Auf dem Weg zur klimafreundlichen Stadt
In München wird ein Bestandsquartier aus der Nachkriegszeit in ein Klimaquartier verwandelt. Teil des Vorhabens ist ein städtebaulicher Wettbewerb, der eine Balance zwischen notwendiger Stadtreparatur, Bestandserhalt und klimatischer Ertüchtigung sucht.
Wie lassen sich bestehende Wohnquartiere klimafreundlich umgestalten? Dieser Frage geht ein Projekt in München nach: Im sogenannten Klimaquartier Ramersdorf wird eine Wohnsiedlung aus der Nachkriegszeit saniert, nachverdichtet und umgebaut. Das Vorhaben agiert an der Schnittstelle von notwendiger Stadtreparatur und klimafreundlicher Stadtentwicklung. In diesem Rahmen wird eine Siedlung im Münchner Stadtteil Ramersdorf in drei Phasen transformiert. Das Quartier wurde bis Mitte der 1960er-Jahre von Angehörigen der amerikanischen Luftwaffe bewohnt. Es weist eine 3- bis 6-geschossige Zeilenbebauung mit großzügigen Freiflächen auf. Allerdings gibt es aufgrund der ehemaligen Nutzung durch die US-Armee viele Parkplätze auf dem Areal.
Die Frage, was ein Klimaquartier eigentlich ist, schwebte über allen Entwurfsentscheidungen.
Stefan Mayerhofer
Seit 2024 wird eine energetische Bestandssanierung als erste Phase umgesetzt. In einer zweiten Phase kommen ab 2027 Aufstockungen und Anbauten hinzu. Den größten Eingriff in die Quartiersstruktur sah ein nicht offener Realisierungswettbewerb für einen Teilbereich des Areals vor, der im Juli 2025 entschieden wurde. Er bildet die dritte Phase der Quartierssanierung. Die Aufgabe beinhaltete neben der Gebäudeertüchtigung auch weitere Aufstockungen sowie Anbauten oder Ersatzneubauten. Gleichzeitig sollte aus Gründen der Stadtreparatur ein freiraumplanerisches Gesamtkonzept von den Wettbewerbsteilnehmenden entwickelt werden. Zentrales Element der Auslobung war der Entwurf für einen neuen Quartiersplatz, der als sozialer Treffpunkt für die Nachbarschaft dient. Auch Gewerbeflächen, Nahversorgungseinrichtungen, ein Quartierstreff und Kindertagesstätten sind hier vorgesehen.
Um dem Anspruch an ein Klimaquartier gerecht zu werden, sollte bei der städtebaulichen Neustrukturierung möglichst viel Gebäudebestand und Grünraum bewahrt werden. Ein Beispiel ist der alte Baumbestand, der das Quartier stark prägt. Gleichzeitig ist eine Entsiegelung der Straßen für eine bessere Wasserspeicherung geplant, die mit einem Rückbau der oberirdischen Parkplätze einhergeht. Mithilfe des neuen Mobilitätskonzepts wird der Autoverkehr reduziert. Stattdessen soll eine Mischung verschiedener Mobilitätsformen inklusive Sharing-Angebote für Pkws und Fahrräder in Kombination mit einem Mobility Hub angeboten werden. Das neue Energiekonzept sieht einen Umstieg von Erdgas auf Fernwärme vor. Zudem sollen Photovoltaikanlagen mit extensiver Dachbegrünung erneuerbare Energie erzeugen.
Wir haben die Erschließung radikal uminterpretiert. Das schafft neue Potenziale für den Freiraum und verringert gleichzeitig die Flächenversiegelung.
Stefan Mayerhofer
Der Wettbewerb für das Klimaquartier Ramersdorf gewann eine Arbeitsgemeinschaft, die aus Dressler Mayerhofer Rössler Architekten und Stadtplaner GmbH, a + p Architekten und dem Landschaftsarchitekturbüro Michellerundschalk besteht. Das Projekt soll ab 2030 umgesetzt werden. Bei ihrem Entwurf analysierten die Architektinnen und Architekten die vorhandenen Qualitäten des Quartiers, wie Stefan Mayerhofer, Partner bei Dressler Mayerhofer Rössler Architekten, erläutert: „Wir haben uns stark an der Modularität des Bestands orientiert. Es war uns außerdem wichtig, den großzügigen Freibereich des Quartiers nicht zu überformen. Deshalb haben wir uns bei den baulichen Eingriffen sehr zurückgenommen.“
Der Entwurf greift den Charakter der Zeilenbebauung auf, indem er mit verschiedenen Modulen arbeitet, die den Bestand ergänzen. Dazu zählen etwa Freiraummodule, Treppenhausmodule oder Wohnungsmodule. Das können etwa Außenbereiche sein, die mit spezifischen Nutzungen belegt werden, oder Wohngebäude mit vorgestellten Balkonzonen und Laubengängen. Zudem sieht der Entwurf Aufstockungen von drei auf fünf Etagen als Holzkonstruktion vor. Die angedachten Maßnahmen folgen der seriellen Logik der Bebauung und sollen ein einheitliches Erscheinungsbild erzeugen. Auch eine Fassadenbegrünung und PV-Fassaden sind angedacht. Trotz der hohen Bestandsbewahrung sollen etwa 15 Prozent der Gebäude rückgebaut werden. Sie grenzen an den neuen Quartiersplatz an, wo stattdessen fünf Holzgebäude mit bis zu sieben Geschossen geplant sind. Die Architektinnen und Architekten schlagen außerdem vor, eine bestehende Ringstraße in Grünraum umzuwandeln, wie Mayerhofer sagt: „Wir haben die Erschließung radikal uminterpretiert. Das schafft neue Potenziale für den Freiraum und verringert gleichzeitig die Flächenversiegelung. Die Frage, was ein Klimaquartier eigentlich ist, schwebte über allen Entwurfsentscheidungen. Wir haben versucht, mit einem hohen Bestandserhalt, verbesserten Freiflächen, dem Verzicht auf eine Tiefgarage und einer effizienten Sanierungsstrategie in Form von Modulbausteinen darauf zu antworten.“