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[ Ratgeber ]

Energieeffizienz und Förderung: Gebäudeautomation wird zur Pflicht

In Zukunft wird man die Energieeffizienz von Gebäuden nur noch mithilfe der Automatisierung steigern können. Am gesetzlichen Rahmen wird bereits gearbeitet, Fördermittel gibt es aber schon jetzt

Smartphone mit Anwendungen für Gebäudeautomatisierung

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Gebäudeautomation wird zur Pflicht“ im Deutschen Architektenblatt 07.2022 erschienen.

Von Michael Krödel

Das wichtigste Rechtsinstrument in der EU zur Einsparung von Energie ist die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden EPBD (Energy Performance of Buildings Directive). Lag in der aktuell gültigen Fassung von 2018 der Fokus noch auf der Regelung und Steuerung von haustechnischen Anlagen, hat man jetzt offensichtlich einen starken Nachholbedarf in Sachen ganzheitliche Vernetzung erkannt. So soll laut dem im Dezember 2021 veröffentlichten überarbeiteten Entwurf vor allem für Nichtwohngebäude die Gebäudeautomation Pflichtbestandteil werden!

Förderprogramme begleiten den Prozess

Umgesetzt werden soll das nicht nur durch schärfere nationale Anforderungen, der Prozess wird schon heute durch Förderprogramme begleitet. Dazu müssen die Weichen allerdings frühzeitig bei jedem Projekt gestellt werden, indem die grundlegenden Anforderungen an die Gebäudeautomation von Architekten und Bauherren mitgestaltet und definiert werden. Das wiederum ist einfacher, als die meisten glauben.

Wesentliches Werkzeug zur Vorgabe der Anforderungen sowie Bewertung der Gebäudeautomation ist die DIN EN 15232. Hierzu stehen zwei Arbeitsdokumente zur Verfügung: eine vereinfachte Fassung, um die elementaren Anforderungen direkt zu Projektbeginn festzulegen, und eine erweiterte Version mit Textvorschlägen für die „Funktionalen Beschreibungen“ zur HOAI-Leistungsphase 3.

Grafik zum Zusammenhang zwischen den Vorschriften über Energieausweis für Gebäude
Abbildung 1: Zusammenhang zwischen den Vorschriften

Überblick über die gesetzlichen Anforderungen

Wesentliches Werkzeug zur Vorgabe der Anforderungen sowie zur Bewertung der Gebäudeautomation ist die DIN EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“. Der Inhalt dieser Norm findet sich größtenteils im Teil 11 der DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ wieder. Darin enthalten sind die anzuwendenden Berechnungsverfahren für Nichtwohngebäude und Wohngebäude, wobei für Letztere noch bis Ende 2023 Ausnahmen für ungekühlte Wohngebäude zulässig sind.

Die DIN V 18599 ist Bestandteil des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), worin sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die entsprechenden Berechnungsverfahren festgelegt sind. Daraus ergibt sich, dass die Gebäudeautomation den Primärenergiebedarf senken und durch die so erzielte höhere Energieeffizienz die Betriebskosten der Immobilie reduzieren kann. Dokumentiert werden die Werte dann im Energieausweis (Abb. 1).

Von Bedeutung ist in diesem Kontext vor allem auch die europäische EPBD, deren nationale Umsetzung in Deutschland mit dem GEG erfolgt. Wer sich mit der EPBD-Version von 2018 und der seit Dezember 2021 vorliegenden überarbeiteten Fassung beschäftigt, wird über die Intensität der Anforderungen an die Gebäudeautomation überrascht sein. Während die EBPD 2018 den Fokus noch explizit auf die Regelung und Steuerung der Anlagentechnik legt, soll künftig besonders für Nichtwohngebäude die Gebäudeautomation Pflichtbestandteil werden!

Diagramm zum energetischen Einsparpotenzial
Energetisches Einsparpotenzial: Wer statt der GA-Effizienzklasse C nach DIN EN 15232 auf die förderfähige GA-Effizienzklasse B umsteigt, kann die in der Grafik für unterschiedliche Nichtwohngebäude aufgeführten Einsparungen erreichen.

Zusammenhang mit GEG-Novelle 2023

Die überarbeitete EPBD-Fassung wird sich schließlich auch in der für 2023 anvisierten GEG-Novelle widerspiegeln. Mit der GEG-Novelle will man vorrangig den Primärenergiebedarf weiter senken, dessen Obergrenze sich wie üblich wieder auf ein sogenanntes Referenzgebäude beziehen wird. Während das aktuelle GEG einen Energiebedarf von lediglich 75 Prozent von diesem Referenzgebäude fordert, soll der Wert 2023 auf 55 Prozent reduziert werden. Entsprechend wird dann der Effizienzhaus-Standard 55 (EH-Standard 55) für Neubauten von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden verbindlich vorgeschrieben werden.

