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[ Aktuelles Urteil ]

Nach Abnahme: volles Honorar auch ohne alle Grundleistungen

Ein aktuelles Urteil enthält Hilfreiches und ­Erfreuliches zur Honorarhöhe bei nicht erbrachten Grundleistungen. In dem Fall zählte das Ergebnis und nicht der Weg dorthin. Entscheidend bleibt aber eine Abnahme. Die sollte ausdrücklich erfolgen, kann aber auch durch schlüssiges Verhalten angenommen werden.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „92 % Grundleistungen, 100 % Vergütung“ im Deutschen Architektenblatt 05.2024 erschienen.

Von Franziska Klein

Ein Bauherr bezahlt die Rechnung des von ihm beauftragten Architekten nicht vollständig. Er rügt, der Architekt habe nicht alle Grundleistungen erbracht. Einen Mangel in der Bauwerksleistung macht der Bauherr nicht geltend. Kann er das Honorar des Architekten damit wirksam mindern? Das Oberlandesgericht (OLG) Celle sagt Nein (Urteil vom 2. August 2023, Az.: 14 U 200/19).

Das ist deshalb besonders, weil der Bundesgerichtshof (BGH) in der Vergangenheit anders zur Mangelhaftigkeit von Architekturleistungen entschieden und Honorarabzüge bei nicht erbrachten Grundleistungen bejaht hat. Eine weitere Besonderheit des Falls ist, dass das erstrittene Honorar durch eine sogenannte konkludente Abnahme fällig geworden war.

Nach Umbau eines Wohnhauses: Bauherr zieht ein

Die Parteien schlossen den Architektenvertrag im Mai 2015. Auf das Rechtsverhältnis findet deshalb die HOAI 2013 Anwendung. Die Parteien vereinbarten mündlich, dass der Architekt das Wohnhaus des Bauherrn umbauen und modernisieren sollte. Dafür sollte der Architekt Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume erbringen.

Der Bauherr wohnte während der Bauarbeiten in einem anderen Haus. Ende Juli 2016 zog er zurück in das umgebaute modernisierte Wohnhaus. Der Architekt rechnete im Juni 2017 sein Honorar mit Schlussrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI 2013 ab. Er habe 92 Prozent der Grundleistungen erbracht. Der Bauherr zahlte Abschläge, lehnte eine vollständige Zahlung aber ab.

Aus seiner Sicht sei das Honorar des Architekten nicht fällig. Es habe keine Abnahme gegeben. Der Bauherr sei nur deshalb Ende Juli 2016 wieder in sein Wohnhaus gezogen, weil das andere Haus verkauft worden sei. Der Bauherr rügt zudem, der Architekt habe die abgerechneten Leistungen nicht vollständig erbracht. Der Architekt erhob Klage und machte die Zahlung seines restlichen Honorars geltend. Das OLG Celle entschied in seinem Sinne.

Was ist eine konkludente Abnahme?

Fälligkeit ist der Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger (im Fall der Architekt) verlangen kann, dass der Schuldner (im Fall der Bauherr) die Rechnung bezahlt. Damit das Honorar fällig wird, muss die Leistung abgenommen werden.

Architekturleistungen können dadurch abgenommen werden, dass der Besteller (im Fall der Bauherr) die Leistung des Unternehmers (im Fall der Architekt) als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt. Die Billigung kann ausdrücklich erfolgen, indem eine Bauherrin beispielsweise sagt oder schreibt: „Ich bin mit der Leistung einverstanden.“ Für eine solche Abnahmeerklärung halten die Kammern Formulierungshilfen bereit.

Die Billigung kann aber auch ohne Worte durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Ein Verhalten ist schlüssig, wenn sich daraus unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls ein bestimmter Wille erkennen lässt. In diesen Fällen wird von einer „konkludenten Abnahme“ gesprochen. Eine Architektin darf dann aus dem Verhalten ihrer Bauherrin ableiten, dass die Bauherrin einverstanden ist.

Einzug war schlüssige Abnahme

Aus Sicht des OLG Celle hat der Bauherr die Architektenleistung konkludent abgenommen, indem er nach Fertigstellung der Leistung in das umgebaute modernisierte Wohnhaus einzog und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist keine Mängel der Architekturleistung gerügt hat. Bei einem Einfamilienhaus sei eine Prüffrist von etwa sechs Monaten angemessen (siehe DAB 03.2014, „Stillschweigend abgenommen“).

Zur Erinnerung: Der Bauherr zog Ende Juli 2016 wieder in das umgebaute modernisierte Wohnhaus. Der Architekt stellte seine Schlussrechnung im Juni 2017. Zwischen Einzug und Schlussrechnung lagen also mehr als sechs Monate. Das OLG Celle hat das Verhalten des Bauherrn auch nicht anders bewertet, weil er in das Wohnhaus nur deshalb wieder eingezogen sein will, weil das andere Haus verkauft wurde. Das Gericht blieb dabei, dass der Bauherr ausreichend Zeit hatte, die Leistung des Architekten zu prüfen.

