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„Architektur“ nur mit geschützter Berufsbezeichnung „Architekt“

Die Berufsbezeichnung „Architekt“ ist geschützt. Ebenso der Begriff „Architektur“, auch in Fremdsprachen. Ein aktuelles Urteil untermauert das.

 

03.01.2020 6min
Recht Berufsrecht und Versorgung Beruf

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „‚Architekturbüro‘ nur mit Architekt“ im Deutschen Architektenblatt 01.2020 erschienen.

Nicht zuletzt der Europäische Gerichtshof hat es in der Begründung seiner Entscheidung zur Europarechtswidrigkeit der Verbindlichkeit der HOAI-Honorarsätze aufgezeigt: Im Gebiet der Architektur gibt es – abgesehen von den Bereichen, für die eine Bauvorlageberechtigung erforderlich ist – kein exklusives Berufsausübungsrecht.

Jeder darf Planungsleistungen anbieten

In Deutschland darf also jeder Planungsleistungen anbieten und erbringen. Hier besteht ein Unterschied zu anderen freien Berufen, wie etwa Juristen oder Medizinern, deren Tätigkeiten nur exklusiv von ihnen ausgeführt werden dürfen. So darf nicht jeder Rechtsdienstleistungen erbringen oder Heilbehandlungen anbieten. Auf den Punkt gebracht: Der Arzt darf Gebäude entwerfen, der Architekt aber keine Operationen durchführen.

Aber nicht jeder darf die Berufsbezeichnung „Architekt“ nutzen

Für die Qualität der gebauten Umwelt ist das bedauerlich, für den Berufsstand der Planer und auch für die Auftraggeberseite bedeutet es, dass dem Berufsbezeichnungsrecht eine hohe Bedeutung zukommt. Denn immerhin ist es so, dass sich nicht jede oder jeder „Architektin“, „Landschaftsarchitekt“, „Innenarchitekt“ oder „Stadtplanerin“ nennen darf.

So darf sich ein planender Arzt – um bei dem Beispiel zu bleiben – keinesfalls „Architekt“ nennen, und ein Architekt sich nicht Stadtplaner, Innenarchitekt oder Landschaftsarchitekt, solange er nicht zusätzlich entsprechend eingetragen ist. Geschützt wird damit die jeweilige Berufsbezeichnung samt Träger, aber auch der Auftraggeber, der wegen der Kammermitgliedschaft eines Architekten darauf vertrauen kann, dass dessen Qualifizierung von der Kammer geprüft wurde und dieser besonderen Pflichten unterliegt, zum Beispiel der, sich angemessen haftpflichtzuversichern.

Urteil: Keine Werbung mit dem Begriff „Architektur“

In einem aktuellen Fall hat das Oberlandesgericht Hamm in zweiter Instanz und in Übereinstimmung mit der ersten also ganz richtig entschieden, dass die Werbung eines Bauunternehmens mit der Bezeichnung „Architektur“ irreführend, also unzulässig ist, wenn bei der Gesellschaft nicht mindestens eine Person fest arbeitet, die Architekt ist, also in die Architektenliste der zuständigen Architektenkammer eingetragen ist (Beschluss vom 27. August 2019, Az.: I-4 U 39/18; Vorinstanz: LG Arnsberg, Urteil vom 31. Januar 2019, Az.: I–8 O 95/18).

Weil das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb irreführende Werbung verbietet, muss das Bauunternehmen die Werbung mit dem Begriff „Architektur“ also zukünftig unterlassen – oder eben einen Architekten einstellen. Potenzielle Auftraggeber sollen von einem Unternehmen, das mit „Architektur“ wirbt, auch einen Architekten erwarten dürfen und werden in dieser Erwartung geschützt.

Die Klägerin hat ganz konkret folgende Darstellung bemängelt: „Architektur/Tragwerksplanung/Statik/Bauphysik – Unsere Herangehensweise (…) entspricht der ganzheitlichen Betrachtungsweise eines Bauwerkes (…). Der Vorteil für den Auftraggeber (…) liegt (…) darin, dass er in Fragen von Architektur, Planung, Tragwerksplanung, Baustatik, Bauphysik und Bauleitung einen Ansprechpartner hat, der ihm alle Fragen kompetent und ganzheitlich beantworten kann. Missverständnisse und Unstimmigkeiten zwischen Architekt und Statiker und damit kostenintensive Umplanungen (…) sind somit ausgeschlossen.“

Aus diesen Ausführungen werde deutlich, dass das Bauunternehmen auch Planungsleistungen für fremde Bauvorhaben anbietet. Potenzielle Auftraggeber dürften also irrig annehmen, dass diese Leistungen durch einen „echten“ Architekten ausgeführt werden. Das dürfe nicht sein. Wer „Architektur“ anbietet, müsse auch Architekt sein oder zumindest einen beschäftigen. Noch stringenter und überzeugender wäre die Entscheidung gewesen, wenn das Gericht nicht auf einen etwaigen Mitarbeiter, sondern auf die Inhaber des Unternehmens abgestellt hätte. Ein einzelner Mitarbeiter wird schließlich nicht Vertragspartner des Auftraggebers und kann zudem allzu leicht das Unternehmen verlassen.

