
Das neue Präsidium (v. l. n. r.): Wiebke Ahues, Andrea Gebhard, Stephan Weber, Evelin Lux.
Anja Grabert
Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Verantwortung für Baukultur und Gesellschaft“ im Deutschen Architektenblatt 11.2025 erschienen.
Die derzeit wohl drängendste soziale und gesellschaftliche Herausforderung ist der Wohnungsbau. Als neu gewähltes Präsidium der BAK setzen wir uns deshalb mit Nachdruck für Maßnahmen ein, die es ermöglichen, den dringend benötigten Wohnraum schneller sowie ressourcen- und kostengünstiger bereitzustellen und dabei die Fragen des Flächenverbrauchs, der Umbaukultur und der veränderten Nutzung in unseren Städten verantwortungsvoll mitzuberücksichtigen.
Ein Beruf mit gesellschaftlicher Verantwortung
In einer Zeit, in der politische Prioritäten in Berlin und Brüssel massiv schwanken, ist es wichtiger denn je, dass wir uns mit einer starken eigenständigen Stimme Gehör verschaffen. Als Partner der Politik stehen wir für sachorientierte Kontinuität und haben dabei die Herausforderungen der Gegenwart klar im Blick. Vier Leitlinien bilden unseren Kompass:
- nachhaltige Lebensräume gestalten,
- Wirtschaft und Baukultur stärken und zirkulär denken,
- Planen und Bauen erleichtern und
- den Berufsstand im digitalen Zeitalter positionieren.
Die Schwerpunkte sind bewusst breit angelegt, sie fassen zentrale Handlungsfelder zusammen und verdeutlichen zugleich, dass sich der Berufsstand nicht auf technische Fragen reduzieren lässt, sondern in gesellschaftliche Verantwortung eingebunden ist.
Architektenkammern haben konkrete Ideen
Besonders deutlich wird dies beim Thema Nachhaltigkeit. Während Politik und Bauwirtschaft derzeit vielfach auf kurzfristige Programme und Schnellschüsse setzen, ist es uns wichtig, dass Tempo nicht zulasten von Baukultur und Lebensqualität geht. Nachhaltigkeit bedeutet auch soziale Verantwortung, gestalterische Qualität in allen Maßstäben und generationengerechtes Bauen. Mit Initiativen wie dem Gebäudetyp E oder dem Bundesregister Nachhaltigkeit hat die Gemeinschaft der Architektenkammern konkrete Werkzeuge entwickelt.
Auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stehen im Zentrum. Die Novellierung der HOAI, die Verteidigung der losweisen Vergabe oder die Auseinandersetzung mit einer zunehmend ausufernden Normung zeigen: Hier geht es um die Zukunftsfähigkeit des Berufsstands. Ohne faire Bedingungen verlieren gerade junge und kleinere Büros den Anschluss – und damit geht auch ein Stück Vielfalt und Innovationskraft in der Baukultur verloren.
Architektenkammern sind keine Verwaltung
Ein weiterer Schwerpunkt ist die große Herausforderung künstlicher Intelligenz, die von innen heraus mitgestaltet werden muss. Die Daten, auf denen KI bereits jetzt aufbaut, stammen aus unserer Arbeit! Nur wenn wir unsere Expertise gezielt einbringen, kann KI zu einem sinnvollen Instrument für Qualität, Effizienz und Baukultur werden.
Schließlich geht es um die Stärkung der Architektenkammern selbst. In einer Zeit, in der Vertrauen in Institutionen schwindet, setzen wir auf Transparenz, Teilhabe und Gemeinschaft. Die Nachwuchsförderung ist uns besonders wichtig, damit junge Kolleginnen und Kollegen stärker eingebunden, Verwaltungsabläufe modernisiert und Strukturen harmonisiert werden. Kammern sind nicht nur Verwaltungseinheiten, sondern lebendige Orte demokratischer Kultur.
Wir freuen uns auf die gemeinsame anstehende Arbeit. Es ist wichtiger denn je, dass wir uns mit einer starken Stimme Gehör verschaffen!
Besonderer Dank gilt den bisherigen Vizepräsidenten Professor Ralf Niebergall und Martin Müller für ihr herausragendes und jahrzehntelanges Engagement.
Martin Müller setzte wichtige Akzente in der Normungsarbeit, stärkte die Architektur in der Kreativwirtschaft und prägte maßgeblich die Entwicklung des BIM-Standards sowie die Regionalkonferenzen zum Thema Inklusion.
Professor Ralf Niebergall vertrat als „Europaminister“ unsere Interessen in zahlreichen europäischen Institutionen. Er war die starke Stimme in der internationalen Berufspolitik zu Fragen der Freiberuflichkeit, der Ausbildung, der Berufsanerkennungsrichtlinie, des Eintragungswesens und der Außenwirtschaft. Er förderte nachhaltig die internationale Sichtbarkeit des Berufsstands, besonders durch das Netzwerk Architekturexport NAX.
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