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[ FAQ ]

Senkung der Mehrwertsteuer auch bei Architektenverträgen

Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer ist einmalig und wirft Fragen auf. Jedenfalls betrifft sie auch Architekten. Die Architektenkammern antworten

Sie finden alle Hinweise rund um Corona und die Mehrwertsteuer auch stets aktualisiert auf der Website der BAK, dort auch einen Hinweiserlass des BMI zur Umsatzsteuersenkung für Bau- und Planungsbeteiligte vom 29.06.2020.

Bundesarchitektenkammer, aktualisierte Fassung vom 29.07.2020

Das „Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise“ ist am 1.7.2020 in Kraft getreten. Die aufgrund der Corona-Pandemie geschwächte Kaufkraft soll dadurch gestärkt und Unternehmen mit gezielten Maßnahmen unterstützt werden. Teil des Maßnahmenpakets ist die befristete Senkung der Umsatzsteuersätze vom 1.7. bis zum 31.12.2020. Der Steuersatz sinkt in diesem Zeitraum von 19 auf 16 Prozent, und der ermäßigte Steuersatz von sieben auf fünf Prozent.

Die Senkung der Mehrwertsteuer ist einmalig

Die Änderung bei den Umsatzsteuersätzen ist in mehrfacher Hinsicht einmalig: Zum ersten Mal seit Einführung des heute gültigen Umsatzsteuersystems kommt es zu einer Absenkung des Umsatzsteuersatzes. Einmalig ist zudem, dass eine Änderung des Steuersatzes bei der Umsatzsteuer nur für eine kurze Zeit Anwendung finden soll. Dies führt dazu, dass es an entsprechenden Hinweisen und Vorgaben aus der Vergangenheit mangelt.

Die Antworten können aufgrund der unklaren Rechtslage lediglich als unverbindliche Hinweise angesehen werden, für die keine Haftung und Gewähr übernommen wird. Sie können keine individuelle steuerrechtliche Beratung ersetzen, die Sie bei Ihrem Steuerberater erhalten. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach Inkrafttreten voraussichtlich Hinweisschreiben der oberen Finanzbehörden, des Bundesministeriums der Finanzen und Gerichtsentscheidungen veröffentlicht werden, die bestimmte Aspekte konkretisieren werden. Von Seiten des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) liegt u.a. ein begleitendes Schreiben vom 30.6.2020 (III C 2 – S 7030/20/10009:004) sowie ein weiteres Schreiben zur Anleitung zur Umsatzsteuererklärung 2020 vom 1.7.2020 (III C 3 – S 7344/19/10002 :001) vor.

Die Lädersarchitektenkammern und die Bundesarchitektenkammer (BAK) erreichen viele Rückmeldungen aus den Architekturbüros. Insbesondere wird auf den hohen Mehraufwand und die gesteigerten Erwartungen der Bauherren hingewiesen. Die BAK hat dies der Politik bereits weitergegeben.

Lesen Sie hier die Antworten zu folgenden Fragen:

1. Welcher Mehrwertsteuersatz gilt für das Architektenhonorar?

2. Wann ist der Zeitpunkt der Beendigung der Architektenleistung?

3. Ist nicht das Rechnungsdatum maßgeblich für die  jeweilige Mehrwertsteuer?

4. Welcher Umsatzsteuersatz ist bei Abschlagsrechnungen anzusetzen? Hat eine Änderung Auswirkungen bei Abschlagszahlungen?

5. Welcher Umsatzsteuersatz gilt grundsätzlich, wenn sich der Umsatzsteuersatz während des Planungsauftrags ändert?

6. Von welchem Steuersatz ist auszugehen, wenn ein Pauschalhonorar vereinbart wurde? Welche Auswirkungen hat eine Mehrwertsteueränderung?

7. Welche Mehrwertsteuer ist bei Teilleistungen anzusetzen?

8. Muss ich bei neu abzuschließenden Architektenverträgen eine besondere Klausel aufnehmen, um die Änderungen bzw. vor allem auch die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz abzufedern?

9. Der Bauherr wird aus steuerlichen Gründen Wert darauf legen, Bauleistungen möglichst noch bis zum 31.12.2020 abzunehmen. Bin ich daher verpflichtet, auf entsprechende Beschleunigung hinzuwirken? Was, wenn eine aus meiner Sicht noch nicht abnahmereife Leistungen zwecks Steuerersparnis vorschnell abgenommen werden soll?

10. Bin ich verpflichtet, im Rahmen der Rechnungsprüfung auf den richtigen Steuersatz zu achten?

11. Was gilt es bei der Kostenermittlung zu beachten?

12. Welche Mehrwertsteuer fällt bei einer Kündigung an?

13. Welche Auswirkung hat eine Mehrwertsteueränderung auf Stufenverträge?

14. Welches ist der maßgebliche Zeitpunkt bei Bauleistungen? Wann ist die Bauleistung beendet?


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1. Welcher Mehrwertsteuersatz gilt für das Architektenhonorar?