Hinsichtlich der Gebäudeautomation ist in der GEG-Novelle zwar kein verpflichtender Mindest-Automationsgrad geplant. Indirekt wird die Gebäudeautomation aber als Mittel zur Senkung des Primärenergiebedarfs genannt. Denn: Mit den bisherigen Maßnahmen allein ist der geplante EH-Standard 55 nämlich nicht mehr förderfähig! Somit wird die Bedeutung der Gebäudeautomation als sogenannte förderfähige „Einzelmaßnahme“ steigen.

Förderfähige Einzelmaßnahmen nach BEG

Zum 1. Januar 2021 wurde vom BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) das Förderprogramm BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude) ins Leben gerufen. Dieses umfasst auch die Förderfähigkeit von Einzelmaßnahmen der Gebäudeautomation, aber war zunächst auf Bestandsgebäude beschränkt. Seit dem 1. Juli 2021 sind ergänzend auch Kosten bei Kauf oder Neubaumaßnahmen förderfähig. Im Detail ist der förderfähige Umfang im „Infoblatt zu den förderfähigen Maßnahmen und Leistungen“ beschrieben und wird in Wohngebäude und Nichtwohngebäude unterschieden (siehe auch Info-Kasten unten).

Förderung für das Smarthome

Für Wohngebäude sei auf den Abschnitt 3.5.1 des Infoblattes verwiesen. Dort sind einige Maßnahmen des Smarthome beschrieben, die grundsätzlich förderfähig sind. Darunter fallen nicht nur

  • Smarthome-Controller sowie deren
  • Komponenten zur Raumtemperaturregelung, sondern auch
  • Komponenten zur Automation von Verschattung, Lüftung und Beleuchtung.
  • Unter anderem zählen dazu Luftqualitätssensoren, Fensterkontakte, Präsenzsensoren, Beleuchtungsaktoren.

Ergänzend sind auch die in den Abschnitten 3.5.2 (Systemtechnik), 3.5.3 (Schalttechnik, Tür- und Antriebssysteme), 3.5.4 (Elektroarbeiten) und 3.5.5 (Energiemanagement) beschriebenen Maßnahmen förderfähig.

In Bezug auf Nichtwohngebäude wird in Abschnitt 3.6 darauf hingewiesen, dass grundsätzlich alle Maßnahmen förderfähig sind, die zur „Realisierung eines Gebäudeautomatisierungsgrades von mindestens der Klasse B nach DIN V 18599-11“ führen. Anschließend sind einige Beispiele aufgeführt, aber es wird darauf hingewiesen, dass diese Auflistung nicht abschließend ist.

Arbeitsdatei zur DIN EN 15232 beziehungsweise DIN V 18599-11
Abbildung 2: Arbeitsdatei zur DIN EN 15232 beziehungsweise DIN V 18599-11.

Effizienzklassen der Gebäudeautomation

Bei der im Infoblatt genannten „Klasse B“ sowie der ebenso förderwürdigen „Klasse A“ handelt es sich um die in der DIN EN 1523 festgelegten Effizienzklassen der Gebäudeautomation. Sie werden wie folgt definiert:

  • Klasse A: hoch energieeffizientes Gebäudeautomationssystem (GA-System) und Technisches Gebäudemanagement (TGM)
  • Klasse B: erweitertes GA-System und einige spezielle TGM-Funktionen
  • Klasse C: Standard-GA-System
  • Klasse D: GA-System, das nicht energieeffizient ist

Abbildung 2 zeigt einen Ausschnitt aus einer Arbeitsdatei zur DIN EN 15232 („Arbeitsdatei“ bedeutet, dass man Textblöcke für die eigene Praxis herauskopieren kann, siehe Info-Kasten unten). Dort ist beispielhaft eine Frage zum Automationsgrad der Beleuchtung dargestellt und es werden unterschiedliche Antwortmöglichkeiten aufgeführt. Zu erkennen ist, dass zum Verständnis und zur Beantwortung kein spezielles Wissen der Gebäudeautomation erforderlich ist. Andere Fragen der DIN EN 15232 richten sich an die Kategorien Heizung, Kühlung, Lüftung, Verschattung etc. Wer weiß, was Umwälzpumpen, Heizregister oder eine Wärmerückgewinnung sind, wird diese Fragen beantworten können.

