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Thüringer Baupaket: 22 Maßnahmen für schnelleres und einfacheres Bauen

Mit dem Thüringer Baupaket will das Ministerium für Digitales und Infrastruktur Bauprozesse beschleunigen, Bürokratie abbauen und die Bauwirtschaft im Freistaat nachhaltig stärken.

LAK Thüringen
22.12.2025
Wirtschaft Bezahlbarer Wohnungsbau Thüringen
Person steht an einem Rednerpult mit dem Schriftzug 'Freistaat Thüringen' vor blauem Hintergrund und einem Bildschirm, der ein historisches Gebäude zeigt.
Ines M. Jauck, Präsidentin der Architektenkammer Thüringen © B. Schmidt, TMDI

Die Thüringer Bauwirtschaft steht vor erheblichen strukturellen und konjunkturellen Herausforderungen. Fachkräftemangel, steigende Baupreise, komplexe Genehmigungsverfahren und eine stockende Auftragslage bremsen die Entwicklung. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Baupreisindizes seit 2020 bei Wohngebäuden und im Straßenbau um rund 70 Prozent gestiegen. Diese Dynamik wirkt sich auf Wohnungsbauprojekte ebenso aus wie auf die öffentliche Infrastruktur.

Minister Steffen Schütz betonte bei der Vorstellung des Thüringer Baupakets am 25. November 2025, dass konkrete Schritte erforderlich seien, um die Prozesse im Bauwesen zu beschleunigen und Kosten zu senken. Ziel sei es, die Leistungsfähigkeit der Branche zu sichern und sowohl den Straßen- als auch den Wohnungsbau zu stärken.

22 Maßnahmen für schnellere Verfahren und weniger Bürokratie

Das Thüringer Baupaket umfasst insgesamt 22 Maßnahmen, die gemeinsam mit den Verbänden und Kammern des Bau- und Wohnungssektors entwickelt wurden. Der Schwerpunkt liegt auf der Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungs-, Planungs- und Vergabeprozessen. Ein zentrales Element ist die flächendeckende Einführung des digitalen Bauantrags bis Ende 2026. Dadurch sollen Genehmigungen effizienter und transparenter werden, da alle Fachämter parallel beteiligt werden können. Das Verfahren erfordert jedoch Anpassungen in den kommunalen Verwaltungen, etwa bei Software und Personalqualifizierung.

Weitere Maßnahmen zielen auf die Modernisierung der Vergabepraxis: Regeln sollen überprüft, standardisiert und vereinfacht werden. Wo möglich, sollen Direktaufträge und beschleunigte Vergabeverfahren genutzt werden. Zudem wird die Möglichkeit von Interimsvergaben und Verhandlungsvergaben ausgeweitet, um Zeitverluste nach Aufhebungen oder Kündigungen zu vermeiden.

Zwei Personen stehen an einem Rednerpult mit dem Schriftzug 'Freistaat Thüringen' vor einer blauen Wand mit dem Schriftzug 'thueringen.de'. Neben ihnen ist ein Bildschirm mit einem Bild eines Gebäudes und dem Text 'Regierungsmedienkonferenz der Thüringer Staatskanzlei'.
Kammerpräsidentin Ines M. Jauck und Marco Auth, Vizepräsident des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen e.V. © B. Schmidt, TMDI

Beschleunigung von Planungs- und Bauprozessen

Um Planungen effizienter zu gestalten, sieht das Paket Änderungen im Thüringer Straßengesetz vor. Künftig soll die Planfeststellungspflicht bei Ersatzneubauten von Brücken entfallen. Damit können Erhaltungsmaßnahmen und Modernisierungen schneller umgesetzt werden.

Die Thüringer Straßenbauverwaltung plant für 2026 ein Pilotprojekt zu funktionalen Ausschreibungen. Ziel ist es, Verfahren in der Straßenerhaltung zu vereinfachen und stärker auf Ergebnisorientierung auszurichten. Auch im staatlichen Hochbau werden Wertgrenzen für kleinere Maßnahmen erhöht, um Entscheidungen zu beschleunigen.