Die HOAI geht in ihren Honorartafeln und Honorarsätzen zunächst nur von Nettowerten aus. Deshalb hat sie in § 16 Abs. 1 S. 1 HOAI eine explizite Regelung zur Umsatzsteuer: „Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Ersatz der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer für nach dieser Verordnung abrechenbare Leistungen, sofern nicht die Kleinunternehmerregelung nach § 19 des Umsatzsteuergesetzes angewendet wird.“

Die – für die Architekten positive – Regelung ist nicht selbstverständlich, denn bei Fehlen einer gesonderten Vereinbarung über die Erstattung der Umsatzsteuer gilt für Werkverträge ansonsten, dass sie im vereinbarten Preis enthalten sind (Stein, in: Fuchs/Berger/Seifert, § 16 Rn. 3). Für die Höhe der auf das Nettohonorar aufzuschlagenden Umsatzsteuer ist regelmäßig der zu dem Zeitpunkt ihrer Entstehung geltende Steuersatz maßgeblich, also bis Ende Juni 2020 im Regelfall 19% (Hoffmann, in: Irmler/Morlock, § 16 Rn. 6).

Das oben genannte aktuelle BMF-Anwendungsschreiben unterstreicht die vorgenannten Regelungen, indem es in Rz.14 für eine Leistungsabrechnung nach HOAI Folgendes ausdrücklich herausstellt: In den Fällen, in denen Architekten aufgrund der HOAI berechtigt sind, die für die jeweilige Leistung geschuldete Umsatzsteuer zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Entgelt zu berechnen, „haben sie für ihre nach dem 30.6.2020 ausgeführten Leistungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung die Umsatzsteuer nach dem zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 Prozent dem Entgelt hinzu(zu)rechnen.“

Die Umsatzsteuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums (i.d.R ein Monat oder Quartal), in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13 Abs.1 Nr.1a) UStG). Dieser Zeitpunkt ist maßgeblich für die Bestimmung des anzuwendenden Umsatzsteuersatzes. Wann aber gilt eine Leistung im steuerlichen Sinne als ausgeführt?

Gemäß dem Anwendungserlass zur Umsatzsteuer (UStAE) wwerden Lieferungen, auch Werklieferungen, grundsätzlich dann ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand erlangt.

Dagegen gelten „sonstige Leistungen“, und dazu zählen insbesondere Dienstleistungen der Architekten, grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung als ausgeführt (Abschnitt 13.1 Abs.3 UStAE). Hintergrund: Architektenverträge werden seit dem 1.1.2018 als werkvertragsähnliche Verträge qualifiziert (§§ 650p BGB ff.). Mit diesen Verträgen wird der Architekt „verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen.“ Da Architekten bei ihren Planungs- und Überwachungsleistungen (vgl. auch (Abschnitt 13b.2 Abs.6 UStAE) keine sog. Hauptstoffe zur Herstellung eines Werks einsetzen, entsprechen ihre Leistungen aus umsatzsteuerlicher Sichtweise eher dem Typus einer Werkleistung als dem Typus einer Werklieferung.

Somit richtet sich für Architekten für die genannten Leistungen die Bestimmung des anzuwendenden Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt ihrer Vollendung.


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2. Wann ist der Zeitpunkt der Beendigung der Architektenleistung?

Der Zeitpunkt der Beendigung der von dem Architekten erbrachten Dienstleistung hängt (s.o.) von der Leistung des Architekten bzw. von der Art des zugrundeliegenden Vertrags ab. Unter anderem differenziert die Finanzverwaltung danach, ob Leistungen nach HOAI oder etwa nach der RBBau erbracht werden.

Für Leistungen von Architekten, denen die Leistungsbilder der HOAI zugrunde gelegt werden, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass diese grundsätzlich als einheitliche Leistung erbracht werden, „auch wenn die Gesamtleistung nach der Beschreibung in der HOAI, insbesondere durch die Aufgliederung der Leistungsbilder in Leistungsphasen, teilbar ist“ (Abschnitt 13.3 Abs.1 UStAE).

Damit ist klargestellt, dass bei Leistungen der Architekten nach HOAI nicht ohne weiteres von teilbaren Leistungen, etwa in Bezug auf die einzelnen Leistungsphasen, ausgegangen werden kann. Vielmehr unterstellt die Finanzverwaltung im Grundsatz die wirtschaftliche Einheit dieser Arbeiten. Damit endet im Regelfall auch die Architektenleistung erst mit Vollendung der gesamten Leistung. Zum Sonderfall der Teilleistungen: s.u.

Entsprechendes gilt daneben auch für Leistungen der Architekten und Ingenieure, die nicht nach HOAI erbracht werden. Lediglich für nach Maßgabe der RBBau erbrachte Leistungen sind in Abschnitt 13.3 Abs.3 UStAE Sonderregelungen festgelegt.


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3. Ist nicht das Rechnungsdatum maßgeblich für die jeweilige Mehrwertsteuer?

Maßgeblich für den Zeitpunkt des Umsatzsteuersatzes ist wie oben beschrieben die tatsächliche Beendigung der Architektenleistung. Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung ist nicht maßgeblich und irrelevant für die Umsatzsteuer. Ebenso unmaßgeblich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Dem Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts kommt für die Bestimmung des maßgebenden Steuersatzes ebenfalls keine Bedeutung zu. Auch bei der sog. Ist-Versteuerung für bestimmte Freiberufler (§ 20 UStG) und bei der Versteuerung von Anzahlungen (§ 13 Abs.1 Nr.1a S.4 UStG) kommt es alleine darauf an, wann der Umsatz bewirkt, also tatsächlich ausgeführt wird.


