
Paula Wätzold, Vorsitzende des BAK-Juniorausschusses (r.) und BAK-Vizepräsidentin Evelin Lux bei einer Veranstaltung der Architektenkammer Baden-Württemberg in Stuttgart.
AKBW/Jan Potente
Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Das ist ein sicherer Raum, in dem man alles sagen kann“ im Deutschen Architektenblatt 06.2025 erschienen.
Die ehrenamtliche Arbeit der BAK organisiert sich unter anderem in Ausschüssen. Jetzt ist ein neuer für die Jungen dazugekommen. Warum?
Evelin Lux: Die sich verändernden Anforderungen, wie Architektur künftig entwickelt und gestaltet wird, bringt viele Gewissheiten ins Wanken. Der Wandel, insbesondere durch KI, ist so fundamentaler Natur, dass wir die neue Generation möglichst schnell in den Prozess einbinden sollten. Wir Erfahrenen führen den Nachwuchs im Rahmen des Juniorausschusses näher heran an den Entstehungsprozess von Architektur, Städteplanung, Landschaftsarchitektur und Innenarchitektur. Durch die frühe Einbindung machen wir sie mit den Aufgaben im Kontext der Kammerarbeit vertraut.
Sind nicht junge Architektinnen und Architekten sowieso schon aktiv in den Kammern? Was ändert sich?
Evelin Lux: Die aktive Integration. Die Stärkung der Architekten in Politik, Gesellschaft und in den Planungs- und Bauprozessen muss auch in der jungen Generation ankommen, und sie soll aktiver Part dieser Veränderungsprozesse sein. Wir wollen die Jungen sichtbarer und hörbarer machen.
Frau Wätzold: Wie waren Sie als angehende Architektin denn vorher vernetzt – und warum wünschten Sie sich eine Institutionalisierung?
Paula Wätzold: In einigen Länderkammern gibt es Treffen von Jungen, in Berlin zum Beispiel die Strategiegruppe Newcomer. Aus dem losen Austausch zwischen diesen Junior-Vertretenden einiger Kammern hat sich die Idee eines Ausschusses entwickelt, die wir an die BAK herangetragen haben. Es gab zwar auch vor dem Ausschuss Treffen der Jungen aus verschiedenen Kammern – aber nicht aus so vielen wie jetzt. In dem Ausschuss sind inzwischen 13 Architektenkammern vertreten.
Warum engagieren Sie sich in der Architektenkammer?
Paula Wätzold: Wir haben einen besonderen Berufsstand, den wir selbst verwalten können, und bilden eine Gemeinschaft, zu der ich gerne dazugehöre. In Berlin gab es vor drei Jahren erstmals einen Strategietag Newcomer, zu dem Absolventen und Studierende eingeladen wurden, um über die Zukunft der Kammerthemen zu sprechen. Daran habe ich teilgenommen und fand es spannend, mitzumachen. Seitdem baue ich das Netzwerk mit auf, gehe an Unis und Hochschulen und erzähle Studierenden, dass es die Kammer gibt und was sie macht. Ich komme immer tiefer rein und es fasziniert mich.
Und speziell der Juniorausschuss?
Paula Wätzold: Ich finde es wichtig, dass auch diejenigen mit in die Diskussion einbezogen werden, die mit dem Studium fertig, aber noch nicht in der Architektenkammer sind. Es macht mir Spaß, weil wir mit verschiedenen Formaten an die Leute rankommen. Auch der bundesweite Austausch ist sehr bereichernd. Hier können so viele Themen besprochen werden! Generell lernt man durch den Ausschuss so viele verschiedene Menschen jeden Alters kennen – das ist immer interessant.
Ist der Ausschuss auch eine Art geschützter Rahmen für Ihre Themen?
Paula Wätzold: Auf jeden Fall. Alternativ zu einem eigenen Ausschuss wurde überlegt, mehr Junge in die verschiedenen anderen Ausschüsse zu bringen. Aber um die Juniorthemen zu besprechen, sind wir einfach die Richtigen. Wir haben das bei anderen Formaten gemerkt: Mit vielen älteren und etablierten Teilnehmern wird es teils eine sehr konservative Diskussion, und manch ein Neuling hält sich dann doch mit seiner Meinung zurück. Der Juniorausschuss ist ein sicherer Raum, in dem man alles sagen kann.
Was sind die Themen, die Sie jetzt mit dem Juniorausschuss angehen?
Paula Wätzold: Unser Hauptthema ist: Informieren, informieren, informieren! Viele Studierende erfahren erst sehr spät im Studium, dass es überhaupt eine Architektenkammer gibt und dass man sich nicht einfach so Architekt nennen darf, weil es eine geschützte Berufsbezeichnung ist. Wir wollen uns so früh wie möglich in die Unis vernetzen und dafür eine bundesweite Übersicht erstellen: Wie sind die verschiedenen Eintragungsvoraussetzungen, was ist die Architektenkammer überhaupt und warum lohnt es sich, beizutreten? Und das bundesweit, nicht nur jede Länderkammer für sich – weil gerade Studierende auch Bundesländer wechseln. In jedem Bundesland sind die Eintrittsmöglichkeiten anders und die Informationslage ist verwirrend für junge Leute.
