DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Nachwuchs-Kolumne #262

TU Berlin: Landschaftsarchitektur kaputtsparen?

Keine Klimaanpassung ohne Landschaftsarchitektur. Das ist bekannt. Dafür werden Fachkräfte gesucht. Doch die TU Berlin sieht sich ausgerechnet dort gezwungen, einzusparen.

Von: Luisa Richter-Wolf
Luisa Richter-Wolf schreibt über Landschaftsarchitektur an den Unis, im Beruf...

16.07.20255 Min. 1 Kommentar schreiben
Studierende der Landschaftsarchitektur von der TU Berlin demonstrieren gegen die Kürzungen des Senats

Landschaftsarchitektur ist nicht alles, aber ohne Landschaftsarchitektur ist alles nichts
Luisa Richter-Wolf

In der U-Bahn, auf dem Weg von der TU Berlin nach Hause, sehe ich auf dem Monitor mit Kurznachrichten: „Kai Wegner: Ausbildung ist das Fundament selbstbestimmten Lebens“.

Widerspruch zwischen Reden und Handeln

Auch der Tagesspiegel zitiert den Berliner Regierungschef: „Ich höre immer wieder, dass die Fachkräfte fehlen. Eine Maßnahme könnte ja dann sein, die Fachkräfte von morgen selbst auszubilden.“

Ich schnaube und suche auf Instagram nach Ablenkung – ganz oben eine Anzeige des Berliner Senats: Ein Bild mit vier Köpfen über einem Lageplan, viel Grün, einige Bäume, ein Gebäude, darüber in großen roten Buchstaben „BERLIN. Gestalte Berlin. Und deine Zukunft.“ Im Text darunter: „Wir suchen Fachleute und engagierte Menschen.“ Jetzt platzt mir völlig die Hutschnur. Ich spüre wieder diese Mischung aus Wut, Verzweiflung, Macht- und Fassungslosigkeit.

Denn Fakt ist: Der Berliner Senat hat den Wissenschaftsetat für 2025 um 250 Millionen Euro gekürzt, davon fallen 122 Millionen auf die staatlichen Hochschulen. Das bedeutet für die TU Berlin, an der ich studiere: 40 Millionen Euro weniger in 2025 und noch weitere in den kommenden Jahren. An der TU Berlin sollen deshalb 18 Fachgebiete und zahlreiche Stellen wegfallen. Das führt zu Protesten und Widerstand auch außerhalb der Hochschule. Außerdem haben die wissenschaftlichen Mitarbeitenden der Landschaftsarchitektur TU Berlin einen Offenen Brief verfasst.

Ein selbsgebautes Hochbeet mit Pflanzen, an dem ein Protestplakat hängt.

Ohne Landschaftsarchitektur wird die Zukunft nicht rosig – und erst recht nicht grün.
Luisa Richter-Wolf

Landschaftsarchitektur brauchen wir dringend

So weit so dramatisch. Mich persönlich beschäftigt das Thema, weil auch in der Landschaftsarchitektur der TU Berlin gespart werden soll. Die Diziplin, die bei der Umweltministerkonferenz im Frühling 2025 als Schlüsseldisziplin im Bereich Klimaanpassung bezeichnet wurde. Mit der gleichzeitigen Feststellung, dass wir einen akuten Mangel an Fachkräften in genau diesem Bereich haben. Die Disziplin, die vor kurzem in einer Forschungsarbeit des Umweltbundesamtes als eine mit einer „herausragenden wissenschaftlichen Bedeutung für die Klimaanpassung“ bezeichnet wurde.

Die Disziplin, die nicht nur einen Baum auf eine grüne Wiese stellt, sondern die maßgeblich für die Lebensqualität in der Stadt, für öffentliche Freiräume und für unsere grüne Infrastruktur mitverantwortlich ist. Die Disziplin, die Lösungen kennt und sie anwenden kann auf dringende Fragen, die der Klimawandel mit sich bringt: Überhitzung der Städte, Starkregenereignisse und Biodiversitätsverluste.