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4. Welcher Mehrwertsteuersatz ist bei Abschlagsrechnungen anzusetzen? Hat eine Änderung Auswirkungen bei Abschlagszahlungen?

Nach § 15 Abs. 2 HOAI können Abschlagszahlungen zu den schriftlich vereinbarten Zeitpunkten oder in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Grundleistungen gefordert werden.

Abschlagszahlungen unterliegen der Umsatzsteuerpflicht. Die Abschlagszahlung, die zur Zeit der Geltung des bisherigen Steuersatzes getätigt wird, löst den bisherigen Steuersatz aus, doch gilt dies nur vorläufig. Kommt es also zur Vollendung der Leistung, wird der gesamte Umsatz mit dem neuen Steuersatz besteuert (Wirtschaftsdienst Ingenieure & Architekten 11/05, S. 19).

Beispiel bei einer Senkung der Mehrwertsteuer zum 1.7.2020 auf 16%:

Eine Abschlagsrechnung vom 30.6.2020, die auch in der Umsatzsteuer-Voranmeldung Juni 2020 entsprechend berücksichtigt wurde, hat den Umsatzsteuersatz von 19 %; die dazugehörige Schlussrechnung vom 16.7.2020 hat den Umsatzsteuersatz von 16%, weil die Leistung des Architekten im Juli 2020 vollendet wurde. Insbesondere folgende Punkte sind nach aktuellem Stand (Rz.8 des o. g. aktuellen BMF-Anwendungsschreibens) zu beachten:

  • Eine Korrektur der Abschlagsrechnung bzgl. einer Berichtigung des Steuerausweises ist nicht erforderlich, sofern in der Schlussrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit dem ab 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16% ausgewiesen wird.
  • Durch die Schlussrechnung mit einem Umsatzsteuersatz von 16%, in der die Abschlagsrechnungen zu 19% auf den Gesamtrechnungsbetrag angerechnet werden, kommt es aufgrund der Reduzierung des Umsatzsteuersatzes zu einem entsprechend verminderten Zahlbetrag für den Kunden.
  • Die Umsätze zu 16% sowie der darauf entfallende, selbst berechnete Steuerbetrag sind von dem Architekten in der Zeile 28 (steuerpflichtige Umsätze „zu anderen Steuersätzen“) der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum Juli 2020 bzw. später in Zeile 45 der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2020 einzutragen.
  • Bereits mit 19% besteuerte Anzahlungen zu den nach dem 30.6.2020 ausgeführten Umsätzen (vollendete Dienstleistungen) sind durch den Architekten zu korrigieren, indem in Zeile 26 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2020 bzw. später in Zeile 38 der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2020 eine negative Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird.


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5. Welcher Mehrwertsteuersatz gilt grundsätzlich, wenn sich der Steuersatz während des Planungsauftrags ändert?

Regelmäßig handelt es sich bei den Planungs- und Überwachungsleistungen eines Architekten um sog. Dauerleistungen, da sie sich über einen „längeren Zeitraum“ erstrecken, häufig über mehrere Voranmeldungszeiträume, manchmal über Jahre.

Umsatzsteuerlich gelten Dienstleistungen eines Architekten erst dann als ausgeführt, wenn er sie vollendet hat, d.h. wenn sie vollständig erbracht sind. Die vollständige Erbringung wiederum hängt von dem jeweils vereinbarten Leistungsumfang ab und richtet sich nach zivilrechtlichen Beurteilungen.

Je nach Leistungsvereinbarung kann die Vollendung der Architektenleistung eine Abnahme voraussetzen. Allerdings kann eine stillschweigende Abnahme der Architektenleistung durch einen Bauherrn u.U. auch schon daraus abzuleiten sein, dass der Bauherr die Schlussrechnung des Architekten vorbehaltlos entgegennimmt und bezahlt, da er die Architektenleistung durch die Zahlung konkludent als vertragsgemäß anerkennt.

Ändert sich während der Leistungserbringung der Mehrwertsteuersatz, hat der Architekt ungeachtet einer vorherigen vertraglichen Bezifferung des Mehrwertsteuerteils einen Anspruch auf die Umsatzsteuer, die sich zum Zeitpunkt der Vollendung seiner Leistungen unter Berücksichtigung des dann geltenden Umsatzsteuersatzes ergibt (Hürter, in: Messerschmidt/Niemöller/Preussner, § 16 Rn. 6).

Dies betrifft den gesamten Schlussrechnungsbetrag, auch wenn zuvor bereits Abschlagszahlungen mit einem anderen Umsatzsteuersatz abgerechnet worden sind. Etwas Anderes kann bei der Vereinbarung von Teilleistungen gelten (s.u.).

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für den Fall, dass der Architekt in einem einheitlichen Vertragsverhältnis auch mit der Objektbetreuung (LPH 9) beauftragt wurde, eine Teilabnahme nicht vereinbart war und damit der Abschluss der Gesamtleistung und die Schlussrechnung erst im Zeitraum Juli bis Dezember 2020 anstehen. Es wird dann für sämtliche Leistungen der reduzierte Steuersatz gelten, selbst wenn das Bauwerk bereits seit mehreren Jahren genutzt wird und die Abschlagsrechnungen mit dem höheren Steuersatz längst bezahlt sind. Es kann in diesem Fall also zu Rückzahlungsansprüchen des Bauherrn kommen; die temporäre Steuersenkung bewirkt dann beim Planer einen temporären Liquiditätsverlust, der erst im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. -erklärung kompensiert werden kann. Hierauf, sowie auf das – nicht nur bei Verträgen mit LPH 9 relevante – Risiko von Schadensersatzansprüchen des Bauherrn bei schuldhaft verzögertem Leistungsabschluss weisen Sundermann, Wegner-Gärtner und Lucenti (IBR 2020, 1044) hin, siehe hierzu auch Frage 9.

