Der Brandschutznachweis für Stahlmodule ist bisher nicht geregelt. Mit Brandversuchen erbrachten Forscher der RWTH Aachen den Nachweis sicherer Raumabschlüsse und entwarfen eine Richtlinie und Konstruktionsdetails.
Abb 1: Aufbau für Großbrandversuch: Außenansicht im Realmaßstab einschließlich Belastungsmodul mit Kiesschüttung. Für die insgesamt sieben Großbrandversuche wurden sichere, robuste und seit langem bewährte Ausführungsvarianten gewählt. CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH
Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Brandschutz bei Stahlmodulbauweise“ im Deutschen Architektenblatt 10.2025 erschienen.
In den vergangenen Jahren konnte ein stetig wachsendes Interesse an vorgefertigten Bauweisen beobachtet werden. Besonders das modulare Bauen mit Raumzellen verzeichnete dabei hohe Zuwachsraten. Durch die Planungssicherheit in Kombination mit einer hohen Planungstiefe und der werkseitigen Vorfertigung können die Risiken im Vergleich zum konventionellen Bauen minimiert werden. Dadurch ergeben sich eine verbesserte Qualität, Kosten- und Ressourceneffizienz sowie beschleunigte Bauzeiten auf der Baustelle.
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Probleme bei Genehmigungsverfahren
Modulare Gebäude müssen baurechtlich die gleichen Anforderungen erfüllen wie konventionelle Bauweisen. Für den Nachweis raumabschließender Eigenschaften von Bauteilen im Stahlraumzellenbau existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch weder für das Bauprodukt Raumzelle noch für die Bauart Stahlraumzellenbau technische Baubestimmungen.
Daher ist derzeit für die Raumzellen als Bauprodukte ein Nachweis der Verwendbarkeit gemäß § 17 MBO und für das Raumzellengebäude ein Nachweis der Anwendbarkeit gemäß § 16a MBO für die Errichtung von raumabschließenden Bauteilen erforderlich. Der Nachweis des Feuerwiderstandes der tragenden und aussteifenden Bauteile kann beim Stahlraumzellenbau in der Regel über den Eurocode als eingeführte Technische Baubestimmung erfolgen.
Brandschutznachweis erforderlich
Der Fokus aktueller Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf diesem Gebiet liegt auf den Nachweis von Brandschutzeigenschaften, insbesondere beim Raumabschluss und bei der Plattenintegrität zum Schutz der Stahltragkonstruktion. Die Plattenintegrität beschreibt die Fähigkeit der Plattenbekleidung, den Raumabschluss sicherzustellen, oder anders gesagt, den Durchtritt von Flammen und Rauch zu verhindern. Der Feuerwiderstand spielt eine wichtige Rolle, da er sowohl die Sicherheit der Gebäudenutzer als auch die Integrität der Gebäudestruktur betrifft. Die Gewährleistung der Gebäudesicherheit im Brandfall ist eine komplexe Herausforderung, die das Brandverhalten der einzelnen Baustoffe, die Auswirkungen des Feuers auf die tragenden und aussteifenden Bauteile sowie eine mögliche Ausbreitung des Brands betrifft.
Aktuell arbeitet eine Arbeitsgruppe aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung im Center Building and Infrastructure Engineering an einem Entwurf für eine Richtlinie zum Nachweis der Feuerwiderstandsfähigkeit von Raumzellengebäuden. Ziel ist es, robuste und nachvollziehbare Standards bereitzustellen. Die Grundlage bilden die Ergebnisse einer Serie von Großbrandversuchen im Realmaßstab, die beim Materialprüfungsamt in Nordrhein-Westfalen durchgeführt und vom Land Nordrhein-Westfalen sowie den beteiligten Herstellern finanziert wurden.
Abb. 2: Nachweis feuerhemmende Ausführung: Übersicht der Bauteile und Anschlussdetails, die im Richtlinienentwurf geregelt werden. Vertikalschnitt durch ein Gebäude aus 3 x 3 Raumzellen. CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH
Großbrandversuche an Raumzellen
Die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Durchführung von Großbrandversuchen von Raumzellen unter ETK-Bedingungen zum Nachweis des Raumabschlusses“ ist von entscheidender Bedeutung bei der Erarbeitung eines Richtlinienentwurfs. Erst durch die Kombination aus Versuchskonzeption (Abb. 1), erfolgreicher Durchführung und anschließender Analyse der Versuchsergebnisse kann eine fundierte Einschätzung der aktuellen Leistungsfähigkeit von Raumzellen in Bezug auf den Feuerwiderstand erfolgen.
