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[ Interview ]

Fortbildungen als Webinare: ein Dozent berichtet

Webinare für Architekten statt Präsenz-Fortbildungen? Bei Uwe Morell ist Skepsis Begeisterung gewichen. Aber die Pausengespäche fehlen.

Uwe Morell ist Inhaber der Dreiplus ­Planungsgruppe in Berlin, die sich auf AVA und Baukosten spezialisiert hat
Uwe Morell, Inhaber der Dreiplus Planungsgruppe in Berlin

Herr Morell, als Ausschreibungsspezialist sind Sie langjähriger Dozent für Fortbildungen. Durch die Kontaktsperren hat der ­„Digitalisierungsschub“ nun auch dieses Gebiet im Eiltempo erreicht. Fluch oder ­Segen für den Dozenten?

Meine Skepsis gegenüber Webinaren aus Vor-Corona-Zeiten ist Begeisterung gewichen. Die Software ist sehr einfach erlern- und einsetzbar. Webinare sind ansonsten genauso aufwendig wie Seminare. Der größte Aufwand lag für mich in den organisatorischen Absprachen mit vielen Kammern als Veranstalter. Insgesamt gleisen die Kammern meiner Wahrnehmung nach ihre Webinar-Veranstaltungen sehr professionell mit Moderatoren und technischer Hilfestellung für Teilnehmer wie Referenten auf. Einige Universitäten machen es sich da bedeutend einfacher, indem die Lehrenden ihre Vorträge aufzeichnen und die dann viele Semester verwendet werden. Bei dieser Form der Wissensvermittlung ist Interaktion nur mittelbar und zeitversetzt möglich.

Wie fühlt es sich an, eine Fortbildung „in den Computer hinein“ zu geben?

Tatsächlich fühlt sich die Wissensvermittlung für mich als Referent – unerwarteterweise – genauso gut an wie in einer Präsenzveranstaltung. Durch die parallel zum Webinar laufenden Chats stellen Teilnehmer eher und mehr Fragen während meines Vortrags als in Präsenzveranstaltungen. Wenn eine jüngere Generation lieber auf diesem Weg kommuniziert, warum nicht? Wichtig ist dabei die Moderation der Fragen durch eine weitere Person, denn im Livechat passiert unter Umständen eine ganze Menge parallel zum Webinar, sodass ich als Referent den Chat nicht gleichzeitig verfolgen und im Vortrag präsent sein kann. Eine Lehre ohne Möglichkeit der Interaktion, aufgezeichnete Webinare etwa, könnte ich mir nicht vorstellen, dafür stünde ich auch als Referent nicht zur Verfügung.

Nächste Woche werde ich eine erste Veranstaltung mit einleitendem Rollenspiel der Teilnehmer durchführen. Bisher hat das allen Beteiligten „live und vor Ort“ sehr viel Freude bereitet, ich bin schon sehr gespannt darauf, wie das Rollenspiel dann in den eigens eingerichteten Kleingruppen per Video funktioniert.

Nach den ersten Webinaren: Welche Rückmeldung geben Ihnen die Teilnehmenden?

Die mir bekannten Rückmeldungen zur Lehre selbst sind ganz überwiegend positiv, einige wenige neutral, niemals negativ. Der Vorteil für die Teilnehmer liegt in unmittelbarerem, ablenkungsfreierem Lernen. Dennoch sind mir Präsenzseminare nach wie vor sehr wichtig. Ich werde auch in Nach-Corona-Zeiten meine Termine so organisieren, dass ich zukünftig ungefähr die Hälfte meiner Vorträge als Präsenzseminar und die andere Hälfte als Webinar abhalte.

Was spricht denn noch für die bisher durchgeführten Präsenzseminare, wenn die Webinare so gut ankommen?

Das oft sehr interessante Pausengespräch mit Teilnehmern und Veranstaltern möchte ich nicht missen. Durch das von vielen derzeit sehr bewusst gelebte Social Distancing geht viel Persönliches im Umgang miteinander verloren. Viele Teilnehmer schätzen an einem Seminartag auch die Anreise, das Treffen oder Kennenlernen von Kollegen und manchmal auch die sehr schönen Veranstaltungsorte – einfach das Gefühl, einmal einen Tag lang etwas anderes zu erleben, als im Büro oder zu Hause vor dem Rechner zu sitzen. Diesen Aspekt, eigentlich nur ein Nebenkriegsschauplatz, halte ich dennoch für geradezu überlebensnotwendig für die Fortbildung.

Des Weiteren gibt es derzeit offensichtlich noch eine große Zurückhaltung bei älteren Kollegen. Während die Architekten im Praktikum überhaupt keine Berührungsängste mit dem Webinar als Wissensvermittlungsform haben, buchen nur wenig ältere Kollegen ein Webinar. Um dort die Berührungsängste zu mildern, organisiere ich derzeit Kurzveranstaltungen geringer Zeitdauer und mit geringen Kosten als Schnupperkurs, um mit einem niedrigschwelligen Angebot auch die erfahreneren Kollegen mit in das Thema zu locken.

Uwe Morell ist Inhaber der Dreiplus ­Planungsgruppe in Berlin, die sich auf AVA und Baukosten spezialisiert hat.

 

Mehr Beiträge finden Sie in unserem Schwerpunkt Kreativ durch die Krise

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