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Bau-Turbo mit Tatkraft!

Der Bau-Turbo soll für mehr Wohnungen sorgen. Doch er könnte zum Totalschaden werden. Stattdessen sollte der Bund lieber selbst zum Bauherr werden und nachhaltige und einfache Bauweisen fördern.

22.08.20253 Min. Von Ernst Uhing Kommentar schreiben
Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

„Eine qualitätvolle Planung benötigt nicht nur fachliches Know how, sondern auch Zeit und Partizipation“: Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, will mit dem Bau-Turbo in die richtige Richtung fahrern.
Ingo Lammert

Dieser Kommentar ist unter dem Titel „Turbo mit Tatkraft!“ im Deutschen Architektenblatt 09.2025 erschienen.

Betriebswirtin, Managerin, Unternehmerin – mit Verena Hubertz haben wir eine Bundesbauministerin bekommen, die sich als Macherin versteht. Um den Wohnungsbau endlich wieder in Fahrt zu bringen, hat sie direkt nach Amtsantritt den „Bau-Turbo“ eingelegt. Was zunächst nach Tempo klingt, könnte aber eher in einem Totalschaden enden.

Der Bundestag hat den von CDU/CSU und SPD vorgelegten Gesetzentwurf zur „Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ im Juli debattiert und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen. Gut so, denn nach Überzeugung der deutschen Architektenkammern würde insbesondere die Einführung des § 246e zu städtebaulichen Fehlentwicklungen mit erheblichen negativen Umwelteingriffen führen.

Bau-Turbo gefährdet Mitwirkungsrechte

Die Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger würden in erheblicher Weise eingeschränkt. Die Abweichungsmöglichkeiten von Bebauungsplänen bergen zudem Gefahren für eine geordnete Stadtentwicklung und für bewährte baukulturelle Standards. Sollte die lenkende Wirkung des bisherigen § 246e in Gänze wegfallen, droht eine Fragmentierung von städtebaulichen Gesamtstrategien zugunsten kurzfristiger Bauvorhaben.

Förderung für mehr bezahlbaren Wohnungsbau

So lobenswert der Ansatz von Ministerin Hubertz ist, beherzt einen einfacheren und schnelleren Wohnungsbau ermöglichen zu wollen: Eine präzise und qualitätvolle Planung benötigt nicht nur fachliches Know-how, sondern auch Zeit und Partizipation. Ein impulsgetriebener Schnellbau wird die Wohnungsbaukrise nicht lösen. Der Wohnungsbau muss auf allen Ebenen vorangetrieben werden. Für den geförderten Wohnungsbau gilt dabei: Ohne Förderanreize wird sich weiterhin wenig bewegen. Hier sind die Länder in der Verantwortung.

Bei uns in Nordrhein-Westfalen wurden 2024 insgesamt 12.847 Wohneinheiten mit 2,3 Milliarden Euro durch die öffentliche Wohnraumförderung gefördert. Ein vorbildlich hohes Fördervolumen, das bis 2027 fortgeführt werden soll – und notwendig ist. Denn die Zahl der benötigten (vor allem kostengünstigen) Wohnungen liegt weitaus höher.

Bund als Bauherr für Wohnungen

Es ist deshalb an der Zeit, ergänzend über neue Wege nachzudenken, die zügige Genehmigungsverfahren mit qualitätvollem Wohnungsbau verbinden. Ein solches Engagement könnte auf mehreren Ebenen erfolgen, um den Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt wirksam zu begegnen: Zum Ersten könnte der Bund wieder selbst als Bauherr auftreten, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, insbesondere in Regionen mit akutem Wohnungsmangel. Plausibel wäre ein Bundeswohnungsbau für Bundesbedienstete – historische Vorbilder gibt es dafür zuhauf.

Bund sollte nachhaltiges Bauen fördern

Zum Zweiten könnte der Bund eng mit Ländern und Kommunen zusammenarbeiten, um gemeinsame Strategien zu entwickeln, die regionale und lokale Bedürfnisse berücksichtigen. Und, zum Dritten, könnte er gezielt Innovationen fördern und dabei Vorbildwirkung entfalten: zur Einführung des Gebäudetyps E, für ein nachhaltiges und energieeffizientes Bauen. Damit könnte er überdies die Forschung und Entwicklung im Bereich des nachhaltigen Planens und Bauens vorantreiben.

Als Präsident einer Landesarchitektenkammer geht mir der Ruf nach „mehr Bund“ nicht leicht über die Lippen. Um den Wohnungsbau in Deutschland wieder voranzubringen, ist Tatkraft gefragt. Eine Scheu vor Bundesbau wäre fehl am Platze. Der Turbo darf ruhig angeworfen werden. Die Fahrt muss aber in die richtige Richtung gehen!


Ernst Uhing ist Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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