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Neue Heimat Hamburg

Nach dem erfolgreichen Auftakt in München ist die Ausstellung zur Geschichte der „Neuen Heimat“ in Hamburg angekommen. Wir empfehlen Ausstellung und Bücher und ein Zeitzeuge berichtet von den Verstrickungen des Konzerns mit der Politik und dem Widerstand gegen das „System Neue Heimat“.

26.06.20197 Min. 2 Kommentar schreiben

„Wohnen für alle“ war schon in der Nachkriegszeit ein Schlagwort, das Wohnungsbaugesellschaften wie der „Neuen Heimat“ zur Blüte verhalf. Bis zu ihrem skandalumwitterten Niedergang in den 1980er-Jahren hatte sie über 400.000 Wohnungen realisiert. Die Ausstellung „Die Neue Heimat (1950–1982). Eine sozialdemokratische Utopie und ihre Bauten“ unternimmt nach ihrer ersten Station in München nun in Hamburg eine kritische Analyse jener Wohn- und Siedlungskonzepte, die vor dem Hintergrund der heutigen Situation neue Aktualität erhalten. Anhand historischer Fotos, Filme, Pläne und Modelle werden Einzelbauten und Siedlungen aus Hamburg, der restlichen BRD sowie aus dem Ausland vorgestellt. Die Ausstellung läuft vom 27.6.19 bis 6.10.19 im Museum für Hamburgische Geschichte

Die Bücher zur Ausstellung

Im Überblick:
Andres Lepik, Hilde Strobl
Die Neue Heimat (1950–1982). Eine sozialdemokratische Utopie und ihre Bauten
Edition Detail, 2019
236 Seiten, 29,90 Euro

Mehr Hintergründe:
Ulrich Schwarz (Hg.)
Neue Heimat. Das Gesicht der Bundesrepublik. Bauten und Projekte 1947 – 1985
(Schriftenreihe des Hamburgischen Architekturarchivs, Band 38)
Dölling u. Galitz, 2019
808 Seiten, 79 Euro

 

Neue Heimat und Senat

Die Geschichte der „Neuen Heimat“ wird nun im Museum für Hamburgische Geschichte und in begleitenden Publikationen beleuchtet. zu sehen.  und blickt auch heute kritisch zurück

Von Joachim Reinig

„Neue Heimat und Senat – sind ein Gangster-Syndikat!“, diese Parole vieler Mieterdemonstrationen Mitte der 1970er-Jahre fehlt leider in der neuen Publikation des Hamburgischen Architekturarchivs „Neue Heimat. Das Gesicht der Bundesrepublik – Bauten und Projekte 1947 – 1985“, herausgegeben von Ullrich Schwarz. Ein aus einem Müllcontainer gerettetes Fotoarchiv bildet die Grundlage für das Buch, das durch sehr detailreiche Texte, insbesondere von Dirk Schubert, zum Wohnungsbau der Neuen Heimat, ergänzt wird. Bei der Buchvorstellung fand die sozialdemokratische Bausenatorin Dorothee Stapelfeld viel Lob für die Bautätigkeit der Neuen Heimat im Wiederaufbau, aber kein kritisches Wort – selbst 40 Jahre nach dem Zusammenbruch des gewerkschaftseigenen Konzerns. Nichts gelernt?

Anfang der 1970er Jahre stellte sich für mich als jungen Architekturstudent an der Hochschule für bildende Künste die Neue Heimat als Krake dar, eng verflochten mit Regierungen und Kommunen. Sie war überall präsent. Während die Hamburger Baubehörde von „cityuntypischen Bewohnern“ sprach, die „wertvolle Flächen blockieren“, entwickelte die Neue Heimat Pläne für Kahlschlagsanierungen in St.Georg oder Ottensen. Ihre Neubausiedlungen wie Mümmelmannsberg oder Osdorfer Born verhießen nichts Gutes. Sie hängen selbst nach 50 Jahren noch am Tropf der Sozialarbeit und der integrierten Stadtteilentwicklung.

2 Gedanken zu „Neue Heimat Hamburg

  1. Die Arbeitnehmer der 1986 als „WIR Wohnungsbaugesellschaft in Berlin mbH“ kommunalisierten NH-Niederlassung in Westberlin (jetzt: Gewobag WB) haben sich zur Instandbesetzer-Zeit 1979 bis 1982 auch von jener IG BSE abnabeln müssen, da jene einseitig die konservativen Positionen der Bauproduzentenseite einnahm – und unter regionalem DGB-Vorsitzendem Walter Sickert rigoros Demonstrationen der Bauarbeiterschaft für Räumungen instandbesetzter, zuvor andauernd sanierungsbedingt leer stehender und dem Verfall preisgegebener Häuser in Mietshausquartieren organisierte. Seitdem vertrat die damalige Gewerkschaft HBV (Handel Banken Versicherungen) die Arbeitnehmerseite auch im Aufsichtsrat – schließlich in fusionierter VERDI aufgegangen. Bereits ab 1975 wurde im Block 118 (Hämer-Block) des einstigen Sanierungsgebietes der NH in Charlottenburg-Klausenerplatz erstmals ein gefördertes Pilotprojekt der Behutsamen Stadterneuerung durchgeführt. Solche Partizipations-Strategie wurden dann erst ein Jahrzehnt später, mit der IBA 1984/87 u.a., in Westberlin bei allen treuhänderischen Sanierungsträgern zur politischen Praxis – allerdings unter massivem Einsatz öffentlicher Städtebau- und Sozialsubventionen. Mit dem Fall der Mauer, der Wiedervereinigung und einem Massenbedarf in verfallenden ostberliner Mietskasernenquartieren der Gründerzeit erfolgte sukzessiv eine pragmatische, politische Abkehr von solcher Bewohnerpartizipation und Hinwendung zur rein privat betriebenen Mietshaussanierung mit bekannten Gentrifizierungsfolgen. Insofern stellen die erst zu westberliner Sanierungsgebietszeiten gemäß StBauFG kommunalisierten Innenstadt-Altbaubestände mittlerweile hinsichtlich nachhaltiger Mietenpolitik einen wahren Schatz dar. Dagegen laufen damalige Förderungsbindungen im Sozialen Wohnungsneubau mittlerweile leider aus, so dass private Kapitalanlageinteressen solche Bestände radikal verwerten.

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  2. 1981 wurden in Westberlin Claus Wegner und 7 weitere Kollegen der Fachgruppe lohnabhängiger Architekten aus der IG BauSteineErden ausgeschlossen Sie hatten gegen das Räumungsbegehren der Neuen Heimat gegen besetzte Häuser protestiert und dabei auf einer Unterschriftenliste ihre Gewerkschaftszugehörigkeit angegeben.

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