Berufsbezeichnung „Architekt“ geschützt im Sinne des Wettbewerbs

Der Schutz der Berufsbezeichnungen ist gesetzliche Aufgabe der Architektenkammern. Sie können Zuwiderhandlungen mit der Verhängung von Bußgeldern als Ordnungswidrigkeiten ahnden. Wer unzulässigerweise eine geschützte Bezeichnung verwendet, handelt aber nicht nur ordnungs-, sondern auch wettbewerbswidrig. In diesem Fall war die Klägerin so auch keine Architektenkammer und auch kein mit dem Bauunternehmen konkurrierender Architekt.

Vielmehr klagte – im Einvernehmen und in Zusammenarbeit mit der zuständigen Kammer – die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs auf Unterlassung. Die Wettbewerbszentrale ist ein Verein, dessen Zweck sich am Namen ablesen lässt, und dem als klagebefugter Institution der Wirtschaft ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch zusteht. Aber auch jeder Mitbewerber, also Architekt, hätte tätig werden und das Bauunternehmen abmahnen (lassen) und verklagen können. Die Architektenkammern bieten ihren Mitgliedern zum Berufsbezeichnungsrecht Beratung und Unterstützung und werden nötigenfalls selbst tätig.

Urteil: „Dipl.-Ing. Architektur“ nur als Kammermitglied

Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg hat zum Begriff „Architektur“ in Verbindung mit dem akademischen Grad ganz ähnlich entschieden wie jetzt das Gericht in Hamm (Urteil vom 13. Oktober 1994, Az.: 3 U 141/94): „Dipl.-Ing.“ mit dem Zusatz „Architektur“ darf sich demnach nur derjenige nennen, der auch in der Kammer eingetragen ist. Die Abkürzung „Arch.“ als Zusatz ist nicht anders zu beurteilen. Diese Rechtsprechung lässt sich eins zu eins auf die neuen Grade „Bachelor“ und „Master“ übertragen.

Absolventen sollten ihren blanken akademischen Grad verwenden und Rücksprache mit der Kammer halten, ob eine Ergänzung des Studienganges in der konkreten Darstellung für zulässig erachtet wird. So duldet die Hamburgische Architektenkammer etwa die Klammerzusätze „(Fachrichtung Architektur)“ und „(Studiengang Architektur)“. Büroinhaber sollten hierauf auch bei der Darstellung ihrer Mitarbeiter achten.

Auch Wortverbindungen mit „Architektur“ und Übersetzungen sind geschützt

Auch den geschützten Berufsbezeichnungen ähnliche Begriffe und Wortverbindungen mit „Architekt“ oder „Architektur“ stehen exklusiv denjenigen zur Verfügung, die in die Architektenliste der jeweils zuständigen Architektenkammer eingetragen sind. Gleiches gilt für fremdsprachliche Übersetzungen (zum Beispiel „Architect“, „Architecture“).

Auch zum Beispiel die Begriffe „Lichtarchitektur“, „Architekturbüro“ und „Architektenvertrag“ sind für Nicht-Architekten tabu und stehen exklusiv eingetragenen Personen und Gesellschaften zur Verfügung. Gleiches gilt für Eintragungen in Branchenbüchern unter der Rubrik „Architektur“.

Der Einzelfall entscheidet über Berufsbezeichnung „Architekt“

Weil das Berufsbezeichnungsrecht allerdings Ländersache ist und die Vorgaben dazu in Nuancen variieren, bedarf es stets eines Blickes in das jeweilige Architekten- beziehungsweise Baukammergesetz und der Rücksprache mit der jeweiligen Kammer. Es kommt – wie so oft – auf den Einzelfall an, auch wenn die eingangs geschilderten Grundsätze bundesweit gelten.


Sinah Marx ist stellvertretende Geschäftsführerin und stellvertretende Justiziarin der Hamburgischen Architektenkammer.

Zwei weitere Gerichtsurteile bestätigten inzwischen die Einschätzung dieses Textes. Mehr dazu lesen Sie ebenfalls bei uns.