Beispiel bei einer Senkung der Mehrwertsteuer zum 1.7.2020 auf 16%:

Wenn die Schlussrechnung eines Planungsauftrags aus dem Jahr 2018, der auch erst im Juli 2020 vollendet wird, und für den es schon zahlreiche Abschlagszahlungen gab, am 3.7.2020 gestellt wird, gilt für die erbrachte Leistung der Umsatzsteuersatz von 16%.

  • In diesem Fall werden nachträglich auch die zuvor mit 19% per Abschlag abgerechneten Leistungsanteile in der Schlussrechnung mit 16% angesetzt; insofern kommt es hier zu einer Verminderung des Zahlbetrags.
  • Sofern allerdings die Architektenleistung bereits im Juni 2020 als ausgeführt und damit als vollständig erbracht gilt, und nunmehr die Rechnungsstellung nach dem 1.7.2020 erfolgt, richtet sich der Umsatzsteuersatz ebenfalls nach dem Zeitpunkt der Vollendung der erbrachten Leistung, d.h. in der Schlussrechnung wären 19% anzusetzen.
  • Im umgekehrten Fall (Abschlagsrechnungen mit 16% von Juli bis Dezember 2020, Schlussrechnung mit Vollendung der Architektenleistung im Februar 2021) ergibt sich mit der Schlussrechnung zu 19% eine Nachzahlung aufgrund der vorher „zu niedrig“ abgerechneten Umsatzsteuerbeträge.

Aus dieser rechtlichen Regelung heraus können sich für Architekten Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, etwa hinsichtlich des Zeitpunkts der Vollendung ihres jeweiligen Auftrags. Allerdings haftet der Rechnungssteller auch gegenüber dem Finanzamt für die angesetzte Umsatzsteuer: Kommt das Finanzamt zu der Feststellung, dass die Leistungserbringung in den Zeitraum der 19%-igen Umsatzsteuer fällt, muss die Differenz durch den Rechnungsersteller getragen werden.


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6. Von welchem Steuersatz ist auszugehen, wenn ein Pauschalhonorar vereinbart wurde? Welche Auswirkungen hat eine Mehrwertsteueränderung?

Wenn ein Pauschalhonorar vereinbart wurde, bedeutet dies nicht, dass damit geklärt ist, ob es sich um ein Brutto- oder Netto-Pauschalhonorar handelt. Die überwiegende herrschende Meinung ist der Auffassung, die Vereinbarung einer Pauschale ohne Umsatzsteueraussage habe ein Bruttohonorar zum Gegenstand (vgl. Hoffmann, in: Irmler/Morlock, § 16 Rn. 8).

Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte ausdrücklich schriftlich vorgesehen werden, dass die gesetzliche Umsatzsteuer zusätzlich anfällt (Motzke/Wolff, Praxis der HOAI, § 9). Es empfiehlt sich daher nach Möglichkeit die Angabe von Netto-Preisen mit der Formulierung „zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer“ oder „Das Nettoentgelt erhöht sich um die im Zeitpunkt der Leistung gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer“. In diesen Fällen sollte die Durchsetzung des höheren Umsatzsteuersatzes gegenüber dem Kunden problemlos sein.

Wurde stattdessen ein Brutto-Pauschalhonorar ohne Umsatzsteuer-Klausel vereinbart oder wird zumindest der Vertrag so ausgelegt, könnte der dort vereinbarte Umsatzsteuersatz zu Lasten des Architekten gelten.

Beispiel bei einer Umsatzsteuererhöhung zum 1.1.2021 auf 19%:

  • Wurde am 1.10.2020 ein Brutto-Pauschalhonorar (kalkuliert mit dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Umsatzsteuersatz von 16%) vereinbart, dann gilt dieser Festpreis auch, wenn die Schlussrechnung entsprechend der Vollendung der Leistung erst in 2021 gestellt wird. Der Architekt muss dann von seinem brutto vereinbarten Festpreishonorar die Differenz der erhöhten Mehrwertsteuer ableisten. Von der Vereinbarung von Brutto-Pauschalhonoraren ist daher also dringend abzuraten.

In den vorgenannten Fällen einer Brutto-Festpreisvereinbarung mit einem zu niedrig festgelegten Umsatzsteuersatz bei einer gesetzlichen Erhöhung des Steuersatzes (hier also der 1.1.2021) gibt es möglicherweise noch eine „Rettung“.

