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[ Recht ]

Ungewollt beauftragt

Auch wer Leistungsphase 9 gar nicht erbringen will, kann durch Übereifer in einen Auftrag für sie hineinrutschen

Text: Lia Möckel

Die Leistungsphase 9 ist bei vielen Architekten wegen des unabsehbaren Arbeitsumfangs und der Haftungsrisiken unbeliebt. Doch erbringt ein Architekt ohne schriftliche Beauftragung einzelne Leistungen dieser Leistungsphase, dann hat er womöglich stillschweigend seine Zu-stimmung für die Beauftragung der Leistungsphase 9 erteilt. Das ergibt sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 23.12.2014 (Az.: 14 U 78/14).

Im dort behandelten Fall hatten die Bauherrin und der Architekt einen schriftlichen Vertrag zunächst über die Leistungsphasen 1 bis 6 geschlossen. Darin verpflichtete sich der Architekt, „die restlichen Leistungsphasen gemäß den Festlegungen dieses Vertrages zu erbringen, sobald sie vom AG schriftlich beauftragt und abgerufen werden.“ Eine schriftliche Beauftragung der weiteren Leistungsphasen durch die Bauherrin blieb aus. Darüber hinaus bestimmte der schriftlich geschlossene Architektenvertrag, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Auch das wurde nie schriftlich geändert. Später machte die Bauherrin gegen den Architekten unter anderem Gewährleistungsansprüche aus der Objektbetreuung geltend. Dieser wendet diesbezüglich ein, dass Mängelansprüche aus der Objektbetreuung nicht gegeben seien, da eine Beauftragung der Leistungsphase 9 nicht stattgefunden habe.

Um festzustellen, ob und inwieweit der Architekt und die Bauherrin übereinstimmend mit Rechtsbindungswillen eine Beauftragung gewollt haben, hat das OLG Celle diesen Fall unter Anwendung allgemeiner Grundsätze des Vertragsrechts in einer Gesamtbetrachtung bewertet. Dabei sprach vor allem für eine Beauftragung der Leistungsphase 9, dass der Architekt noch lange Zeit nach Fertigstellung und Abnahme des Werkes Gewährleistungsmängel gegenüber Baufirmen mit Fristsetzungen zur Mängelbeseitigung gerügt, mithin Leistungen der Leistungsphase 9 tatsächlich erbracht hat. In diesem Zusammenhang wurde von dem Architekten die Mängelbearbeitung dokumentiert und die Rechnung einer Ersatzvornahme geprüft. Hinzu kam, dass der Architekt gegenüber der Bauherrin einen Betrag für „Objektbetreuung und Dokumentation“ geltend gemacht hat und dieser auch zur Hälfte von ihr bezahlt wurde. Aus dieser Zusammenschau des Sachverhalts erkannte das OLG Celle unzweifelhaft einen gemeinsamen Willen der Bauherrin und des Architekten zur Beauftragung der Leistungsphase 9 mit der Folge einer möglichen Haftung, sollten Leistungen der Objektbetreuung vom Architekten mangelhaft erbracht worden sein.

Um eine Haftung aus einer konkludenten Beauftragung der Leistungsphase 9 zu vermeiden, sei Architekten daher empfohlen, nicht leichtfertig Leistungen nach Fertigstellung und Abnahme des Werkes zu erbringen. Geschuldete Leistung der Leistungsphase 8 ist lediglich die Überwachung der bei Abnahme festgestellten Mängel für den Bauherrn.

Zudem sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Objektbetreuung, wenn überhaupt, dann gesondert oder nach Abnahme der früheren Leistungsphasen vereinbart wird. Denn ohne gesonderte Ver-einbarung oder (Teil-)Abnahme der Architektenleistungen aller der bis dahin erbrachten Leistungen beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist für den Architekten erst mit Beendigung und Abnahme der Leistungsphase 9. Zu diesem Zeitpunkt haftet der Architekt wegen der gesamtschuldnerischen Haftung gegebenenfalls für Mängel eines anderen am Bau Beteiligten, gegen den Gewährleistungsansprüche mit Abnahme der Leistungsphase 9 bereits verjährt sind.

Einmal mehr zeigt die Entscheidung, dass klare schriftliche Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer hinsichtlich der geschuldeten Leistungen geschlossen und vor allem eingehalten werden sollen!

Lia Möckel ist Rechtsassessorin bei der Bayerischen Architektenkammer.

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