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Zurück Plagiat oder nicht?

Das Fehlen der Kopisten

Wie originell muss Architektur sein – und wie deutlich, wer zuerst die gebaute Idee hatte?

01.03.20177 Min. Kommentar schreiben
Inspiriert, nicht kopiert: Hans Scharouns Philharmonie-„Weinberg“…

Text: Wolfgang Bachmann

Es muss Anfang der 1980er-Jahre gewesen sein. Wieder einmal tagte in Berlin eine IBA-Wettbewerbsjury. In der engeren Wahl war eine Arbeit, die die besondere Aufmerksamkeit der Preisrichter genoss. Sie schien sich nicht bis zur Preisgruppe behaupten zu können, hatte jedoch alle Rundgänge überlebt. Die Regularien wurden peinlich eingehalten, keiner sprach eine Vermutung über den Verfasser aus, aber allen war klar: Rob Krier, eindeutig. Schließlich schlug einer die Platzierung bei den Ankäufen vor, dann würde der Entwurf sicher nicht gebaut, aber man hätte wenigstens die Qualität gewürdigt. Dabei blieb es, die Kuverts wurden geöffnet.

…prägt die Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron …
…und den erneuerten Dresdner Kulturpalast von gmp.

Himmel! Der angegebene Verfasser war ein völlig unbekanntes Büro aus der Provinz, die Bearbeiter offenbar Studenten, die Krier bis auf die sepiabraunen Schraffuren seiner illustrierten Flaneure kopiert hatten. Die Preisrichter schienen betroffen oder erleichtert. Jedenfalls: Schwamm drüber!

Was lehrt uns das? Ist die Geschichte gut oder schlecht ausgegangen? Abkupfern hatte immer einen Hautgout, bei Studentenentwürfen erhielt man noch mildernde Umstände, wenn die Betreuer geschmeichelt entdeckten, dass ihre eigenen Arbeiten Pate gestanden hatten. Aber später im richtigen Leben, da gab es kein Pardon mehr. Architektur galt als kreativer Beruf, das war seine entscheidende Qualität. Demnach ist nur der ein Künstler, „der alles in spontaner Eingebung aus der eigenen Persönlichkeit schöpft“, so kürzlich eine Konzertkritik in der Süddeutschen Zeitung.

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