Klickt euch hier durch ausgewählte Grafiken aus dem Nachwuchsreport
nexture plus e.V.
Eingangs stellt nexture+ im Nachwuchsreport Architektur 2023/24 (hier der komplette Bericht) die Frage: „Ist der Traumberuf in Gefahr?“ Denn die darin erhobenen Daten zeigen eine große Spannbreite „zwischen kreativer Erwartungshaltung und Realitätsklatsche“ auf. Das macht die Publikation, wie hier zu lesen, zur Diskussionsgrundlage am Arbeitsplatz und in der Architekturpolitik. Darüber hinaus ist der Nachwuchsreport ein Werkzeug: Er zeigt, was der Nachwuchs braucht.
Demografie: vor allem Frauen aus der Großstadt
815 Personen haben die Fragen für den Nachwuchsreport beantwortet. Die vier Disziplinen sind unterschiedlich stark vertreten, drei Viertel kommen aus der Architektur, neun und elf Prozent aus der Landschaftsarchitektur, beziehungswiese Innenarchitektur, jede zwanzigste Person aus der Stadt- und Raumplanung.
Die Studierenden wie Berufseinsteiger kommen aus allen Bundesländern und sind im Schnitt 26,5 Jahre alt. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) sind weiblich. Die meisten von ihnen arbeiten in großstädtischen Planungsbüros.
Studium: zwölf Semester bis zum Master
Im Schnitt verlängern die Studierenden ihre Ausbildung um zwei Semester, bis der Master abgeschlossen ist. Bei mehr als einem Drittel der Befragten (37 Prozent) ist das auf finanzielle Probleme zurückzuführen.
80 Prozent hatten während des Studiums nicht ausreichend Freizeit. Das mag ein Grund dafür sein, dass nur 58 Prozent erneut Architektur studieren würden. In der Landschaftsarchitektur und Innenarchitektur sowie der Stadt- und Raumplanung sind es immerhin 70 bis 78 Prozent der Studierenden. Als Gründe, das Studium nicht noch einmal anzutreten, werden im Nachwuchsreport 2023/24 vor allem hohe Kosten, Stress und Ausbeute beim anschließenden Berufseinstieg genannt.
Bewerbung: 70 Prozent bekommen ihren Job innerhalb von fünf Bewerbungen
Knapp 27 Jahre alt sind die im Nachwuchsreport Befragten am ersten Arbeitstag. Gut ein Fünftel von ihnen (21 Prozent) gehen in große Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden. Die große Mehrheit wechselt mindestens einmal das Büro: Nur acht Prozent der Befragten sind an ihrem ersten Arbeitsplatz geblieben.
Arbeitsbedingungen: Obst statt Flexibilität
Der Nachwuchsreport hält fest, worauf der Nachwuchs in der Arbeitsplatzsuche wert legt. Das Gehalt (307 Nennungen) und der Standort (390) spielen wichtige Rollen. Aber am häufigsten genannt wird das kollegiale Arbeitsumfeld (421).
Darüber hinaus schätzen die Befragten ihre Arbeitgeber besonders, wenn die persönliche Identifikation mit den Bürowerten übereinstimmt, wenn es flexible Arbeitszeiten, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und flache Hierarchien gibt. Was Arbeitgeber dagegen am häufigsten anbieten, sind kostenlose Getränke und Obst (498).
Mit 26 Urlaubstagen liegen Berufseinsteiger im Median sechs Tage über dem gesetzlichen Minimum. Ein interessanter Aspekt: je größer das Büro, desto mehr Urlaub ist drin.
Glück: mangelnde Wertschätzung
Glücklich mit ihrer Arbeit sind lediglich 56 Prozent der im Nachwuchsreport Befragten. Viele von Ihnen sehen ihre Disziplin seit dem Berufseinstieg nicht mehr als ihren Traumberuf – diese Ernüchterung erleben mit 22 Prozent vor allem die Befragten aus der Architektur.
Gründe dafür sind neben schlechten Überstundenregelungen (nahezu 80 Prozent kriegen ihre Überstunden nicht bezahlt) Mängel in Gehalt und Wertschätzung und häufig der Eindruck fehlender Führungskompetenzen der Geschäftsführung. Dazu kommen Vorfälle von Diskriminierung am Arbeitsplatz. Mit 17 Prozent zeigt sich hier ein erheblicher Teil der Befragten betroffen.
Verträge: unzulässige Klauseln
Das Arbeitsrecht ist ein weiteres Feld, in dem viele Befragte auf Missstände in der Praxis hinweisen. Ein Drittel der Teilnehmenden am Nachwuchsreport hat Formulierungen in ihrem Arbeitsvertrag, mit denen die Betroffenen sich unwohl fühlen. Dazu gehören arbeitsrechtlich unzulässige Klauseln, zum Beispiel dass nicht übers Gehalt gesprochen werden darf, Überstunden generell nicht vergütet werden und unbezahlte Überstunden gar eingefordert werden.
Gehalt: Gender-Pay-Gap von Anfang an
Das Durchschnittsgehalt liegt dem Nachwuchsreport Architektur zufolge zwischen 3.000 und 3.250 Euro brutto, je nach Abschluss. Im Werkstudium und Praktikum liegen die Stundenlöhne bei 13 bis 14 Euro, also nur knapp über dem Mindestlohn (12,41 Euro zur Zeit der Umfrage).
Doch diese Durchschnittsgehälter scheinen nicht selbstverständlich für alle zu gelten: Schon beim Berufseinstieg zeichnet sich der Gender-Pay-Gap ab. Beispielsweise verdienen Männer mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung im Schnitt 18,50 Euro und Frauen 17,30 Euro pro Stunde.
Lohntransparenz gilt als eines der effektivsten Mittel gegen den Gender-Pay-Gap, doch ganze 43 Prozent der für den Nachwuchsreport Befragten wissen nicht, was ihre Kolleginnen und Kollegen verdienen. Damit fehlt ihnen eine wichtige Verhandlungsgrundlage. Wenig überraschend also, dass 53 Prozent ihr Gehalt tatsächlich nicht verhandelt haben. Im Übrigen gilt, ähnlich wie bei den Urlaubstagen, auch beim Gehalt: je größer das Büro, desto mehr.
Ziele: 63 Prozent sehen keine guten Aufstiegschancen
Mehr als drei Viertel der frisch in den Beruf eingestiegenen spielen laut Nachwuchsreport 2023/24 mit dem Gedanken, ihren Arbeitsplatz in naher Zukunft zu wechseln. Das sollte Büroleitungen zum Handeln antreiben, sonst verlieren sie ihre Arbeitskräfte und sind nicht attraktiv für die anderen fluktuierenden Nachwuchskräfte.
Manche der Befragten werden aber nicht wechseln, sondern selbstständig. Das könnten sich etwa die Hälfte der Befragten vorstellen. 43 Prozent überlegen gar, die Branche zu wechseln.
Architektenkammern: vor allem Schlüssel zur Berufsbezeichnung
Die Architektenkammern werden von den Teilnehmenden am Nachwuchsreport insbesondere als Schlüssel zur Berufsbezeichnung gesehen. Für viele (31 Prozent) sind sie „bisher ein Mysterium“. Vielleicht sehen deshalb nur 13 Prozent die Kammern als Ort, um sich einzubringen. Recht einig ist sich der Nachwuchs hinsichtlich des Kammer-Föderalismus. 68 Prozent wünschen sich, dass die Kammern häufiger bundesweit agieren.
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