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[ Nachwuchs-Kolumne #184 ]

Europan 17: Wettbewerb zur Transformation von Stadträumen

Unter dem Motto "Living Cities“ suchte der diesjährige Wettbewerb Europan 17 nach Ideen zur Transformation vernachlässigter urbanisierter Räume. Nun sind die Ergebnisse da.

Von Johanna Lentzkow

815 Einreichungen mit Ideen für 51 europäische Stadträume gab es beim diesjährigen Wettbewerb Europan 17: Wie können sie lebendiger, integrativer und durchmischter aber auch nachhaltiger und klimaangepasster werden?

Europan ist ein architektonischer und städtebaulicher Ideenwettbewerb, der vor 32 Jahren auf französische Initiative ins Leben gerufen wurde und nun alle zwei Jahre stattfindet. Er besteht aus einer Reihe nationaler Wettbewerbe, die auf europäischer Ebene miteinander verbunden sind und sich auf ganzheitliche Art und Weise ausgewählten Projektstandorten vom großen landschaftlichen, über den städtebaulichen bis zum architektonischen Maßstab annehmen.

Die Europan-Gemeinschaft zählt heute 13 ständig teilnehmende Länder, aus denen immer unterschiedliche Städte konkrete Aufgabenstellungen liefern. Der Wettbewerb ist sowohl offen für Berufstätige (unter 40 Jahren) als auch für Studierende jeglicher Disziplinen. Er wird von verschiedenen nationalen Strukturen organisiert, bestehend aus institutionellen Einrichtungen sowie Einzelpersonen wie zum Beispiel Architekt:innen, Stadtplaner:innen und Forscher:innen.

Von der Idee zur Realisierung

Für ausgewählte Projekte ist nach dem reinen Ideenwettbewerb aber noch nicht Schluss: Oft folgt auch eine Umsetzung. Die Siegerteams bekommen die Chance, mit allen Partner:innen auf lokaler Ebene in Kontakt zu treten und ihr Projekt mit den konkreten Gegebenheiten vor Ort und Wünschen in Einklang zu bringen, beziehungsweise sie von ihren innovativen Ideen zu überzeugen.

So tat es zum Beispiel ein spanisches Siegerteam im Kontext des Europan 9 in Selb, einer schrumpfenden Stadt in Bayern. Sie schlugen statt Angeboten für Senioren, wie ursprünglich in der Aufgabenstellung vorgesehen, Infrastrukturen für die Jugend und ein „Haus der Tagesmütter“ vor (das tatsächlich gebaut wurde) und bewiesen, dass mit ihrer Intervention die gewünschten Ziele für die Stadt effektiver erreicht werden.

Der Lageplan des Projekts "SEX in the city" für ein Quartier in Kassel
Die stadträumliche Struktur des Projekts „SEX in the city“ sieht elf neue Häuser vor. Sie schaffen eine Verbindung zum bestehenden Quartier und holen die Landschaft in die Stadt.

„SEX in the city“ in Kassel

Einen Impuls für den diesjährigen Wettbewerb gab auch meine frühere Kommilitonin Kim Finster zusammen mit ihrem Team, bestehend aus Carolin Renno und Paul Raphael Schägner aus dem Architekturbüro PRSch. Ihr Siegerentwurf „SEX in the city“ für den Kasseler Europan-Standort „Wolfsanger-Hasenhecke“ nimmt drei Themen in den Fokus: die Entwicklung einer gendergerechten Stadt, die Förderung des Ökosystems und das klimaangepasste Bauen.

Eine stadträumliche Struktur aus elf „Row-Houses“ holt die Landschaft großzügig in die Stadt und stellt eine Verbindung zum bestehenden Quartier her. Statt langer Reihen winden sie sich so divers, dass sich unterschiedliche Situationen zwischen ihnen ergeben: interaktive Bewirtschaftungsachsen, zentrale Begegnungsflächen, Feuchtgebiete. Das Ziel ist ein postbinärer Natur-Kultur-Urbanismus, der Stadt und Natur in Einklang bringt.

Die Jury lobt außerdem das großzügige Verhältnis von unversiegelter zu versiegelter Fläche, auf der eine hohe Dichte an unterschiedlichstem Wohnungsangebot für individuelle Lebensmodelle Platz findet. Das Team erkennt zum Beispiel das unausgeschöpfte Potenzial vermeintlicher Nebenräume, wie etwa der Wäscheräume und funktioniert sie zu Begegnungsflächen für die Bewohnerschaft um. Die Gebäude mit variierender Breite von 12 bis 18 Metern sind in Skelett- und Schottenbauweise geplant und bieten somit ein im Ausbau flexibel anpassbares Grundgerüst. Der Vorschlag für das Areal Wolfsanger-Hasenhecke wird im kommenden Jahr mit der Stadt Kassel diskutiert.

Ergebnisse des Europan 17

Der Wettbewerb Europan wird von Jurys bewertet, die sich aus internationalen Expert:innen der Standorte zusammensetzen. Die Ergebnisse können auf den jeweiligen Seiten der teilnehmenden Länder eingesehen werden, wie zum Beispiel die Resultate der deutschen Standorte. In Summe wurden 49 erste und 52 zweite Preise mit einem Preisgeld von insgesamt 900.000 Euro verliehen.

Die Projekte widmen sich alle vernachlässigten Wohngebieten. Sie beschränken sich nicht auf räumliche Umgestaltung, sondern berücksichtigen auch die soziale Dynamik der Quartiere, um diese zu verbessern. Ökologische Aspekte spielen dabei ebenfalls eine relevante Rolle. Die Entwürfe zeigen Lösungen auf verschiedenen Ebenen auf, die ineinandergreifen und benennen die Schritte, um das definierte Ziel zu erreichen. Ein Blick in die Resultate des Europan 17 lohnt sich, es gibt viel zu lernen!


Johanna Lentzkow absolvierte ihren Bachelor an der Hochschule Darmstadt und setzt nun ihr Architekturstudium an der Technischen Universität in München fort.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Luisa Richter und Lorenz Hahnheiser.

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