Wenn wir konsequent nach dem Schwammstadtprinzip bauen, wird unser Stadtbild ästhetisch ansprechender und unsere Städte sind besser gewappnet für Starkregenereignisse.
Luisa Richter-Wolf
Das Thema dieser Kolumne ergibt sich aus gegebenem politischen Anlass und weil bei meiner vorigen Kolumne über Sh*tscapes die Frage aufkam: Wir können zwar immer konkret sagen, was wir nicht gut finden, aber was mögen wir denn? Ich möchte – auch als Tochter – die Frage beantworten: Was wünsche ich mir für unser Stadtbild (von der Landschaftsarchitektur)?
Wenn ich an das „deutsche Stadtbild“ denke, fallen mir in erster Linie hässliche Gebäude mit verfärbten Fassaden, sehr breite Straßen mit vollgeparkten Rändern, kränkelnde Straßenbäume sowie zu enge Bürgersteige und Radwege ein.
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Wünsche an Architektur und Stadtplanung
Ich habe also zuerst einige Wünsche an Planende aus der Architektur: Bitte baut für uns alle so, dass wir uns in unseren Städten wohlfühlen. Einzelne Städte sollten individuelle Gesichter haben, nicht jedes Neubaugebiet gleich aussehen. Nutzt innovative Materialen. Lasst uns stolz darauf sein können, was wir für besondere Gebäude in unseren Städten haben. Als eine, die nicht in jedem Haus leben kann, möchte ich an jedem Haus Details sehen, die mich ansprechen, mich faszinieren und die ein ästhetisches Stadtbild ergeben.
Weitere Wünsche gehen an die Stadtplanung: Baut unterschiedliche Straßentypen. Natürlich brauchen wir Hauptstraßen und Versorgungswege für unser aller Wohl. Doch vor allem wünsche ich mir für unser Stadtbild breite grüne Pufferzonen zu angrenzenden Häusern mit breiten, sicheren Radwegen. Oder Nebenstraßen, die zu Fahrradstraßen umgebaut werden, um Autos und Radverkehr zu trennen.
Ich wünsche mir, dass alle Straßen nach dem Schwammstadtprinzip gebaut werden. Dass dies unsere „normale Art des Straßenbaus“ ist. Ich wünsche mir ruhige Spielstraßen unter grünen Blätterdächern in Wohngebieten, Straßen als Nachbarschaftstreff und nicht als Parkplatz.

Der Karen Blixens Plads an der Universität Kopenhagen hat eine ausgefallene Entwurfsidee: Nahezu unsichtbar überdacht er die Fahrradständer. Der Platz ist sozialer Treffpunkt und öffnet sich in die Landschaft.
Luisa Richter-Wolf
Wünsche an die Landschaftsarchitektur
Auch an die Landschaftsarchitektur hätte ich Wünsche: Lasst uns laut sein! Wir haben die Lösungen für so viele Probleme im Stadtbild! Lasst uns für diese kämpfen, damit wir in Zukunft alle täglich ein ästhetisches, grünes Stadtbild erleben dürfen. Ich wünsche mir, dass wir für ein besseres Stadtbild mehr gesunde Stadtbäume pflanzen.
Lasst uns Fassaden begrünen. Die richtigen Pflanzen sollen mit den richtigen Systemen an einem passenden Standort gedeihen. Lasst uns Dächer begrünen – und zwar so, dass sie schöne Aufenthaltsorte für Menschen und Lebensräume für Tiere werden. Lasst uns die Straßen beleben, die Bahnhofsvorplätze begrünen.
Ein erstrebenswertes Stadtbild bietet abwechslungsreiche Aufenthaltsorte, mit schattigen Plätzen im Sommer, demokratiefördernden Angeboten und Spielmöglichkeiten – auch für Erwachsene. Lasst uns abwechslungsreiche und ausgefallene Pflanzenverwendung in unsere Freiräume bringen. Lasst uns für ausgefallene Landschaftsarchitekturprojekte kämpfen. Orte, die man so noch nicht gesehen hat. Lasst uns unsere Geschichte wahren, daraus lernen und unsere historischen Orte für die Zukunft anpassen.

Landschaftsarchitektur kann Gemeinschaft stärken, etwa mit kleinen Bühnen auf denen Menschen Poetry Slams, Theaterstücke oder Vorträge zu demokratischen Themen veranstalten, hier auf Little Island in Manhattan.
Luisa Richter-Wolf
Das ideale Stadtbild ist grün und macht neugierig
Ich wünsche mir ein Stadtbild mit Freiräumen, an denen sich Menschen sicher fühlen, wo sie Ruhe sowie Möglichkeiten für Sport und Spiel finden. Wenn ich mit dem Träumen so richtig anfange, dann vermitteln wir ihnen mit unseren Planungen etwas über Freiräume: Wie heißt eigentlich der Baum, unter dem ich am liebsten den Schatten genieße? Warum ist das Beet so tief und wenn es regnet, steht darin Wasser? Und wer hat das eigentlich geplant?
Lasst uns Kunst in den Freiraum bringen und damit auch außerhalb unserer Disziplin Menschen an der kulturellen Bildung teilhaben lassen. Lasst uns Urban-Gardening-Projekte in unser Stadtbild integrieren, damit Menschen sich erden, ihre Mitmenschen aus ihrer Nachbarschaft kennen lernen und gemeinsam das angebaute Gemüse bei Nachbarschaftsfesten genießen. Lasst uns Materialien wiederverwenden, damit wir mit unserer Erde schonend umgehen und Dinge, die noch ein langes Leben vor sich haben, nicht wegschmeißen.
Eine Selbstverpflichtung
Lasst uns unsere Arbeit gut machen, unsere Ausführung und die Details hochwertig sein. Lasst uns Pflege von Anfang an mit einplanen und einfordern, damit unsere Freiräume für viele Menschen langfristig Orte des Zusammenkommens werden. Lasst uns alle Bevölkerungsgruppen in unserer Planung berücksichtigen, damit sich alle Menschen in unserem Stadtbild sicher fühlen.
Das wünsch ich mir für unser Stadtbild – als Tochter und angehende Landschaftsarchitektin.
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Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.