Erleichterungen für Umbauten und Aufstockungen

Mit einer geplanten Umbauordnung will das Land zudem Umbauten und Aufstockungen erleichtern. Damit können Bestandsgebäude flexibler genutzt und an aktuelle Bedarfe angepasst werden.

Ergänzend wird die Verfahrensfreiheit für bauliche Nebenanlagen – wie mobile Geflügelställe, Ladesäulen oder Wasserstoff-Elektrolyseure – erweitert. Dies soll insbesondere für mittelständische und landwirtschaftliche Betriebe administrative Hürden senken. 

Sozialer Wohnungsbau und Förderung des Eigenheims

Das Thüringer Baupaket beinhaltet auch Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Ab Anfang 2026 soll eine neue Richtlinie mit vereinfachten Baustandards und Verfahrensabläufen in Kraft treten. Sie soll eine kosteneffiziente und schnellere Realisierung von Projekten ermöglichen.

Darüber hinaus werden barrierefreie Anforderungen künftig bedarfsgerecht angepasst, um Planungs- und Baukosten zu senken, ohne den Inklusionsgedanken zu gefährden. Für private Bauherren sieht das Land eine Ausweitung der Förderung selbst genutzten Wohnraums über zinsgünstige Darlehen der Thüringer Aufbaubank (TAB) vor. 

Fünf Personen stehen an Rednerpulten mit dem Schriftzug 'Freistaat Thüringen' vor einer blauen Wand mit Wappen und Schriftzug 'thueringen'.
Kammerpräsidentin Ines M. Jauck (Mitte) anlässlich des Pressegesprächs zum Thüringer Baupaket mit Minister Steffen Schütz (2. vv. l.) © AKT

Stärkung der Fachkräftebasis und der Vergabestrukturen

Ein weiteres Handlungsfeld betrifft die Sicherung der Fachkräftebasis. Verbände und Landesregierung wollen gemeinsam eine Fachkräfte-Offensive starten, um die Attraktivität von Bauberufen zu erhöhen. Gleichzeitig wird geprüft, die Vergabekammer personell zu verstärken, um Entscheidungen in Beschwerdeverfahren zu beschleunigen und rechtliche Planungssicherheit zu gewährleisten.

Positive Resonanz aus der Branche

Die Reaktionen aus den Kammern und Verbänden fallen überwiegend positiv aus.
Ines M. Jauck, Präsidentin der Architektenkammer Thüringen, hob hervor, dass die enge Einbindung der Fachverbände bei der Erarbeitung des Pakets entscheidend sei. Insbesondere der digitale Bauantrag könne zu spürbaren Zeitgewinnen führen, wenn die kommunalen Systeme rechtzeitig umgestellt werden.

Frank Emrich, Verbandsdirektor des Verbands Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V., begrüßte die konsequente Ausrichtung auf landeseigene Handlungsspielräume. Die geplante Genehmigungsfiktion und die Umbauordnung setzten genau dort an, wo Verfahren bislang unnötig gebremst würden.

Auch Marco Auth, Vizepräsident des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen e.V., bewertete das Baupaket als wichtigen Impuls: Die Maßnahmen seien überfällig, um die Baukonjunktur anzukurbeln und den Investitionsstau aufzulösen. 

Umsetzung und Ausblick

Mit dem Thüringer Baupaket legt das Ministerium für Digitales und Infrastruktur den Grundstein für eine umfassende Modernisierung der baurechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen im Freistaat. Die enge Kooperation zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft soll sicherstellen, dass die Maßnahmen nicht nur konzipiert, sondern auch nachhaltig umgesetzt werden.

Das Thüringer Baupaket setzt ein deutliches Signal für eine zukunftsfähige Bauwirtschaft. Mit 22 abgestimmten Maßnahmen will das Land Genehmigungsprozesse vereinfachen, Bürokratie reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche stärken. Entscheidend für den Erfolg wird sein, dass die vorgesehenen digitalen und administrativen Reformen konsequent umgesetzt und von den Kommunen aktiv getragen werden.


Die vollständige Übersicht der 22 Maßnahmen ist auf der Website des Thüringer Ministeriums für Digitales und Infrastruktur abrufbar: 

Thüringer Baupaket

LAK Thüringen

Team Presse- und Öffentlichkeitsarbeit