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Koordinieren und integrieren

Die HOAI 2013 definiert Grundleistungen im Verhältnis von Architekt und Fachplaner. Das bringt neue Pflichten und Verantwortlichkeiten ab Leistungsphase 2 mit sich.

Text: Klaus Siemon, Frank Meier

In der HOAI 2013 sind in den Leistungsphasen 2 und 3 aus Anlage 10 zu den §§ 34, 35 HOAI Grundleistungen im Leistungsbild Gebäude und Innenräume neu geregelt: das „Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen“. Diese Regelungen werfen im Planungsalltag eine Reihe von Fragen dazu auf, wer was zu welchen Bedingungen zu leisten hat.

Planung und Herstellung eines Bauwerks erfolgen arbeitsteilig; das erfordert die Koordination und Integration einschließlich Überprüfung der Einzelbeiträge. Dies kommt für Planung und Ausführung deutlich zum Ausdruck in § 3 Abs. 2 HOAI in Verbindung mit den ausdrücklich in den Leistungsbildern erfassten Grundleistungen der Koordination und Integration sowie in § 4 Abs. 1 VOB/B. Die VOB/B betrifft zwar nicht unmittelbar den Aufgabenbereich der Planungsbeteiligten, zeigt aber den ausführenden Unternehmen auf, worauf sie in Ermangelung abweichender vertraglicher Regelungen aufbauen dürfen. Sowohl für den Planungs- als auch für den Herstellungsprozess stellt sich damit die Frage, wie die Verpflichtung zur Koordination und Integration den einzelnen Planungs- und Ausführungsbeteiligten zugeordnet wird.

Fallkonstellation 1: Grundleistungen vertraglich vereinbart

Die erste Fallkonstellation befasst sich mit der Situation, in der die HOAI-Grundleistungen der Leistungsphasen 2 und 3 konkret als Leistungspflichten des Objektplaners vereinbart sind. Die HOAI regelt Koordination und Integration so: In der Grundleistung a) der Leistungsphase 2 ist zunächst das „Abstimmen der Leistungen mit den fachlich an der Planung Beteiligten“ enthalten. Damit wird sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass aktives Handeln und ein „Zugehen“ des Objektplaners auf die anderen fachlich Beteiligten erwartet wird. Das Gleiche gilt auch für die neu in Leistungsphase 2 unter e) und in der Leistungsphase 3 unter b) aufgenommene Koordination, die über das Abstimmen inhaltlich hinausgeht und eine koordinierte Vor- und Entwurfsplanung zum Ergebnis hat. Im Zuge der Koordination hat der Objektplaner in einem ersten Arbeitsschritt darauf hinzuwirken, dass die anderen Beteiligten zum erforderlichen Zeitpunkt fachlich eingebunden werden. Ihre termingerechte Beauftragung obliegt dem Auftraggeber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten, die Empfehlung dazu durch den Objektplaner erfolgt im Regelfall bereits in Leistungsphase 1.

Der Objektplaner hat seine für die Koordination erforderlichen fachtechnischen Arbeitsergebnisse bereitzustellen. Auf ihnen bauen die weiteren Beteiligten mit ihren eigenen Leistungen fachlich auf. Sie dürfen die vom Objektplaner bereitgestellten Grundlagen von den weiteren Beteiligten nicht eigenmächtig abändern, sondern müssen sie als Basis für ihre Fachplanungsbeiträge verwenden. Die Koordination ist damit lediglich als prozesshafter Vorgang in Bezug auf die jeweiligen Arbeitsschritte zu verstehen, insbesondere mit dem Ziel, wiederholt zu erbringende Grundleistungen (oder Teile davon) möglichst zu vermeiden.

Die Koordination in der Leistungsphase 2 kann sich in fachtechnischer Hinsicht naturgemäß nur auf die Leistungsinhalte und den Planungsvertiefungsgrad der Vorplanung beziehen. Im Ergebnis sind dies die Analyse der Planungsgrundlagen, die Abstimmung der Zielvorstellungen, auf das Untersuchen von Varianten nach gleichen Anforderungen, die zeichnerischen Leistungen, das Klären der Zusammenhänge, die Vorverhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit, die Kostenschätzung und die Erstellung des Terminplans. Die Koordination betrifft somit lediglich die einzelnen Arbeitsschritte, die in der betreffenden Leistungsphase erfasst sind.

Die Integration der Beiträge der weiteren Planungsbeteiligten schließt jeweils die Koordination in gewissem Sinne ab, um so als Basis für weitere Arbeitsschritte dienen zu können. Integration bedeutet dabei jedoch nicht generell, dass die Beiträge der weiteren an der Planung Beteiligten in die eigene Planung übernommen werden müssen – aber natürlich sind sie zu berücksichtigen. Dabei obliegt dem Objektplaner jedoch nicht die fachtechnische Prüfung ihrer Beiträge. Solche fachtechnischen Kontrollpflichten können nicht in die Grundleistungen der Koordination und Integration „hineingelesen“ werden. Eine Prüfung auf Plausibilität ist aber vorzunehmen.

