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[ Nachwuchs-Kolumne #154 ]

Überhitzung: Was tun gegen unsere zu heißen Städte?

Oft sehnen wir uns nach wärmeren Temperaturen. Aber genau die machen unseren Städten immer mehr zu schaffen: Wie man der urbanen Überhitzung entgegenwirken kann

Luftbild von der Münchener Innenstadt
Dicht bebaut, wenig grün: Auch München ist gegen Überhitzung noch nicht gewappnet.

Von Johanna Lentzkow

Zu laut, zu unsicher, zu heiß – so beschrieb Christine Lemaitre, Geschäftsführende Vorständin der DGNB, unsere Städte kürzlich in einem Interview. Viele der negativen Applikationen, die mit Städten verbunden werden, sind auf ihren hohen Versiegelungsgrad zurückzuführen. In Deutschland werden täglich 55 Hektar neu als Siedlungs- und Verkehrsfläche ausgewiesen – das entspricht 78 Fußballfeldern pro Tag und befindet sich im europäischen Vergleich im oberen Bereich. Anzumerken ist hierbei, dass Flächenverbrauch nicht gleich Bodenversiegelung bedeutet, sondern beispielsweise auch Stadtparks, Sportplätze und ähnliches darunter zu verstehen sind. Dennoch macht die neu versiegelte Fläche an der täglich neuen Inanspruchnahme fast die Hälfte aus.

Dass unsere Städte vor dem Hintergrund des Klimawandels selbst einen Wandel vollziehen müssen, ist unumstritten. Anscheinend mangelt es jedoch noch am nötigen Problembewusstsein.

Versiegelung gleich Überhitzung

Versiegelte Böden zerstören fruchtbares (Acker-)Land und Lebensräume für die Pflanzen- und Tierwelt. Des Weiteren verhindern sie, dass Regenwasser versickern und dem natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann. Auf lange Sicht werden so die Grundwasservorräte reduziert, die Gefahr von Überflutungen und das Hitzeprofil der Fläche steigt, da keine natürliche Verdunstung stattfindet oder etwaige Pflanzen Schatten spenden können. Hinzu kommt die Wärmeabsorption und -speicherung von Fassadenflächen, was das urbane Mikroklima zusätzlich belastet und zum urbanen Hitzeinseleffekt beiträgt.

Welche Möglichkeiten gibt es also, um der Überhitzung entgegenzuwirken? Ich habe mich auf die Suche nach bereits umgesetzten Beispielen und Ansätzen gemacht.

Schwammstadt und Entsiegelung

Wenn man sich den großen Maßstab ansieht, hat sich zum Beispiel Nachverdichtung als wirksam erwiesen. Dabei werden innerstädtisch frei liegende Flächen bebaut oder bestehende Gebäude aufgestockt werden. Somit verhindert man Zersiedelung und den Bau von neuen Infrastrukturen, die wieder neue Flächen versiegeln würden, um die neuen Gebäude anzubinden. Auch der Begriff der „Schwammstadt“ (Sponge City) wird im Zusammenhang mit der Anpassung von Städten an das zukünftige Klima zahlreich genannt. Das Ziel dabei ist es, Flächen zu schaffen, die große Mengen an Wasser aufnehmen und zeitverzögert wieder abgeben können – wie ein Schwamm.

2011 noch von einer Starkregenkatastrophe betroffen, hat Kopenhagens Innenstadt nun reagiert und ist jetzt europäischer Vorreiter in Sachen Überflutungsvorsorge. Begrünte Straßenzüge erlauben die Versickerung und Verdunstung von Wasser, Plätze und tiefer gelegte Straßen dienen als Rückhalteräume (Einige Bilder findet ihr in diesem Beitrag. Dort sieht man, dass das gesammelte Wasser sogar Teil einer Platzgestaltung werden kann). Gerade Verkehrsflächen bieten ein großes Potenzial für Entsiegelungen.

In Österreich wurden zum Beispiel bei Straßen, deren Kapazitäten es zulassen, nachträglich Fahrstreifen entfernt und nun durch Grünstreifen und Radwege ersetzt. Diese Maßnahme ist nicht nur auf ökologischer Ebene vorteilhaft, sondern trägt auch zu leiseren und durch Geschwindigkeitsanpassungen zu sichereren Städten bei.

Wirksame Intervention im kleinen Maßstab

Um das lokale Mikroklima in städtischen Gebieten zu verbessern, kamen Studierende im Rahmen der Design-Build-Sommerschule 2020 an der TUM mit einem Projekt Climate Active Bricks auf. Das Projekt zielte darauf ab, die Potenziale von Computergestaltung, Klimasimulation und Roboterfertigung mit der Aktivierung der klimaaktiven Eigenschaften von Ziegeln in Gebäudehüllen zu verbinden. So wurde eine sich selbst beschattende Gebäudefassade entwickelt, die eine niedrigere Oberflächentemperatur aufweisen konnte und somit weniger Hitzebelastung vor der Fassade für die Stadtbewohner:innen bedeutet.

Ob im großen oder kleinen Maßstab – es gibt Stellschrauben, die gegen städtische Überhitzung gedreht werden können. Bis 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf weniger als 30 Hektar pro Tag senken. Das wäre doch schon mal ein Anfang!

 


Johanna Lentzkow absolvierte ihren Bachelor an der Hochschule Darmstadt und setzt nun ihr Architekturstudium an der Technischen Universität in München fort.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Luisa Richter und Lorenz Hahnheiser.

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