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Trees, Time, Architecture: Bauen mit Bäumen

Das Architekturmuseum in der Münchner Pinakothek der Moderne zeigt bis September einen höchst ungewöhnlichen Zugang zum Bauen: den botanischen. Die Schau beleuchtet Bäume nicht nur als Holzlieferanten, sondern als bewohnbare und formbare Partner der Menschen.

Von: Christoph Gunßer
Christoph Gunßer ist für das DAB vor allem in Süddeutschland...

22.04.20253 Min. Kommentar schreiben

Gerät der Glaube an den Fortschritt in eine Krise, wird gern die Natur als Quelle der Inspiration beschworen. Das lässt sich gerade in der neuen Ausstellung „Trees, Time, Architecture! Design in Constant Transformation“ des Architekturmuseums der TU München betrachten, die in Kooperation mit deren Lehrstuhl für „Green Technologies in Landscape Architecture“ entstanden ist.

Entdeckung der Langsamkeit

Tatsächlich lehrt dort seit einigen Jahren der Baubotaniker Ferdinand Ludwig, der Bäume nicht nur wie üblich der Architektur gegenüberstellt, sondern sie als integraler Bestandteil eines Bauwerks begreift – er baut mit Bäumen. Dass dies durchaus in einer langen Tradition steht, hat sein Team an Beispielen aus aller Welt erforscht, und davon profitiert diese lehrreiche Schau.

Organisch geformtest Glasdach, das von Bäumen gestützt wird

Arbor Kitchen, Neue Kunst am Ried, Deutschland, 2022. Das experimentelle Bauwerk besteht aus 32 jungen Platanen, die ein leichtes Dach tragen.
TUM / Kristina Pujkilovic

Eine andere Art von Wachstum

Ihr Titel variiert Sigfried Giedions modernes Standardwerk von 1941, Raum, Zeit, Architektur. Tatsächlich stellt die Ausstellung das Bauen aber in eine völlig andere, eine organische Tradition. In dieser verlangen Gebäude als wachsende Strukturen auch den Planenden konstante Veränderungen ab.

Was konkrete Experimente mit solchen Strukturen alles möglich machen, zeigt aber erst der letzte Teil der Ausstellung, in dem Studierende modellhaft Beispiele und eigene Projekte zusammengetragen haben. Die beliebte Studienpraxis heißt an der TU München denn auch Design-Build-Grow. Und auch im Rahmen der Ausstellung wird es ein Sommercamp geben, für das vor der Tür des Museums schon stattliche Hainbuchen bereitstehen.

Unser Freund, der Baum

Zuvor lässt man auf Schautafeln aber die vielen Formen der Baum- beziehungsweise Holz-Nutzung Revue passieren. In dieser manchmal skurrilen kleinen Kulturgeschichte dessen, was wir heute als „Ökosystemleistungen“ bezeichnen, gibt es ziemlich viel zu lesen. Natürlich geht es unter vielem anderen auch um Baumhäuser, die tatsächlich eine erstaunlich lange Tradition haben. Als Nachfahren der Affen lebten wir einst in Wipfeln, und Bäume waren stets auch Rückzugsräume. Menschliche Gesellschaften haben sich unter und gemeinsam mit Bäumen entwickelt.

Lebende Brücke aus Baumwurzeln

Lebende Brücke der Khasi People, Indien
TUM / Ferdinand Ludwig, 2019

Lebende Brücken

Dass die Baubotanik ein Generationenprojekt ist, beweisen die in der Ausstellung ausführlich vorgestellten lebenden Brücken, die in Nordindien aus den Luftwurzeln des Gummibaums „gebaut“ wurden. Geschicktes Leiten des Wachstums dieser riesigen Bäume ist wohl der bessere Begriff. So entstanden extrem robuste, in die Bergwälder integrierte Tragwerke, die bis heute benutzt werden. Ein eigens gedrehter Film lässt indes auch die Bedrohung dieser Tradition durch Klimawandel und Globalisierung deutlich werden.

In unseren Breiten wird Baubotanik sicher nicht die Ressourcenkrise beheben. Aber sie erinnert mit durchaus auch modernen Mitteln an eine Verbundenheit zwischen Mensch und Natur, die fasziniert – und an die Stetigkeit vieler natürlicher Prozesse, von der wir lernen können.


Die Ausstellung

Trees, Time, Architecture! Design in Constant Transformation
Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne
bis 14. September 2025, täglich außer montags

Das Buch

Trees, Time, Architecture! Entwerfen im Wandel
Katalog mit 128 Seiten
Park Books, 2025
im Museum 22 Euro, im Buchhandel 35 Euro

 

 

 

 

 

 

 

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