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Zurück Nachwuchs-Kolumne #266

Mentale Gesundheit im Studium: trotz Stress dranbleiben

Arbeitsaufwand, Finanzierung, Freizeit: Studierende gaben Einblicke in ihre Lebensumstände und damit in ihre mentale Gesundheit im Studium. Die Belastungen sind vielfältig, doch viele zeigen sich zuversichtlich.

Von: Luisa Richter-Wolf
Luisa Richter-Wolf schreibt über Landschaftsarchitektur an den Unis, im Beruf...

13.08.20256 Min. Kommentar schreiben
Erschöpfte junge Frau am Schreibtisch mit Laptop

Viele belastende Faktoren gefährden die mentale Gesundheit im Studium.
stokkete/stock.adobe.com

Mentale Gesundheit im Studium? Das ist für viele eine große Herausforderung: Studienstress ausjonglieren, den Alltag bewältigen, persönliche Interessen und Beziehungen miteinander vereinbaren. Dieses Bild zeigte sich schon vor über zwei Jahren bei verschiedenen intensiven Diskussionen auf der Frühjahrskonferenz der Bundesfachschaft Landschaft. Dort gründete sich deshalb die Arbeitsgruppe „Mentale Gesundheit“.

Wer über mentale Gesundheit im Studium befragt wurde

Ziel der neugegründeten Arbeitsgruppe war zunächst, sich ein fundiertes Bild über die mentale Gesundheit im Studium innerhalb der Bereiche rund um Landschaft zu machen. Das hieß, die Studierenden zu befragen: in der Landschaftsarchitektur, Landschaftsplanung, Landschaftsbau und Landschaftsökologie. An der Umfrage „Zwischen Stress und Sorge. Die mentale Gesundheit im Studium Landschaft“ nahmen 676 Studierende aus 25 verschieden Hochschulstandorten teil. Sie beantworteten Fragen zu Zeitmanagement, Arbeitsaufwand, Feedbackkultur, Finanzierung des Studiums, persönlichen Beziehungen und zur gesundheitlichen Situation.

Die meisten Befragten sind weiblich (73 Prozent) und studieren im Bachelor (81 Prozent). Die Teilnehmenden hatten sich zu einem Großteil vorher schon einmal mit mentaler Gesundheit (im Studium) auseinandergesetzt: 265 sehr stark, 205 stark. Knapp über die Hälfte der Befragten studiert an der HS Weihenstephan-Triesdorf, der TU München oder der HfWU Nürtingen. Auch aus Rapperswil in der Schweiz und aus Wien in Österreich haben jeweils rund 30 Studierende an der Umfrage teilgenommen.

Zeitmanagement

196 der Befragten verbringen 30 bis 40 Stunden in der Woche mit dem Studium, 181 sogar mehr als 40 Stunden. Darüber hinaus arbeiten viele bis zu zehn Stunden in der Woche. Das Studium als Vollzeitjob, danach arbeiten, um zu überleben, die „Care-Arbeit“ erledigen und sich mit Freunden und der Familie oder dem Ehrenamt beschäftigen. Da bleibt bei 284 der Befragten kaum noch Zeit für Freizeit oder Sport. So erklärt sich die hohe Unzufriedenheit auf die Frage nach der aktuellen Einteilung der Lebensbereiche. So sagen 35 Prozent, dass sie nicht zufrieden und 30 Prozent, dass sie bei der Frage unentschlossen sind.

Arbeitsaufwand

34 Prozent der Befragten geben an, mehr als zehn Nächte pro Semester für die Uni arbeiten zu müssen. Sieben Prozent sagen, dass sie das niemals machen. 52 Prozent geben an, dass es sie stark bis sehr stark belastet, in der Nacht arbeiten zu müssen. Fast genauso viele antworten, kaum bis gar keinen Konkurrenzdruck untereinander zu verspüren. Wenn die Nachtschichten also nicht durch die Konkurrenz und das gegenseitige Bestreben, besser zu sein, verursacht werden – woran liegt es dann?

64 Prozent aller Befragten sagen sie müssten in ihren Modulen mehr machen, als die vorgesehene ECTS Punkteangabe vorsieht. Gleichzeitig gibt es kein eindeutiges Stimmungsbild, ob der Arbeitsaufwand in Relation zum Lernerfolg steht.

Während 43 Prozent der Befragten in Regelstudienzeit studieren, brauchen 57 Prozent länger. Gründe dafür sind der Job und die Finanzierung, Stress, Zeitmanagement und Überforderung, kein Platz in Modulen, Vertiefung von persönlichen Interessen und Krankheit. 43 Prozent der Befragten haben schon überlegt, ihr Studium abzubrechen. Dafür nennen sie Gründe wie Überforderung, ihre eigene mentale Gesundheit im Studium, Stress, Workload, die berufliche Perspektive, Selbstzweifel und Ängste.

