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Zurück Nachwuchs-Kolumne #260

EUmies Young Talent Awards: im Zeichen der Transformation

Mit einem Zentrum für Waldbrandvorsorge und der Umnutzung eines eigentlich zum Abriss vorgesehenen Hotels gewannen deutsche Studierende beim Nachwuchs-Wettbewerb der EU.

Von: Johanna Lentzkow
Johanna Lentzkows Lieblingsthemen sind das Bauen im Bestand, Entwürfe von...

02.07.20254 Min. Kommentar schreiben

Die Talente von Studierenden oder frischgebackenen Architektinnen, Stadtplanerinnen und Landschaftsarchitekten fördern, die in Zukunft für die Transformation unserer Umwelt verantwortlich sein werden: Dies ist das erklärte Ziel der EUmies Awards Young Talent, die der Fundació Mies van der Rohe mithilfe des Programms Kreatives Europa organisiert. Im Rahmen der 19. Architektur Biennale wurden in Venedig am EUmies Awards Day die Gewinner:innen der diesjährigen EUmies Awards Young Talent 2025 gekürt.

179 Einreichungen aus insgesamt 30 Ländern zählte die diesjährige Ausgabe des Nachwuchswettbewerbs. Gesucht hat man bei den EUmies Awards Young Talent nach nachhaltigen, inklusiven und widerstandsfähigen Räumen, die die europäische Geschichte, Werte und Vision für die Zukunft widerspiegeln. Nun stehen die vier Gewinner:innen fest, worunter sich gleich zwei deutsche Beiträge befinden.

Young Talent Award 1: Hotel Interim

Eine Antwort auf die Anforderungen der Young Talent Awards lieferte unter anderem der Weimarer Architekturabsolvent Andreas Stanzel mit seiner Masterarbeit „Hotel Interim“ (siehe Bildstrecke oben). Sein Gegenstand ist ein leerstehendes Hotel in Halle, das seit 2022 auf den Abriss wartet. In einer Filmdokumentation, einer Analyse des materiellen und immateriellen Wertes des Gebäudes und einem Entwurfsvorschlag zeichnet Stanzel ein umfangreiches dreiteiliges Bild davon, wie Zwischenräume aktiv gestaltet und Ressourcen im Bestand sinnvoll weitergenutzt werden können.

Der klassische Rot-Gelb-Plan wird in diesem Fall um Blau für „Reaktivierung“ und Grün für „Wiederverwendung“ ergänzt. Das wäre eine Maßnahme, die in der realen Baupraxis Einzug halten sollte. Die vorgeschlagene Zwischennutzung lässt das Hotel zu einem sozialen Zentrum werden. Es würde eine Bauteilbörse, ein Nachbarschaftszentrum und einen Club beherbergen. Außerdem integrierte es Studioräume und Künstler:innen-Wohnprogramme für Studierende der Burg Giebichenstein University of Art and Design.

Das Projekt stellt sich gekonnt der Herausforderung, das Gebäude als Ressource, den Raum als Ort für Experimente und den Zustand als Bühne zu verstehen. Die Umnutzung verwandelt das Projekt in einen multifunktionalen Ort, der künstlerischen und sozialen Austausch fördert und Abriss verhindert.

Young Talent Award 2: Forest & Phoenix

Der zweite ausgezeichnete Beitrag aus Deutschland trägt den Namen „Forest & Phoenix“. Er stammt aus der Feder von Vera Kellmann und Carolina von Hammerstein (TU Berlin). Die beiden setzen sich mit hybriden Infrastrukturen für eine integrative Waldbrandvorsorge in Brandenburg auseinander. Weil Waldbrände im Land Brandenburg immer häufiger auftreten, entwarfen die Studentinnen ein forstbrandwirtschaftliches Kompetenzzentrum. Darin fänden die Disziplinen Forstwirtschaft, Brandbekämpfung und Wissenschaft Platz.

Kellmann und von Hammerstein wählen einen interdisziplinären Ansatz. Sie befragen Schlüsselakteure der Brandbekämpfung wie Feuerwehr, Förster und andere Waldbrandexperten. Oberstes Ziel ist es, deren Wissen zugänglich für alle zu machen. Denn Waldbrände stellen eine Herausforderung für die Gesellschaft als Ganzes dar. Den Mittelpunkt des baulichen Konglomerats stellt das Waldbrandkompetenzzentrum dar. Es wird durch drei weitere Konstruktionen ergänzt. Diese widmen sich jeweils einem Aspekt des Waldbrandmanagements: Forst, Feuerwehr und Wissenschaft.

Als Baustoff haben die Studentinnen vor allem Holz von nach Waldbränden verkohlten Bäumen vorgesehen. Damit wollen sie die nachhaltige Nutzung von Holz als Ressource fördern und seine Wertschöpfungskette erweitern. Es ist ein spannender Beitrag, der zeigt, dass unsere Praxis Lösungen für die drängenden Fragen unserer Zeit liefern kann.

Zwei weitere Preise und Ausstellung

Auch die zwei weiteren Wettbewerbsbeiträge aus Athen („Brave New Axis“) und Marseille („Poolside Politics“) begeben sich auf die Suche nach architektonischen Antworten auf aktuelle planerische Fragestellungen: Wie können durch baugetriebenen, radikalen Kommunalismus verlassene bürgerliche Räume zurückgewonnen und regeneriert werden?

In der Ausstellung „Intelligens. Talent. EUmies Awards Young Talent 2025“ im Palazzo Mora in Venedig sind die oben genannten Arbeiten zusammen mit weiteren Shortlist-Nominierungen des Preises noch bis zum 23. November 2025 zu sehen.


Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.

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