Im Rahmen der Versuchsserie mit insgesamt sieben Großbrandprüfungen wurden unterschiedliche Aufbauten untersucht. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der brandschutztechnisch wirksamen Plattenbekleidungen und deren Befestigungen bis hin zu den Auswirkungen von im Brandfall auftretenden Verformungen auf die Bauteile und Anschlüsse infolge äußerer Lasten und potenzieller Vorverformungen. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf dem Nachweis des Raumabschlusses und der Plattenintegrität der Bauteile (Wand, Decke, Boden) und deren Bauteilanschlüsse untereinander. Ausgangspunkt für die untersuchten Konstruktionsdetails waren sichere, robuste und seit Langem bewährte Ausführungsvarianten wie nach DIN 4102-4 und DIN 18183-1. Die untersuchten und nachweislich wirksamen Bauteilaufbauten und Anschlussdetails fließen direkt in den Richtlinienentwurf ein und bilden die Grundlage für brandschutztechnische Bewertungen und Nachweise.
Die Brandbelastung im Inneren der Raumzelle wurde mit Gasbrennern eingebracht und entsprach der Einheitstemperaturzeitkurve (ETK, DIN EN 1363-1). Um eine praxisnahe Prüfung sicherzustellen, wurden vor der eigentlichen Brandprüfung Verformungen durch ein Belastungsmodul eingebracht, die einem dreigeschossigen Aufbau entsprachen. Zur Erfassung der Temperaturentwicklung wurden an relevanten Stellen insgesamt rund 150 Thermoelemente angeordnet. Die Temperaturmessungen erfolgten sowohl an den Trockenbaukonstruktionen als auch an der Stahltragkonstruktion. Zusätzlich konnte mit speziellen Kameras das Innere der Raumzellen während der Brandprüfung beobachtet werden, wodurch ebenfalls eine visuelle Begutachtung möglich war.
Abb. 3: Beispiel eines von vielen Konstruktionsdetails: Prinzipskizze einer raumabschließenden Innenwand für EI30 mit den wichtigsten Angaben über den symmetrischen Schichtaubau. CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH
Großbrandversuche führten zu Richtlinienentwurf
Im Rahmen der durchgeführten Versuche konnte die feuerhemmende Ausführung der in Abbildung 2 dargestellten Bauteile und Bauteilanschlüsse (Pos. 1 bis Pos. 8) nachgewiesen werden. Dies war entscheidend für die Festlegung der Richtlinieninhalte, um sicherzustellen, dass diese die tatsächlichen Leistungsgrenzen von Raumzellengebäuden realitätsgetreu abbilden.
Die bei der gemeinsamen Erarbeitung zugrunde gelegten Leitprinzipien des Richtlinienentwurfs lassen sich als Symbiose aus praxisgerechter Anwendung und konservativer Auslegung beschreiben. Auf diese Weise konnte erstmals eine praktikable Lösung für den Nachweis brandschutztechnischer Eigenschaften von Gebäuden aus Stahlraumzellen geschaffen werden, die sich durch ein hohes Maß an Sicherheit auszeichnet. Dieses hohe Maß an Sicherheit kann jedoch zurzeit nur durch eine konservative Auslegung der in den Versuchen getesteten Konstruktionen erreicht werden. Die Verwendung durchweg geregelter und gängiger Materialien für Ständerwerk, Plattenbekleidung und Dämmung sowie die gewählten Aufbauten der Bauteile (zweilagige Beplankung der Wände und Decken) und Ausführungen der Details (mit Stufenversatz und stumpfgestoßen) ließen bereits im Vorfeld eine robuste Versuchsdurchführung mit belastbaren Ergebnissen erwarten.
