen einzuplanen. Gegenüber Abluftsystemen, die nur für den Transport der Abluft ein Leitungsnetz benötigen, werden hier auch Kanäle eingesetzt, um Zuluft in die Aufenthaltsräume zu transportieren. Das stellt höhere hygienische Anforderungen an das Leitungsnetz. Es muss ebenso wie das Gerät selbst gewartet und gereinigt werden können.

Wohnungszentrales Zu- und Abluftsystem: Da sich dieses System wohnungsweise nachrüsten lässt, ist es besonders für vermietete Objekte geeignet. Abbildung: Paul Wärmerückgewinnung

Dezentrale Zu- und Abluftsysteme werden in oder auf den Außenwänden der Aufenthaltsräume der Wohnung montiert. Da kein Kanalnetz notwendig ist, eignen sie sich auch gut für die Bestandsmodernisierung. Sie werden unterschieden in Systeme, die pro Gerät einen raumweisen Luftaustausch ermöglichen, und in solche, die diesen Austausch nur als Gerätepaar schaffen. Bei den paarweise arbeitenden Systemen fördert das eine Gerät Außenluft ins Gebäude, während das andere gleichzeitig die Abluft nach außen fördert. Nach einem definierten Zeitintervall wird die Strömungsrichtung der Geräte umgedreht.

Damit dezentrale Zu- und Abluftsysteme auch als Wohnungslüftungssysteme arbeiten können, sind alle Aufenthaltsräume damit auszustatten. So wird der hygienisch notwendige Volumenstrom für die gesamte Wohnung sichergestellt. Wichtig ist bei paarweise arbeitenden Geräten, dass ihr Betrieb in Küche, Bad oder Toilette nur erfolgen darf, wenn sich in jedem Raum ein Gerätepaar befindet. Damit wird die Geruchsübertragung in die Wohnräume verhindert. Dies ist auch in den bauaufsichtlichen Zulassungen dieser Geräte geregelt. Soll mit dem dezentralen Zu- und Abluftsystem nur ein Teilbereich belüftet werden, ist für den energetischen Nachweis wichtig, dass nach der DIN V 18599 gerechnet wird. Dort kann eine Zonierung der Wohnung entsprechend dem Lüftungssystem erfolgen.

Dipl.-Ing. (FH) Oliver Solcher betreibt ein Ingenieurbüro in Berlin und arbeitet in den nationalen und europäischen Gremien zur Wohnungslüftung mit.

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