Das Umsatzsteuergesetz sieht in § 29 UStG einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch vor. Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht später als vier Kalendermonate vor dem In-Kraft-Treten der Umsatzsteuererhöhung, d.h. also vor dem 1.9.2020, abgeschlossen worden ist, kann der leistende Architekt von dem Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung verlangen, wenn dieser Ausgleichsanspruch vertraglich ausdrücklich vereinbart ist, oder bereits wenn er sich „aus einer allgemeinen vertraglichen Vereinbarung, z.B. durch die Vereinbarung eines Festpreises“ ergibt (Abschn. 29.1 Abs.4 UStAE). Der Ausgleichsanspruch darf allerdings nicht vertraglich ausgeschlossen sein.

Bei Vertragsschluss nach dem 31.8.2020 ist dagegen für die Steuersatzerhöhung zum 1.1.2021 eine Festpreisvereinbarung bindend; Anpassungsklauseln sind dann grundsätzlich gegenüber Nicht-Unternehmern nicht mehr anwendbar (Ausnahme: sog. Dauerschuldverhältnisse).

Achtung: gem. § 29 Abs.2 UStG werden zivilrechtliche Ausgleichsansprüche nicht nur dem leistenden Architekten bei einer Erhöhung der umsatzsteuerlichen Belastung gegen den Leistungsempfänger eingeräumt, sondern auch im umgekehrten Fall bei einer Verringerung der umsatzsteuerlichen Belastung, wie bei der Herabsetzung des Umsatzsteuersatzes zum 1.7.2020. Dann wird jedoch dem Leistungsempfänger ein Ausgleichsanspruch gegen den leistenden Unternehmer eingeräumt.

Es empfiehlt sich daher dringend die vertragliche Vereinbarung von Netto-Preisen (s.o.). In diesen Fällen sollte die Durchsetzung des höheren Umsatzsteuersatzes gegenüber dem Kunden möglich sein

 

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7. Welche Mehrwertsteuer ist bei Teilleistungen anzusetzen?

Architekten können mit Bauherren auch Teilleistungen vereinbaren. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Teilleistungen wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen, die gesondert bewirkt werden und für die das Entgelt gesondert vereinbart und statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet wird. Wichtig dabei: die Leistungen müssen nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch tatsächlich teilbar sein, eine willkürliche Trennung reicht nicht aus. Nach den Richtlinien der Finanzverwaltung liegen Teilleistungen im Allgemeinen unter den genannten Voraussetzungen nur vor, wenn für einzelne Leistungsteile gesonderte Entgeltabrechnungen erfolgen (Abschnitt 13.4 UStAE).

Nach dem o. g. aktuellen Schreiben des BMF vom 30.6.2020 werden vor dem 1.7.2020 erbrachte Teilleistungen (bei Werkleistungen oder werkleistungstypische Dienstleistungen eines Architekten) anerkannt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werkleistung handeln.
  • Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werkleistung ist, vor dem 1.7.2020 vollendet oder beendet worden sein.
  • Vor dem 1.7.2020 muss vereinbart worden sein, dass für Teile der Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind. Sind für Teile der Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, muss die vertragliche Vereinbarung vor dem 1.7.2020 entsprechend geändert werden.
  • Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.

Entsprechendes gilt auch Werklieferungen. Weiterhin gilt eine konforme Anwendung auch für solche Teilleistungen, die vor dem 1.1.2021 erbracht werden.

Hier ist aber darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich auch bei einer vertraglichen Vereinbarung der Übernahme verschiedener Leistungsphasen von einer einheitlichen Leistung ausgegangen wird. Es handelt sich also nicht bereits deshalb um Teilleistungen, nur, weil verschiedene Leistungsphasen vereinbart wurden.

Eine Ausnahme davon liegt aber dann vor, wenn Architekt und Bauherr im Rahmen eines Gesamtauftrags zusätzliche Vereinbarungen über die gesonderte Ausführung und Honorierung einzelner Leistungsphasen explizit treffen. Dies kann zur Teilleistung führen. Die jeweilige Teilleistung muss gesondert geschuldet und abgerechnet werden. Dies setzt regelmäßig auch eine die Gewährleistungsfristen auslösende rechtsverbindliche Abnahme der abzurechnenden Teilleistungen voraus. Insoweit dürften auch dann nicht alle Leistungsphasen als selbstständige Teilleistungen anzusehen sein.

Beispiel bei einer Erhöhung des Umsatzsteuersatzes zum 1.1.2021 auf 19%:

  • Die Vereinbarung von Teilleistungen führt dazu, dass diese Teilleistungen, sofern sie im Zeitraum vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 vollendet werden, mit 16% abgerechnet werden können.

Konkret bedeutet dies, dass die Parteien hinsichtlich der jeweiligen Leistungsphasen eine zusätzliche Vereinbarung über die gesonderte Honorierung zu treffen haben. Geschieht das nicht, bleibt es in der Regel dabei, dass die in dem Auftrag zusammengefassten Leistungen auch im steuerrechtlichen Sinne eine Einheit bilden. Das vorherige Stellen von Abschlagsrechnungen ändert nichts an diesem Ergebnis (Motzke/Wolff).