Das Ziel der praxisgerechten Anwendung wird dadurch erreicht, dass die Richtlinieninhalte an die realen Bedingungen und Herausforderungen, die sich bei der Konstruktion und der Anwendung von Raumzellengebäuden ergeben, angepasst sind. Mit den Konstruktionsdetails für die einzelnen Bauteile sowie deren Anschlüsse (siehe Abb. 2) werden praktikable Anleitungen zur Verfügung stehen, wie brandschutztechnisch wirksame Konstruktionen zu planen und auszuführen sind. Wie in Abbildung 3 exemplarisch dargestellt, werden Prinzipskizzen bereitgestellt, die alle relevanten Angaben zur Planung und Ausführung enthalten. Durch verschiedene Varianten und Alternativen bei der Ausführung der Anschlussdetails ist ein gewisses Maß an Flexibilität vorhanden, um wechselnden Anforderungen verschiedener Bauvorhaben und Unterschieden in den herstellereigenen Konstruktionen gerecht zu werden. Der finale Richtlinienentwurf, der bereits verschiedenen Fachgruppen (z. B. oberste Bauaufsichten, Hersteller, Prüfingenieure, Hochschulen, PÜZ-Stellen) zur Kommentierung bereitgestellt wurde, konzentriert sich zunächst auf die feuerhemmende Ausführung der Bauteile und Anschlüsse.
Fazit und Ausblick
Der Richtlinienentwurf hat das Ziel, das Vertrauen aller am Bau Beteiligten in das Bauen mit Stahlraumzellen durch die Festlegung konkreter und umfassender Konstruktionsdetails zum Nachweis brandschutztechnischer Eigenschaften, wie dem Raumabschluss und der Plattenintegrität zum Schutz der Stahltragkonstruktion, weiter zu vertiefen. Die zugehörigen Leitlinien für deren Umsetzung stärken die Bauweise als sichere und zuverlässige Option für eine Vielzahl verschiedener Anwendungen.
Die ganzheitlichen Brandprüfungen der Raumzellen bilden eine zuverlässige Datengrundlage, die die Richtlinieninhalte beziehungsweise den Nachweis des Feuerwiderstands von Stahlraumzellengebäuden untermauert. Neben den Erkenntnissen der Versuche flossen auch die langjährigen Praxiserfahrungen von Architekten, Ingenieuren und Brandschutzexperten ein. Nach der bauaufsichtlichen Einführung der Richtlinie werden Unsicherheiten bei der bauwerksbezogenen Nachweisführung beseitigt, sodass alle am Bau Beteiligten unmittelbar davon profitieren. Angesichts des breiten fachlichen Konsenses und des hohen praktischen Nutzens wird eine zeitnahe Einführung von allen Beteiligten ausdrücklich begrüßt und als dringend erforderlich erachtet.
Die aktuelle Entwurfsfassung der Richtlinie spiegelt den derzeitigen Stand der Technik und Wissenschaft wider und ist dennoch so konzipiert, dass Änderungen und Verbesserungen, die sich aus neuen Erkenntnissen und der Arbeit mit der Richtlinie ergeben, jederzeit ergänzt werden können.
Aktuell laufen die Planungen für weitere Großbrandversuche an hoch feuerhemmenden und feuerbeständigen Konstruktionen. Eine zukünftige Ergänzung der Richtlinie um brandschutztechnisch wirksame Details für diese Konstruktionen sorgt für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie.
Andreas Plum ist Prüfingenieur für Brandschutz, Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes und geschäftsführender Gesellschafter der BFT Cognos GmbH in Aachen.
Leitfaden zum Brandschutz im Modulbau
Der „Praxisleitfaden zu Anforderungen an Bauteile von Raumzellengebäuden als Stahltragkonstruktion aus Gründen des Brandschutzes“ erläutert die allgemeinen brandschutztechnischen Anforderungen an Bauteile von Raumzellengebäuden und gibt Hinweise zu geeigneten Nachweisverfahren, mit denen die Erfüllung dieser Anforderungen belegt werden kann.
Entwickelt wurde der Praxisleitfaden von einem Netzwerk aus Wissenschaftlern, Sachverständigen, Modulbauern und dem Bauministerium Nordrhein-Westfalen. Inhalte sind unter anderem die Definition von Begrifflichkeiten sowie die Anforderungen und die Darstellung alternativer Nachweisansätze auf Basis der Bauordnung für Nordrhein-Westfalen. Außerdem werden die Nachweisformen im Hinblick auf ihre Verwendbarkeit und Anwendbarkeit auf nationaler und europäischer Ebene aufgelistet und evaluiert. Der Leitfaden als PDF steht hier zum Download bereit.