Feedbackkultur

14 Prozent aller Befragten fühlen sich nicht beeinflusst durch das Feedback der Lehrenden auf ihre mentale Gesundheit. 35 Prozent fühlen sich ab und zu beeinflusst, 31 Prozent kurzfristig und 20 Prozent langfristig über das Semester hinaus. Gleichzeitig geben 68 Prozent der befragten Studierenden an, dass sie nicht das Gefühl haben, mit ihren Lehrenden oder Tutoren über ihre mentale Gesundheit im Studium reden zu können. 14 Prozent würden mit beiden darüber sprechen.

Finanzierung

Fast die Hälfte aller befragten Studierenden wird von ihrer Familie finanziert oder geht neben dem Studium arbeiten (34 Prozent). Durch ihr Studium finanziell unter Druck gesetzt fühlen sich 48 Prozent aller Befragten. „Ich könnte mir das Studium nicht leisten, wenn ich nebenher nicht arbeiten würde“, schrieb jemand auf die Frage, inwiefern das Studium finanziell unter Druck setze. Andere Zitate waren: „Ich habe Angst, um Hilfe zu bitten, wenn ich nicht genügend Geld habe“ oder „Es fühlt sich nicht gut an, vom Staat und den Eltern zu leben“.

Familie, Freunde und Beziehung

„Ich habe kaum Zeit für Freunde, die nicht das gleiche studieren“, schreibt jemand auf die Frage, wie das Studium die Sozialkontakte außerhalb des Studiums beeinflusst. Immerhin werden 79 Prozent nicht durch Familie oder Freunde unter Druck gesetzt in der Regelstudienzeit zu studieren. 59 Prozent können sehr gut bis gut mit ihren Bezugspersonen über ihre mentale Gesundheit im Studium sprechen, fünf Prozent machen das gar nicht.

Gesundheit

45 Prozent geben an, keine gesundheitlichen Probleme durch das Studium zu haben. Acht Prozent geben physische, 25 Prozent psychische und 22 Prozent physische und psychische Probleme an. Dabei werden physische Beschwerden wie Rücken- und Nackenschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung, Verspannungen, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen oder häufige Erkältungen genannt. Als psychische Probleme werden Depressionen, Ängste, Selbstzweifel, Stress, Gereiztheit, soziale Isolation und Rückzug aufgeführt.

Auf die Frage, ob sich das Studium auf das Schlafverhalten auswirke, nennen die Befragten vermehrte Müdigkeit, Erschöpfung, zu wenig Schlaf, Probleme beim Einschlafen oder beim Durchschlafen. 81 Prozent geben an aufgrund ihres Studiums schon einmal geweint zu haben, 27 Prozent davon oft. 22 Prozent aller Befragten nehmen psychologische Hilfe in Anspruch. Genauso viele würden gern, fühlen sich aber durch Zeitmangel, fehlende Plätze, Wartezeiten oder aus Angst nicht in der Lage dazu.

Persönliche Äußerungen über mentale Gesundheit im Studium

„Trotz des Stresses würde ich es nicht ändern, und das Studium macht dennoch total viel Spaß! Würde mich immer wieder dafür entscheiden.“ In dieser Art formulieren es einige. Gleichzeitig fordern die Befragten, die mentale Gesundheit in unserer Fachrichtung zu stärken. Manche sehen den Stress positiv. In Bezug auf die Lehrenden fühlen sich manche ihren Professoren ausgeliefert, andere spüren Schadenfreude der Lehrenden, wenn diese sehen, wie erschöpft sie sind.

Eine Person schrieb: „Einen großen Einfluss auf meine mentale Gesundheit hat auch die Klima- und Biodiversitätskrise. Beides sind wichtige Themen im Studium, die aber meine Ängste verstärken und es manchmal schwer machen, Vorlesungen nicht frühzeitig zu verlassen.“

Das Fazit

Wir müssen die mentale Gesundheit im Studium, die Ängste und Bedürfnisse der Studierenden, ernst nehmen – und auf sie eingehen. Wir brauchen Wege und Hilfestellungen, um mit Sorgen und Zweifeln umzugehen. Gerade unsere Disziplin ist eine Schlüsseldisziplin für die notwendige Anpassung unserer Städte an den Klimawandel. Wir werden gebraucht. Deshalb müssen wir uns heute darum kümmern, dass unsere Arbeitskräfte von morgen nicht schon mit einem Burnout ins Berufsleben starten.


Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.

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