Vorschlag für eine Vereinbarung (nach Stemmler, IBR 2006, 598), bitte individuell mit Ihrem Steuerberater besprechen:

  • Die vom Architekten zu erbringende Leistung (z. B. Leistungsphasen 1 – 4) ist als selbstständiger Teil der gesamten Vertragsleistung bis zum 31.12.2020 zu beenden und abzunehmen.
  • Hierfür wird ein Entgelt von (z. B. Mindestsatz der Leistungsphasen nach HOAI) vereinbart.
  • Sollte die getroffene Vereinbarung im Besteuerungsverfahren nicht anerkannt werden, wird dem Auftragnehmer auf Antrag ein Ausgleich nach den Grundsätzen des § 29 Abs. 2 UStG gewährt.
  • Datum/Unterschriften

Hinweis: Bei einem Vertrag mit einschließlicher Beauftragung der Objektbetreuung (LPH 9) kann bei entsprechender Vereinbarung die vollständige Erbringung der vorangegangenen Leistungen als selbstständige Teilleistung gesehen werden, wenn die Objektbetreuung gesondert beauftragt und schlussgerechnet werden soll (siehe Regelungen in Ziffer 1.4 und 3.12 der Orientierungshilfen der Länderarchitektenkammern zum Abschluss von Architektenverträgen).


<<< Jump Mark: frage8 >>>

8. Muss ich bei neu abzuschließenden Architektenverträgen eine besondere Klausel aufnehmen, um die Änderungen bzw. vor allem auch die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz abzufedern?

Eine besondere Klausel ist nicht aufzunehmen; die Anpassung der Umsatzsteuersätze wirkt nach den dargestellten gesetzlichen und behördlichen Vorgaben „in beide Richtungen“. Erneut wird aber darauf verwiesen, dass es ratsam ist, Architektenverträge abzuschließen, die – wie es etwa in den Orientierungshilfen der Architektenkammern vorgeschlagen wird – eine Honorarregelung „zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer“ beinhalten.


<<< Jump Mark: frage9 >>>

9. Der Bauherr wird aus steuerlichen Gründen Wert darauf legen, Bauleistungen möglichst noch bis zum 31.12.2020 abzunehmen. Bin ich daher verpflichtet, auf entsprechende Beschleunigung hinzuwirken? Was, wenn eine aus meiner Sicht noch nicht abnahmereife Leistungen zwecks Steuerersparnis vorschnell abgenommen werden soll?

Es gilt die grundsätzliche Architektenpflicht, das Bauvorhaben nach Kräften zu fördern und den Bauherrn vor Nachteilen zu bewahren. Soweit eine Beschleunigung im Einzelfall erreicht werden kann, ohne die Qualität der Bauausführung zu gefährden oder vom Bauherrn nicht akzeptierte Zusatzkosten auszulösen, ist daher ganz unabhängig von steuerlichen Aspekten entsprechend zu verfahren.

Die Abnahmeempfehlung, die als Grundleistung in LPH 8 geschuldet wird, hat sich ausschließlich an fachlich-technischen Kriterien auszurichten. Will der Bauherr aus steuerlichen Erwägungen die Abnahme erklären, obwohl das Werk nicht vollendet oder mit wesentlichen, der Abnahme entgegenstehenden Mängeln behaftet ist, so wird der Planer von einem solchen Vorgehen abraten müssen und sollte dies auch hinlänglich dokumentieren. Erklärt der Bauherr ungeachtet dessen die Abnahme, so geschieht dies auf eigenes Risiko.

Keinesfalls darf im Übrigen eine Beihilfe zu einer ggf. missbräuchlichen Gestaltung der steuerrelevanten Sachverhalte erfolgen. Der Bauherr hat sich hierzu ggf. selbst rechtlichen- und insbesondere steuerrechtlichen Rat einzuholen.


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10. Bin ich verpflichtet, im Rahmen der Rechnungsprüfung auf den richtigen Steuersatz zu achten?

Die Rechnungsprüfung ist eine Grundleistung in der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung). Danach ist der Architekt verpflichtet, (Abschlags)Rechnungen von Bauunternehmern daraufhin zu überprüfen,

  • ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig sind,
  • ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind und ob
  • sie der vertraglichen Vereinbarung entsprechen.

Diese Überprüfungspflicht des Architekten (siehe hierzu auch BGH, Urt. v. 14.05.1998 – VII ZR 320/96) soll gewährleisten, dass sein Auftraggeber nur berechtigte Abschlagsforderungen erfüllt und dass etwaige Überzahlungen in der Vergangenheit mit später noch nicht bezahlten Abschlagsforderungen verrechnet werden können.

Nicht Gegenstand der Prüfung sind steuerrechtliche Fragestellungen. Denn der Architekt ist weder Rechtsanwalt noch Steuerberater des Bauherrn. Denkbar erschiene allenfalls, dass ein Architekt eine Plausibilitätsprüfung mit Blick auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Leistungen aus fachlich-technischer Sicht schuldet. Vorsorglich sollte der Architekt daher Auffälligkeiten oder Zweifel am korrekten Ansatz der Mehrwertsteuer dem Bauherrn mitteilen. Zugleich kann er ihn auf die speziell für Bauherren aufbereiteten allgemein zugänglichen Informationen zu diesem Thema hinweisen (etwa des BSB e.V.). In Zweifelsfällen oder zur konkreten Einzelfallprüfung sollte aber stets die Einholung des Rates eines Steuerberaters und/oder Rechtsanwalts empfohlen werden.

Eine eigenmächtige Korrektur der Steueransätze im Zuge der Rechnungsprüfung, die Empfehlung einer entsprechenden Verrechnungen oder umgekehrt das bestätigende „Abhaken“ des angesetzten Steuersatzes erscheint somit kaum ratsam, zumal all dies vom Bauherrn als definitive Beratung bzw. Empfehlung zu dem betreffenden steuerrechtlichen Aspekt missverstanden werden kann.

