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[ Ausbildung ]

BIM im Studium: zwischen Theorie und Praxis

Studierende fordern mehr BIM. Wie es vermittelt werden kann, wie ein neuer Lehrstuhl dafür aussehen kann – und warum Vernetzung Gold wert ist

Studierende arbeiten an Laptops

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „BIM im Architekturstudium – zwischen Theorie und Praxis“ im Deutschen Architektenblatt 03.2023 erschienen.

Von Simone Kraft

Bald kommt am Bau und in der Architektur niemand mehr drum herum – BIM wird seit Ende 2022 bei Hochbauten des Bundes schrittweise verpflichtend. Da liegt es nahe, bereits den Nachwuchs darin zu schulen. Noch allerdings wird dies an deutschen Hochschulen nicht flächendeckend angeboten. Nur vereinzelt gibt es entsprechende Lehrstühle.

Studierende fordern mehr BIM

Insbesondere aus den Reihen der Studierenden ist der Ruf nach „mehr BIM“ deutlich. 2020 formulierten die Studierenden selbst im Zuge der Gründung der Architekten-Nachwuchsorganisation nexture+ fünf Thesen für eine digitale Lehre. Explizit wurde dabei auch die Lehre von BIM gefordert – und zwar ohne sich von Programmen die architektonische Freiheit nehmen zu lassen. Fabian P. Dahinten, Vorsitzender von nexture+ und Lehrbeauftragter am Fachbereich Architektur der Hochschule Darmstadt, betont: „Immer, wenn Studierende und Berufseinsteiger sich untereinander über die digitale Lehre – und dabei auch über BIM – austauschen, wird deutlich, dass es zwar einige Fachbereiche gibt mit spannenden Kursen – die können aber nur vereinzelte Studierende belegen. Die große Masse fühlt sich nicht gut mit Fähigkeiten für die digitalen Werkzeuge ausgerüstet.“

Freilich ist es auch kein einfaches Unterfangen, einen neuen Lehrstuhl einzurichten. Nicht nur muss er finanziert, er muss auch inhaltlich gestaltet und in die laufenden Curricula aufgenommen werden. Was soll eigentlich unterrichtet werden und wie? Wo fallen Stunden der bestehenden Kurse weg, um die Einheiten unterzubringen, die natürlich nicht einfach zum Bestehenden addiert werden können?

Ein BIM-Lehrstuhl entsteht

An diesen Prozess hat sich zuletzt die Hochschule Karlsruhe (HKA) gewagt, die einen der neusten „BIM-Lehrstühle“ etabliert hat. Angelegt als Querschnittsprofessur für digitales Planen und Bauen, verbindet er die Fachbereiche Architektur und angewandte Forschung. Besonders ist sein praktischer Fokus. „Wir bauen das Curriculum derzeit so auf, dass die Studierenden spezifisch praxistaugliche Modelle erstellen und im Zuge dessen die Rollen, Prozesse und IT-Kenntnisse erlernen“, erläutert Reinhard Wimmer, erster BIM-Professor der Karlsruher Hochschule.

Aufgaben aus der Praxis werden in Form von Projektarbeiten in die Lehre integriert. Während bislang in die BIM-Lehre an den deutschen Universitäten und Hochschulen vor allem Buchwissen und viele externe Praktiker für Übungen einbezogen worden seien, wage man nun also den bewussten Schritt zu einem breiteren Zugang zu BIM, so Reinhard Wimmer. „Es geht nicht nur um die Modellerstellung, sondern auch um Prozesse und das Verständnis über den gesamten Lebenszyklus“, erläutert der Professor.

Ein Ansatz, den auch Nachwuchssprecher Fabian P. Dahinten sehr begrüßt: „Wir brauchen keine ‚technischen 3D-Zeichner‘, sondern müssen digitale Tools als Kommunikationsmittel verstehen, mit denen Planungspartner gute Architektur machen. Denn wenn wir als Architekten nicht auch bei der Programmentwicklung mithelfen und sagen, was wir brauchen, geben uns die Entwickler vor, womit wir arbeiten müssen.“

Kompelixitat von BIM wird schon im Studium deutlich

Interessant sind die Rückmeldungen nach zwei Jahren „BIM-Professur“ an der Hochschule Karlsruhe. Die Studierenden haben im Zuge der Evaluation deutlich gemacht, dass sie das Thema als besonders wichtig empfinden, jedoch scheint die Komplexität der Materie unterschätzt worden zu sein, berichtet Reinhard Wimmer.

