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Änderung der Vergabeverordnung: Steine statt Brot

Für die Auftragswertberechnung müssen nun alle Planungsleistungen zusammen betrachtet werden. Auch wenn es sich um viele kleine Aufträge handelt, ist dann EU-weit auszuschreiben. Ein möglicher Ausweg bleibt unsicher

Portrait von Edda Kurz
Edda Kurz ist die Vorsitzende der BAK-Projektgruppe Vergabe.

Der letzte Vorhang ist gefallen. Die „Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare (‚eForms‘) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen“ ist am 24. August in Kraft getreten. Dies hat auch die Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 der Vergabeverordnung (VgV) zur Folge.

Vergabeverordnung mit logischer Ausnahme für Planungsleistungen

Dieser kleine und im Dschungel der vergaberechtlichen Vorschriften kaum aufzufindende Satz war essenzielle Grundlage für die Vergabe von Planungsleistungen – stellte er doch eine entscheidende Ausnahmeregelung von der Maßgabe dar, alle an einem Projekt beteiligten Leistungen zur Schätzung des Auftragswertes zusammenzurechnen. Einzig bei Planungsleistungen galt dies nach § 3 Abs. 7 Satz 2 nur dann, wenn diese gleichartig waren. Die Höhe des Auftragswertes ist maßgeblich dafür, ob eine Vergabe nach EU-rechtlichen Vorgaben zu erfolgen hat oder nach innerstaatlichem Recht, also in der Regel einfacher, schneller und unbürokratischer vollzogen werden kann.

Strauß von Aufträgen aber eine Auftragswertberechnung

Sollen also etwa zukünftig Planungsleistungen aller Art, also Architektur-, Tragwerks-, Haustechnik-, Freianlagenplanung und viele mehr, addiert werden, um einen Auftragswert zu ermitteln, der tatsächlich nicht einen Auftrag, sondern einen Strauß von Aufträgen an unterschiedliche Büros des Mittelstandes betrifft? Jeder einzelne würde weit unter dem Dienstleistungs-Schwellenwert liegen und soll nun dennoch EU-weit auszuschreiben sein?

Wenn es nach der EU-Kommission geht: ja! Die „Sonderregelung“ für Planungsleistungen war ihr von Anfang an ein Dorn im Auge, und die Bundesregierung hat den Satz wieder einkassiert. Sie wollte kein weiteres Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof riskieren. Alle Argumente der BAK und der Planerorganisationen ebenso wie der kommunalen Spitzenverbände als Vertreter der öffentlichen Auftraggeber wurden regelrecht ignoriert.

Schwellenwert für Bauleistungen statt für Planungsleistungen?

Stattdessen warf die Bundesregierung einen Köder aus. In der Verordnungsbegründung wird ein Ansatz aufgezeigt, der unter Umständen die nach Aufhebung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV befürchtete Vervielfachung der EU-weiten Ausschreibungen von Planungsleistungen vermeiden könnte. Es wird die Möglichkeit nahegelegt, für die Vergabe von Planungsleistungen statt des Schwellenwerts von 215.000 Euro für Dienstleistungen den Schwellenwert von 5,38 Millionen Euro für Bauaufträge zugrunde zu legen.

Bauaufträge können nämlich nicht nur Bauleistungen umfassen, sondern auch die zugehörigen Planungsleistungen. Der springende Punkt besteht in dem Hinweis auf das Gebot der mittelstandsfreundlichen Vergabe. Auch bei Zusammenfassung aller Bau- und Planungsleistungen zur Auftragswertberechnung, so wird nahegelegt, könnten und müssten die jeweiligen Gewerke in der Regel einzeln vergeben werden. Würde sich dieser Ansatz durchsetzen, könnte die befürchtete Lawine von Generalplanungs- und Totalübernehmervergaben vielleicht tatsächlich ausbleiben.

Bundesarchitektenkammer dringt auf Klarstellung

Dieser Weg wäre allerdings neu. Kann er funktionieren? Das ist nicht auszuschließen, es stellen sich aber etliche Fragen. Die BAK hat frühzeitig darauf gedrungen, hier Klarheit zu schaffen. Der Bundesrat hat ebenfalls Handreichungen für eine rechtssichere Praxis eingefordert. Was das Bundeswirtschaftsministerium mittlerweile als „klarstellende Erläuterungen“ vorgelegt hat, ist allerdings, gelinde gesagt, genau das Gegenteil.

Ließ die Verordnungsbegründung wenigstens ansatzweise erkennen, wie es gehen könnte, besteht die Handreichung nur aus einer Aneinanderreihung vergaberechtlicher Vorschriften – vorangestellt das Verbot der ungerechtfertigten Vermeidung EU-weiter Ausschreibungen. Die Handschrift der EU-Kommission ist unverkennbar.

Bundesländer stimmten Änderung der Vergabeverordnung zu

Auch die Bundesländer, die der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV trotz aller Warnungen mehrheitlich zugestimmt haben, merken nun, dass der scheinbar bequeme Weg möglicherweise eine falsche Fährte war. Was sie (und wir) jedenfalls bislang bekommen haben, sind nur Steine statt Brot.

Edda Kurz, Vorsitzende der BAK-Projektgruppe Vergabe

Was die Änderung der VgV bedeutet, lesen Sie zusammengefasst auch in diesem Beitrag.

 

 

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