Sofern es beispielsweise um zwischen Juli und Dezember 2020 gestellte Abschlagsrechnungen für Bauleistungen geht, die absehbar nicht mehr im Jahre 2020 fertiggestellt werden, könnte der Bauherr im Zuge der Rechnungsprüfung stattdessen wie folgt informiert werden: „Aus fachlich-technischer Sicht ist davon auszugehen, dass die vereinbarten Leistungen erst nach dem 31.12.2020 abgeschlossen sein werden. Dass die jetzt gestellten Abschlagsrechnungen bereits den bei (voraussichtlichem) Leistungsabschluss geltenden Mehrwertsteuersatz von 19% ausweisen, kann daher von uns nachvollzogen werden. Wir dürfen insoweit auf die online verfügbaren Informationen des BSB e.V. verweisen. Eine abschließende und rechtlich verbindliche Prüfung und Bewertung dieses Aspekts im Einzelfall kann von uns allerdings nicht vorgenommen werden; hierfür wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt.“

Ist die Prüfung einer Schlussrechnung betroffen, könnte die Information an den Bauherrn beispielsweise wie folgt aussehen: „Aus fachlich-technischer Sicht ist davon auszugehen, dass die Leistungen des Rechnungsstellers am XX.XX.2020 abgeschlossen wurden. Dass in der Rechnung der für diesen Zeitpunkt geltende Mehrwertsteuersatz von X% (zwischen Juli und Dezember 2020: 16%, ansonsten 19%) angesetzt wurde, erscheint daher plausibel. Wir dürfen insoweit auf die online verfügbaren Informationen des BSB e.V. verweisen. Eine abschließende und rechtlich verbindliche Prüfung und Bewertung dieses Aspekts im Einzelfall kann von uns allerdings nicht vorgenommen werden; hierfür wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt.“

Es sei hervorgehoben, dass ein solcher Hinweis den Pflichtenkatalog des Architekten nicht verändert, für sich genommen also auch keine Haftungsfreizeichnung bewirken kann, sondern der vorsorglichen Information des Bauherrn dient. Rechtsprechung dazu, ob und wenn ja welche Pflichten den Architekten bei der Rechnungsprüfung mit Blick auf die temporäre Mehrwertsteuersenkung überhaupt treffen, liegt derzeit naturgemäß noch nicht vor.


<<< Jump Mark: frage11 >>>

11. Was gilt es bei der Kostenermittlung zu beachten?

Was die Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei der Kostenermittlung angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass die DIN 276 insoweit die freie Wahl lässt, ob Brutto- oder Netto-Angaben ausgewiesen werden. Allerdings sollte dies über die verschiedenen Stufen der Kostenermittlung zwecks Übersichtlichkeit möglichst einheitlich gehandhabt werden. Angesichts der zeitlich begrenzten Steuersenkung dürfte es sich anbieten, durchgehend mit Netto-Beträgen zu arbeiten und dies auch entsprechend deutlich zu machen.


<<< Jump Mark: frage12 >>>

12. Welche Mehrwertsteuer fällt bei einer Kündigung an?

Im Falle einer freien Kündigung durch den Bauherren (§ 648 BGB) kann der Architekt neben den erbrachten Leistungen auch die noch nicht erbrachten Leistungen grundsätzlich abrechnen.

Hinsichtlich der restlichen Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen und des anderweitigen Erwerbs hat der Architekt keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer (Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, § 16 Rn. 4). Mangels Leistungsaustauschs liegt insoweit kein steuerbarer Umsatz vor.


<<< Jump Mark: frage13 >>>

13. Welche Auswirkung hat eine Mehrwertsteueränderung auf Stufenverträge?

Wenn keine feste Beauftragung mit sämtlichen Leistungen im Architektenvertrag erfolgt ist, sondern lediglich eine weitere Beauftragung mit den weiteren Stufen beabsichtigt ist (sog. Stufenvertrag), liegt der für die Anwendbarkeit der jeweiligen Honorarordnung maßgebliche Zeitpunkt erst in der Aufforderung des Auftraggebers an den Architekten, die weiteren Leistungsphasen (die „nächste Stufe“) zu erbringen. Für die Abrechnung dieser nächsten Stufe ist die dann gültige HOAI anzuwenden.

Aus unserer Sicht ist dieser Rechtsgedanke auch auf die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze zu übertragen. Das würde bedeuten, dass eine fertige Stufe als erbracht angesehen und schlussgerechnet werden kann. Ist eine Stufe zum Zeitpunkt der Umsatzsteueränderung noch nicht beendet, gelten die unter Ziffer 5 vorgestellten Grundsätze.


