Keine bodentiefen Fenster
Der Deutsche Architekturpreis 2025 für „Franklin Village“ ist auch eine Auszeichnung für den in Baden-Württemberg gepushten Holzbau.
Kopenhagen-Feeling in Mannheim: „Hier gibt es kaum bodentiefe, dafür umso mehr quadratische Fenster, und alle haben sie eine höchst ungewöhnliche Fensterbank: kniehoch und sehr tief, wirklich eine Bank. Wie von selbst lässt man sich nieder: um in Ruhe zu lesen oder auch nur, weil ja auf dem Sofa schon der Hund liegt.“ Während in den üblichen Neubauvierteln immer noch für die Vater-Mutter-Kind-Familie geplant werde, hätten die Architekten des Berliner Büros Sauerbruch Hutton mit dem Mehrgenerationen-Wohnquartier in Holzhybridbauweise auf dem namensgebenden, ehemaligen US-Militärgelände eine erstaunliche Vielfalt variantenreicher Grundrisse entwickelt, von Einzimmerwohnungen für Singles bis zu Cluster-Apartments mit fünf, sechs Räumen, in denen Menschen mit Assistenzbedarf zusammenleben. So schreibt die „Zeit“.
10.000 Menschen
werden im neuen Stadtteil „Franklin Village“ in Mannheim wohnen – die Revitalisierung eines der größten ehemaligen Wohngebiete der in Europa stationierten US-Streitkräfte.
Die Jury des Deutschen Architekturpreises 2025 war angetan von der Verweilqualität der Plätze zwischen den Gebäuden, die Bewohner wie Passanten gleichermaßen einlade. Zusätzlich bilde ein Quartiersforum als „erweitertes Wohnzimmer“ den sozialen Mittelpunkt des Projekts – mit Lounge, Co-Working und Multifunktionsraum. Hervorgehoben wird die beispielhafte Nachverdichtung, die inklusive Dimension, das soziale Miteinander. Es ist der Beleg, dass sich bezahlbarer Mietwohnungsbau und architektonischer Anspruch verbinden lassen. Davon konnte sich die interessierte Öffentlichkeit am Tag der Architektur 2025 einen eigenen Eindruck verschaffen. Die AKBW-Kammergruppe Mannheim bot eine Tour „hinter die Kulissen“ des Franklin Village in Mannheim an. Projektverantwortliche des Berliner Büros Sauerbruch Hutton und Ehrenamtliche der Kammer erläuterten Anforderungen und Bedingungen sowie die dahinterstehende Entwurfsidee.
Der Deutsche Architekturpreis für das Franklin Village ist auch ein Preis für den Baustoff Holz. Das Land Baden-Württemberg und die EU förderten das 27-Millionen-Vorhaben durch das „Holz Innovativ Programm“ mit rund 500.000 Euro. Auch die „Holzbauoffensive“ des Landes, die von einer Fortbildungskooperation mit der Architektenkammer BW begleitet wird, behandelte das Franklin Village als vorbildhaftes Anschauungsprojekt, das zeige, „wie die dringend notwendige Bauwende gelingen kann“, so Minister Peter Hauk. Als eines der ersten größeren sozialräumlich und ökologisch entwickelten Wohnprojekte in Deutschland verbinde es die Aspekte einer zukunftsweisenden gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit im Wohnungsbau.
„Architektonisch überzeugt Franklin Village durch eine klare, unaufgeregte Sprache und kompromisslose Qualität im Holzbau“, so die DAP-Jury. „Die räumlichen Lösungen zeigen eindrucksvoll, wie Nachhaltigkeit und Gestaltung Hand in Hand gehen können.“ Franklin Village sei „mehr als ein Wohnbauprojekt – es ist ein Statement für eine zukunftsfähige Stadtgesellschaft: vielfältig, nachhaltig, schön.“ Und dies, obwohl die Konstruktion der von Plattenbauten ähnelt. Sauerbruch Hutton plante mit kostenminimierenden Holzfertigteilen. „Wir bauen seriell und es wäre unheimlich blöd, es nicht zu tun. Es ist einfach eine sehr gute Bauweise. Der Prozess geht schneller, man hat saubere Baustellen“, sagte Vera Hartmann von Sauerbruch Hutton im AKBW-Interview. Schon vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sei dies ein Stück weit die Zukunft. Aber: „Das heißt nicht, dass die Architektur nicht individuell sein kann.“