In der Arbeitsdatei ist ersichtlich, zu welcher GA-Effizienzklasse eine jeweilige Antwort führt – unterteilt in Wohngebäude (WG) und Nichtwohngebäude (NWG). Besonders hilfreich ist die rechte Spalte „Funktionale Beschreibung“. Die Texte in dieser Spalte stammen nicht aus der Norm, sondern wurden vom IGT (Institut für Gebäudetechnologie) im Laufe der Zeit und im Rahmen von vielen Projekten entwickelt. Sie können zu Beginn eines Bauvorhabens als Vorlage für die Beschreibung der Anforderungen beziehungsweise als Modernisierungsempfehlung verwendet werden.

Nun beziehen sich die förderfähigen Maßnahmen des Förderprogramms BEG auf die Klassen der DIN V 18599-11 und nicht auf die DIN EN 15232. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, dass von der DIN V 18599 nicht alle Inhalte der DIN EN 15232 übernommen wurden. Entsprechend ist in der Arbeitsdatei gemäß Abbildung 2 die GA-Effizienzklasse genau dann unterstrichen, wenn diese im Wesentlichen von der DIN V 18599 übernommen wurde – und somit im Rahmen der BEG als „förderwürdig für Nichtwohngebäude“ betrachtet werden kann. Das bedeutet:

  • Ist in der Arbeitsdatei die Angabe der GA-Effizienzklasse unterstrichen, führt die Maßnahme zu erhöhter Energieeffizienz und ist damit BEG-förderfähig.
  • Ist in der Arbeitsdatei die Angabe der GA-Effizienzklasse nicht unterstrichen, führt die Maßnahme zu einer erhöhten Energieeffizienz und ist somit womöglich trotzdem sinnvoll; in Bezug auf das BEG ist die Maßnahme allerdings nicht förderfähig
Tabelle zu den wesentlichen Anforderungen an die Gebäudeautomation zur HOAI-Leistungsphase 1
Abbildung 3: Wesentliche Anforderungen an die Gebäudeautomation zur HOAI-Leistungsphase 1

Planungshinweise und Textbausteine

Idealerweise sollte die zu erreichende GA-Effizienzklasse bereits zu Projektbeginn (HOAI- Leistungsphase 1) festgelegt werden. Das ist allerdings oft gar nicht möglich, da der Automationsgrad von Gewerk zu Gewerk unterschiedlich sein kann. In diesem Fall ist bereits in der HOAI-Leistungsphase 1 eine grobe Unterteilung vorzunehmen. Zur Beschreibung der Anforderungen entsprechend der anvisierten Effizienzklasse können die Texte der Abbildung 3 verwendet werden (siehe Info-Kasten unten).

Im weiteren Projektverlauf ist dann darauf zu achten, dass die Anforderungen an die Automation konkreter beschrieben werden. Dies sollte in Form von Funktionsbeschreibungen erfolgen, die so aussagekräftig sein müssen, dass die im Abschnitt der Förderfähigkeit ­aufgeführte Checkliste der DIN EN 15232 beantwortet werden kann. Dazu enthält die Excel-Datei in der hinteren Spalte bereits Textvorschläge, die für die „Funktionalen Beschreibungen“ übernommen werden können.

In der Baupraxis ist es in der Regel nicht üblich, dass Architekten derartig detaillierte Funktionsbeschreibungen erstellen. Der Aufwand lohnt sich jedoch für Bauherren und Architekten: Es können Fördermittel genutzt werden und außerdem stehen die Chancen gut, dass die Gebäudeautomation bei Inbetriebnahme auch funktioniert.

Michael Krödel ist Professor für Gebäudetechnik und -automation an der Hochschule Rosenheim und Leiter des Instituts für Gebäudetechnologie in Ottobrunn bei München


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Arbeitshilfen zur Gebäudeautomation

Das Institut für Gebäudetechnologie stellt weitere Informationen rund um Gebäudeautomation, Energieeffizienz und Förderungen bereit und bietet Beratung bei Planung und Ausführung an.

2 Gedanken zu „Energieeffizienz und Förderung: Gebäudeautomation wird zur Pflicht

  1. Die zusätzliche Technik verbraucht ja eigentlich erst mal zusätzliche Betriebenergie. Schade, dass der Artikel keine konkreten Aussagen macht, auf welchem Weg dies durch realisierte Einsparungen wettgemacht werden soll.

    Antworten
  2. Sicher verbraucht die Technik Energie aber die dadurch mögliche Energieeinsparung bzw. Komfortgewinn ist höher.

    Bedenken hätte ich eher wegen notwendigen Reparaturen im Alter bzw. mangelnde Kombatibilität infolge von technischen Fortschritt.

    Ob die vielen kleinen Elektromotoren in 20 Jahren noch störungsfrei ihren Dienst verrichten wage ich zu bezweifeln.

    Antworten

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