<<< Jump Mark: frage14 >>>

14. Welches ist der maßgebliche Zeitpunkt bei Bauleistungen?

Gemäß Abschnitt 13.2 Abs.1 UStAE werden in der Bauwirtschaft die dort erbrachten Werklieferungen und Werkleistungen auf dem Grund und Boden der Auftraggeber im Allgemeinen nicht in Teilleistungen, sondern als einheitliche Leistungen erbracht. Diese Leistungen, wiederum differenziert nach Werklieferungen und sonstigen Leistungen, gelten als ausgeführt:

  • „Werklieferungen, wenn dem Auftraggeber die Verfügungsmacht verschafft wird. (…) Der Werklieferungsvertrag wird mit der Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks erfüllt. Der Auftraggeber erhält die Verfügungsmacht mit der Übergabe des fertiggestellten Werks (vgl. BFH-Urteil vom 26.2.1976, V R 132/73, BStBl II S. 309). Auf die Form der Abnahme kommt es dabei nicht an. Insbesondere ist eine Verschaffung der Verfügungsmacht bereits dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber das Werk durch schlüssiges Verhalten, z.B. durch Benutzung, abgenommen hat und eine förmliche Abnahme entweder gar nicht oder erst später erfolgen soll. …“
  • „Sonstige Leistungen, insbesondere Werkleistungen, grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung, der häufig mit dem Zeitpunkt der Abnahme zusammenfallen wird.“

Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich ggfs. aus der Vereinbarung von Teilleistungen. Dazu führt Radeisen in „Herausforderungen durch die Absenkung des Umsatzsteuersatzes 2020, aus: „Ein besonderes Problem ergibt sich bei Bauleistungen. Bei Bauleistungen liegen regelmäßig in der Praxis nicht die Voraussetzungen für Teilleistungen vor. Es werden zwar häufig wirtschaftlich abgrenzbare Leistungen ausgeführt, überwiegend fehlt es hier aber an einer Vereinbarung von Teilleistungen und der entsprechenden steuerwirksamen Abnahme von solchen Teilleistungen. Dies kann jetzt – je nach Situation – zum Vor- oder Nachteil für die Leistungsempfänger kommen. (…) Wurden in einem Vertrag keine Vereinbarungen über Teilleistungen getroffen, beanstandete es die Finanzverwaltung bei früheren Steuersatzänderungen nicht, wenn bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Steuersatzänderung eine entsprechende Vereinbarung nachgeholt wurde. Zumindest wenn es dann wieder zur Anhebung des Steuersatzes auf 19 % zum 1.1.2021 kommt, sollten bei noch nicht vollständig ausgeführten Leistungen für die bis dahin ausgeführten wirtschaftlich abgrenzbaren Leistungen Vereinbarungen für Teilleistungen getroffen werden.

Werden einheitliche Bauleistungen in der Zeit ab dem 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt (in der Regel ist hier die Abnahme durch den Auftraggeber maßgeblich), unterliegt die gesamte Leistung dem Regelsteuersatz von dann 16 %, unabhängig davon, in welchem Umfang schon (mit 19 %) besteuerte Anzahlungen geleistet worden waren. Entsprechend ist die Leistung dann wieder dem Regelsteuersatz von 19 % zu unterwerfen, wenn die Leistung nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird.

Soweit bei Leistungen gegenüber einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger ausgeführt werden, sollte der Abschluss gegebenenfalls – ohne hier eine missbräuchliche Gestaltung vorzunehmen – in die Zeit zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020 gelegt werden.

Beispiel: Vereinbarung über die Ausführung Teilleistungen abschließen

  • Bauherr B hatte 2019 dem Generalunternehmer G den Auftrag erteilt, auf einem ihm gehörenden Grundstück ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus für private Zwecke zu errichten. G führt eine steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung aus, die Umsatzsteuer entsteht mit Ausführung (Abnahme) der Leistung. Wenn das schlüsselfertige Einfamilienhaus in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 fertiggestellt wird, unterliegt die gesamte Leistung der Umsatzsteuer von 16 %. Wird die Leistung erst ab dem 1.1.2021 ausgeführt, unterliegt die Leistung dem Regelsteuersatz von 19 %. In diesem Fall wäre es sinnvoll, vor dem 31.12.2020 eine Vereinbarung über die Ausführung von Teilleistungen abzuschließen und die bis 31.12.2020 abgeschlossenen Teilleistungen abzunehmen. Insoweit würden dann die Teilleistungen endgültig nur dem Steuersatz von 16 % unterliegen.“

Sie finden alle Hinweise rund um Corona und die Mehrwertsteuer auch stets aktualisiert auf der Website der BAK.

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Verfasser:
Autoren der Architektenkammer Baden-Württemberg, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Bayerische Architektenkammer und der Bundesarchitektenkammer sowie Dipl.-Kfm. Ralf Sieben, Dr. Stallmeyer GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln

2 Gedanken zu „Senkung der Mehrwertsteuer auch bei Architektenverträgen

  1. Das ist nicht im Sinne der Gesetzgebung: Wenn ein Projekt vor einigen Jahren begonnen wurde und die Vollendung der Architektenleistung im 2.Halbjahr 2020 erfolgt, erhält der (private) Auftraggeber die 3% der gezahlten Steuer aus vorausgegangene Abschlagsrechnungen über Jahre zurück?

    Antworten
  2. Das ist aber offensichtlich der Plan. Nur habe ich das Problem, wenn ich vorausgegangene Abschlagszahlungen über die Nettobeträge verrechne, erhalte ich ein anderes Ergebnis, als wenn ich den Weg über die Bruttobeträge gehe. Am Schluss ist immer einer der Lackierte: der Kunde oder ich!?
    Ich kann den Konflikt nicht auffinden …

    Antworten

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