Volles Honorar bei mangelfreiem Bauwerk

Der Architekt hatte auch mit der Honorarforderung Erfolg. Der Bauherr musste das restliche fällige Honorar zahlen. Die Bauwerksleistung galt als mangelfrei, weil der Bauherr keinen Mangel im Architektenwerk geltend gemacht hatte.

Auch die gerügte Tatsache, dass der Architekt die Grundleistungen nicht vollständig erbracht hatte, konnte die Vergütung nicht wirksam mindern. Im Rahmen der Leistungsphasen 2 und 3 legte der Architekt zwar keine Ansichten, Schnitte und keinen Lageplan vor. Für das OLG Celle stand aber fest, dass diese Unterlagen für den Umbau des Wohnhauses nicht erforderlich waren. Sie konnten deshalb auch nicht fehlen.

Auch ohne alle Grundleistungen mangelfrei

Die HOAI 2013 definiert Grundleistungen als Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind. Aus den Worten „im Allgemeinen erforderlich“ leitet das OLG Celle ab, dass eben nicht alle Grundleistungen ausnahmslos nötig sein müssen, um das Leistungsziel zu erreichen.

Auch die in der HOAI 2013 beschriebenen Grundleistungen für Gebäude bedeuten nicht, dass sie alle erbracht werden müssen, wenn der Vertrag schon ohne einzelne Grundleistungen ordnungsgemäß erfüllt werden kann. Die HOAI 2013 regelt keine Vertragspflichten. Sie kann nur helfen, die Vertragspflichten besser zu verstehen. Architekturverträge sind erfolgsbezogen und setzen nur eine umfassend gebrauchsfähige Architekturtätigkeit voraus.

Wie der Architekt es geschafft hat, dass das Bauwerk mangelfrei ist, spielte für das OLG Celle also keine Rolle. Der Bauherr habe auch nicht vorgetragen, dass die Ansichten, Schnitte und der Lageplan für die Umbauplanung erforderlich gewesen wären.

BGH verlangt alle Grundleistungen

Für den BGH war es bei früheren Honorarklagen unerheblich, ob das Bauwerk mangelfrei war. Er hat Honoraransprüche bereits dann gemindert, wenn feststand, dass vereinbarte Grundleistungen nicht erbracht wurden. Die Architekturleistung war aus Sicht des BGH dann schon mangelhaft.

Ein Mangel liegt aus Sicht des BGH vor, wenn das Werk nicht in der Weise hergestellt wurde, wie es die Vertragsparteien besprochen haben. Orientieren sich eine Bauherrin und eine Architektin an den Leistungsphasen der HOAI und vereinbaren sie, dass die Architektin bestimmte Grundleistungen erbringt, muss die Architektin alle vereinbarten Grundleistungen auch abarbeiten. Andernfalls hält sie sich nicht an die Vereinbarung. Ihr geschuldetes Werk ist dann mangelhaft. Die Bauherrin kann die Vergütung mindern. Um die nicht erbrachten Leistungen zu bewerten, können aus Sicht des BGH Teilleistungstabellen herangezogen werden.

Praxishinweis: Abnahme nicht verpassen

Das Urteil des OLG Celle erinnert daran, wie wichtig die Abnahme für Architekturverträge ist. Durch die Abnahme wird nicht nur das Honorar fällig. Auch Verjährungsfristen beginnen ab dann zu laufen. Planungsleistungen werden oft aber nicht ausdrücklich abgenommen, sondern einfach genutzt: Eine Bauherrin zieht in das Objekt ein, rügt keine Mängel oder bezahlt kommentarlos Honorarrechnungen.

Das Urteil des OLG Celle zeigt also auch, dass Abnahmen durch schlüssiges Verhalten erfolgen können. Dann kommt es auf die Umstände des Einzelfalls mit allen Beweisschwierigkeiten an. Um den Zeitpunkt der Abnahme möglichst nicht zu verpassen, könnten Planungsbüros schon im Vertrag Regelungen zur Abnahme treffen. Die Kammern helfen dabei mit Orientierungshilfen für die Vertragsgestaltung.

Architekturbüros können Risiken abwägen

Die Entscheidung des OLG Celle erinnert auch daran, wie streng im Gegensatz der BGH mit nicht erbrachten Grundleistungen umgeht und das Honorar kürzt. Das betraf Fälle, in denen sich die Parteien an den Leistungsphasen der HOAI orientiert und sie in ihrem Vertrag als abzuarbeitende Arbeitsschritte vereinbart hatten. Solche Vertragsgestaltungen könnten tatsächlich weiterhin mit dem Risiko verbunden sein, dass die Bauherrin das Honorar erfolgreich mindert.

Insofern ist das Urteil des OLG Celle durchaus erfreulich, denn nun können Planungsbüros dieses Risiko abwägen. Sie könnten ihre Verträge sicherheitshalber mit den Orientierungshilfen der Kammern gestalten. Die Vertragsmuster orientieren sich gerade nicht an den Leistungsphasen der HOAI, sondern stellen den Erfolg der Architekturleistung in den Vordergrund.

Franziska Klein ist Rechtsreferentin bei der ­Bundesarchitektenkammer

 

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