Landschaftsarchitektur an der TU Berlin ist einzigartig

Dennoch dachte sich die die Fakultät VI Bauen Planen Umwelt der TU Berlin wohl, da könne man sparen und der sowieso schon klein gekürzte Studiengang könne auch noch kleiner werden. Andere Universitäten haben fünf bis zehn Professuren in der Landschaftsarchitektur. Die TU Berlin hat vier. Wenn die aktuellen Kürzungspläne umgesetzt werden, bleiben drei. Und das am ältesten deutschen akademischen Ausbildungsort für Landschaftsarchitektur, gegründet von Peter Joseph Lenné. (Der wegen seiner bedeutenden landschaftsarchitektonischen Arbeit in Berlin Namensgeber für den wichtigsten Nachwuchspreis des Landes Berlin ist.)

Das heißt auf gar keinen Fall, dass sich an anderen Universitäten Professuren kürzen lassen könnten. Sondern, dass wir auch in Berlin mehr Professuren brauchen!

Die TU Berlin ist der einzige Studienstandort in einer Millionenmetropole. Die TU München hat ihre Landschaftsarchitektur in Freising angesiedelt. Weder Hamburg noch das Ruhrgebiet als dichte Metropolregion, bieten den Studiengang an. An der TU Berlin wird in jedem einzelnen Studioprojekt ein innerstädtischer Raum bearbeitet. In jedem Semester werden Orte in Berlin neu entworfen, Herausforderungen des Klimawandels in Entwürfen bearbeitet – historische, soziale und räumliche Verflechtungen analysiert, abgewogen und sensibel in ästhetische Räume geformt.

Viel richtig gemacht, trotzdem gekürzt

Und irgend etwas müssen die Dozenten und Forscherinnen an der TU Berlin richtig machen. Denn in keiner anderen deutschen Stadt gibt es so viele Büros für Landschaftsarchitektur. Überdurchschnittlich viele Führungskräfte in Büros aber auch in Verwaltungen und Forschungsinstituten haben früher an der TU Berlin studiert.

Doch seit meinem Studienbeginn an der TU Berlin im Wintersemester 2019 spüren wir Studierende die Lustlosigkeit der Uni-Verwaltung, unseren Studiengang zu sehen und zu fördern. Als das, was er ist: als Schlüsseldisziplin für die Klimaanpassung.

Fast mein gesamtes Studium hindurch war eins von vier Fachgebieten, der Objektbau, durch eine Gastprofessur besetzt. Später waren es zwei Fachgebiete. Eine Gastprofessur kann der notwendigen und relevanten Forschung in ihrem Fachgebiet nicht auf die gleiche Weise gerecht werden und sie voranbringen wie eine reguläre Professur. Auch die ewige Ungewissheit, wie lange die temporäre Besetzung andauert, trägt nicht zur Föderung von Lehre und Forschung bei. Nun steht im Raum, eine Professur mit dem Auslaufen des aktuellen Hochschulvertrages 2028 nicht neu zu besetzen.

Nutzt eure Stimme: nicht nur für die Landschaftsarchitektur an der TU Berlin

Wenn der Berliner Senat so dringend Fachkräfte sucht, sollte er vielleicht nicht an den Universitäten wie der TU Berlin kürzen und dadurch essenziell wichtige Disziplinen für die Klimaanpassung unserer Städte kaputtsparen – also indirekt unser aller Gesundheit und unser aller Wohlbefinden. Wenn Berlin etwas braucht, dann sind es mehr Bildung, mehr Forschung, mehr Freiräume und mehr Mitdenken bei solchen politischen Entscheidungen!

Deshalb: Nutzt eure Stimme! Sprecht mit euren Freunden, Kollegen, Tanten und Onkels! Erzählt ihnen, woran der Berliner Senat spart  – nicht nur bei der Landschaftsarchitektur an der TU Berlin – und was er damit für uns alle als Gesellschaft aufs Spiel setzt! Vielleicht hört ja jemand zu, der etwas daran verändern kann.

Damit auch in 70 Jahren in Deutschland große gesunde Bäume wachsen, die Menschen in der sommerlichen Hitze Schatten spenden. Weil sie heute und morgen jemand mit der gewissen Weitsicht geplant und gepflanzt hat. Damit Berlin und andere Städte dann ein Netz aus gut geplanten Freiräumen für Abkühlung und Aufenthalt besitzen.


Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

1 Gedanke zu „TU Berlin: Landschaftsarchitektur kaputtsparen?

Schreibe einen Kommentar