Hier zeige sich, dass die Werbemaschinerie der BIM-Welt ebenfalls nicht vor der jungen Generation haltmacht: „Bei einer praxisorientierten Lehre sind identische Schwierigkeiten wie in der Industrie zu erwarten. Etwa die Interoperabilität bei der Anwendung von Softwares unterschiedlicher Hersteller zu realisieren (Stichwort Big-Open-BIM-Methode) oder das Informationsmanagement modellbasiert zu gestalten – und gleichzeitig die noch neuen Rollen mit den jeweiligen Aufgaben und Verantwortlichkeiten auszufüllen. Glücklicherweise war die Lehre darauf ausgerichtet, diese Schwierigkeiten als Teil der Aufgabe zu erkennen. Durch Anleitung wurden sie dann auch gemeinsam gemeistert.“

Netzwerk einer neuen ­Generation von Lehrenden

Um zu wissen, welche Herausforderungen in der Praxis auf die Studierenden zukommen, ist es wichtig, dass die Lehrenden bereits konkrete Erfahrungen mit BIM abseits des Hörsaals gemacht haben. Die Hochschulen Karlsruhe, Köln und Augsburg bauen daher derzeit gemeinsam ein Netzwerk auf, in dem eine neue Generation von Lehrenden vertreten ist, die zuvor in der Praxis unterwegs waren.

Reinhard Wimmer selbst ist ein gutes Beispiel: Nach seiner Promotion über „BIM-Informationsmanagement bei der thermisch-energetischen Simulation von gebäudetechnischen Anlagen“ arbeitete der studierte Wirtschaftsingenieur als BIM-Manager und Abteilungsleiter für Forschung und Entwicklung bei einer Gesamtplanungs-GmbH und verantwortete dort an realen Bauprojekten die digitale Transformation.

Cover Ratgeber BIM in der HochschulausbildungDezentralität von BIM im Studium simulieren

Um eine realistische Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Planungsteilnehmern zu simulieren, bringt das BIM-Netzwerk der Hochschulen auch Studierende aus unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichem Fokus zusammen. „Wir wollen die in der Praxis grundsätzlich vorzufindenden dezentralen Big-Open-BIM-Projekte den Studierenden näherbringen und diese gemeinsam ausarbeiten. Das Ziel ist, dass die Studierenden die noch bestehenden technologischen und prozessualen Schnittstellenprobleme erkennen, verstehen und letztendlich optimal beherrschen, um effizient und lebenszyklusorientiert das Projektziel zu erreichen“, so Wimmer.

Leitfaden für BIM-Ausbildung im Studium

Auch die Bundesarchitektenkammer hat den Bedarf zur Verstärkung der digitalen Planung an den Hochschulen erkannt und einen kostenlosen Leitfaden dazu herausgegeben, um den Weg zu einer systematischeren Architekturausbildung in digitaler Planung zu ebnen. Auf 65 Seiten werden die Herausforderungen und Potenziale digitaler Planungsmethoden und -werkzeuge in der Lehre untersucht und die notwendigen strukturellen, personellen sowie finanziellen Voraussetzungen beschrieben. In einem Praxisteil wird anhand von Best-Practice-Beispielen aus den Hochschulen vorgestellt, wie die Einführung von BIM in die Lehre gelingen kann – von regulären Veranstaltungen über Workshops, Projekte und Summer Schools bis hin zu Wettbewerben. 

Formuliert hat die Strategie für eine zukunftsorientierte Architekturausbildung mit mehr Raum für digitale Planungsmöglichkeiten die BAK-Arbeitsgruppe „Digitale Planung in der Hochschulausbildung“ unter Federführung der Architektenkammer Sachsen-Anhalt, in der Professorinnen und Professoren deutscher Hochschulen und Universitäten zusammenarbeiten.

Eine Haltung, die Reinhard Wimmer nur unterstreichen kann. „Die angestrebte interdisziplinäre Vernetzung über die Hochschulgrenzen hinaus, kombiniert mit einem entsprechenden Bezug zur Praxis, ist ein Muss, um die nächsten Generationen auf die bestehenden Disruptionen vorzubereiten. Nur so kann die fortschreitende Digitalisierung in der Bauindustrie erfolgreich etabliert werden.“ 

Dr. Simone Kraft ist Fachjournalistin und ­Expertin für Architektur-Kommunikation

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