Das betrifft auch die Juniormitgliedschaften …
Paula Wätzold: Das ist unser zweites Lieblingsthema, diese langfristig bundesweit zu denken! Im Moment gibt es die Möglichkeit zur Juniormitgliedschaft nur in einigen Bundesländern. Teils heißt sie anders, ist komplett verschieden geregelt: In manchen Bundesländern ist sie im Architektengesetz verankert, in manchen nicht – oder es gibt sie gar nicht. Da möchten wir ran. Wir sind dabei, eine Musterlösung zu erarbeiten. Das Schönste wäre, wenn es in zehn Jahren eine bundesweite Juniormitgliedschaft gäbe – dass man zum Beispiel unabhängig vom Wohnort schon ins Versorgungswerk kann, bevor man richtig in der Kammer ist.
Wo setzen Sie sich noch für eine Vereinheitlichung ein?
Paula Wätzold: Wir möchten gerne in jedem Bundesland ähnliche Möglichkeiten schaffen, sich als junger Mensch ehrenamtlich in der Kammer zu engagieren. Zum Beispiel in Berlin, Hamburg oder Baden-Württemberg gibt es sehr aktive eigene Gruppen, die teils sogar einen Sitz im Vorstand haben. Das ist aber auch in jedem Bundesland unterschiedlich. Unser nächstes Thema wäre eine Art „Muster-Ehrenamt“: Was kann man machen, was gibt es für Formate, wie kann man es gestalten?
Das sind sehr praktische Schwerpunkte. Ich hatte eher Themen wie „Nachhaltigkeit“ erwartet …
Paula Wätzold: Natürlich interessieren uns auch die Themen Nachhaltigkeit, Angestellte, Selbständigkeit oder das Vergabe- und Wettbewerbsproblem. Aber wenn man an diesen Themen mitarbeiten möchte, kann man sich in den bestehenden Ausschüssen der BAK engagieren. Wenn wir im Juniorausschuss eine Idee für ein Format zum Beispiel für Angestellte haben, wenden wir uns an den Angestelltenausschuss der BAK. Dann kann man zusammenarbeiten oder jemanden von uns in den anderen Ausschuss schicken. Der Grundgedanke ist, dass wir in unserem Ausschuss erst mal Themen bearbeiten, die sonst keiner als Priorität hätte und die nicht in nächster Zeit angegangen werden würden.
Wenn jetzt jemand sagt: „Genau meine Themen, ich will da mitmachen!“ Was muss er oder sie tun?
Paula Wätzold: Dann geht der Weg über die jeweilige Länderkammer, die die Mitglieder für den Ausschuss benennt. Ein Stück weit sollten Interessierte an ihre Architektenkammer angebunden sein.
Gibt es Berührungsängste zwischen den Jungen und den Etablierten?
Evelin Lux: Ich spüre vor allem ein sehr hohes Interesse und Engagement auf beiden Seiten. Durch die frühe Einbindung bekommen die Jungen einen anderen Blick auf die Architektenkammer und wir als Alteingesessene einen anderen Blick auf die junge Generation. Das merken wir auch bei Formaten wie dem Nachwuchsarchitekt:innentag: Im direkten Kontakt können Vorbehalte oder Skepsis ganz schnell abgebaut werden.
Was ist mit Berührungsängsten gegenüber den Architektenkammern?
Paula Wätzold: Die gibt es oft. Ich habe mit vielen Freunden den Abschluss gemacht, die nicht hinterher sind, sich in die Kammer einzutragen. Sie sagen: „Warum soll ich das tun? Ich arbeite ja nur in der Planung und das ist viel zu kompliziert. Und mein Chef will mich auch nicht in eine andere Leistungsphase packen. Und was macht die Architektenkammer überhaupt für Angestellte?“ Darauf mehr den Blick zu richten und für die Menschen eine Stelle in der Kammer zu finden, die sie interessiert, ist extrem wichtig. Mit einer Juniormitgliedschaft oder der Möglichkeit, direkt nach dem Studium ins Versorgungswerk zu kommen, können wir junge Leute für die Architektenkammern interessieren.
Evelin Lux: Vielen ist gar nicht bewusst, was die Architektenkammern alles bieten, beispielsweise mit Fort- und Weiterbildungen, der HOAI oder Hilfestellung bei Gesetzesänderungen und Nachhaltigkeitsthemen. Gleichzeitig müssen wir an den Eintragungsvoraussetzungen arbeiten. Da ist einiges im Umbruch, um bundesweit eine höhere Harmonisierung zu erreichen, um auch den Einstieg für die Jungen zu vereinfachen. Es geht darum, uns zu modernisieren und unsere Zukunft und den Fortbestand der Kammern mit der jungen Generation zu sichern. Mit dem BAK-Juniorausschuss haben wir beste Voraussetzungen, am Puls der Zeit zu bleiben.
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