Terminpläne erstellen

In der Leistungsphase 2 unter h) findet sich die Grundleistung „Erstellen des Terminplans mit wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablaufs“. Sowohl der Tragwerksplaner (Mitwirkung) als auch der TGA-Planer (Erstellung eines eigenen Terminplans) haben ihrerseits im Grund-leistungskatalog terminbezogene Leistungsinhalte. Einerseits macht dies deutlich, dass schon zum Ende der Vorplanung für den Bauherrn als koordiniertes Planungsergebnis ein insgesamt schlüssiges Terminkonzept stehen muss. Andererseits kann es schon nach dem Wortlaut dabei noch nicht um eine weitergehende Detailplanung gehen.

Abgrenzen zu Besonderen Leistungen

Die Koordination der Beiträge der weiteren an der Planung Beteiligten auf der Grundlage der bereitgestellten Arbeitsergebnisse kann in verschiedenen Fällen auch die Koordination von erforderlichen Besonderen Leistungen umfassen. Beim Bauen im Bestand kann sich die Koordination beispielsweise auf die Bestandsaufnahme und technische Substanzerkundung beziehen, wenn diese Besonderen Leistungen fachtechnisch maßgeblich für die Erbringung der Grundleistungen sind.

Die Verpflichtung des Objektplaners zur Koordination und Integration von Besonderen Leistungen der Fachplaner zum Aufstellen einer mangelfreien Planungsgrundlage sagt nicht zwingend etwas über die Abgeltung dieses Koordinations- und Integrationsaufwands. Allerdings differenziert der Wortlaut der Grundleistungen insoweit nicht, so dass ein Anspruch auf Zusatzhonorar nur in Einzelfällen in Betracht kommen dürfte. Es muss dann sorgfältig begründet werden, dass die beim konkreten Auftrag erforderliche Koordinierungspflicht über das „im Allgemeinen“ Erforderliche (§ 3 Abs. 2 HOAI) hinausgeht.

Baukostenangaben

Die Koordinations- und Integrationsleistungen betreffen auch kostenbezogene Planungsinhalte, insbesondere bei etwaigen Kostenobergrenzen. Die Beiträge zur Kostenschätzung beziehungsweise -berechnung (zum Beispiel die Beiträge zu den Kostengruppen 400 durch die Fachplaner der Technischen Ausrüstung) gelten als zu koordinierende und integrierende Beiträge der weiteren Beteiligten. Auch hier geht es nicht um die inhaltliche Kontrolle, sondern um deren grundsätzliche Verwendbarkeit. Ergebnis der Koordination und Integration in diesem Bereich wird regelmäßig die Einschätzung des Architekten sein, ob die Kostenziele realistisch gewahrt sind oder nicht. Dabei ist einzelfallbezogen zu berücksichtigen, auf welche Kostengruppen sich die Kostenziele beziehen.

Sachwalterpflichten des Architekten

Das Zusammenspiel der Grundleistungen betreffend Koordination und Integration in den verschiedenen Leistungsbildern der HOAI setzt die ungestörte und fehlerfreie Planung aller Beteiligten voraus. Die Rechtsprechung (BGH, BauR 1973, 120; BauR 1981, 482, BauR 1982, 185) sieht den Architekten weitergehend als Berater des Bauherrn („Sachwalter“). Der Architekt ist daher zum rechtzeitigen und unmissverständlichen Hinweis verpflichtet, wenn er erkennt, dass Belange und Interessen des Bauherrn gefährdet sein könnten. Diese Hinweispflicht gilt auch, wenn beispielsweise einzelne Fachplaner die Koordinationsbeiträge des Architekten ganz oder teilweise ausblenden oder ihre Beiträge aus anderen Gründen nicht in die Zielvorgaben des Bauherrn integriert werden können.

Fallkonstellation 2: Keine konkrete Regelung im Vertrag

In dieser Fallkonstellation enthält weder der Architektenvertrag noch der Fachplanervertrag eine ausdrückliche Regelung zum Leistungsumfang der Koordination und Integration. Auch sind nicht ausnahmsweise und quasi systemwidrig zumindest Teile dieser Bereiche einem Dritten übertragen sind (zum Beispiel Projektsteuerer, Projektmanager, Generalunternehmer) . In dieser Konstellation gilt mit der Rechtsprechung (BGH, BauR 2004, 1640), dass der Architekt und ebenso der Fachplaner bei ungeschmälert vereinbartem Honorar für die einzelne Leistungsphase alles tun müssen, um den werkvertraglichen Erfolg herbeizuführen, und soweit erforderlich auch sämtliche Grundleistungen hieraus schulden (was im Ergebnis der ersten Fallkonstellation entsprechen würde). Äußerst problematisch sind Fallkonstellationen, in welchen ein vermindertes Honorar vereinbart wird, ohne dass sich aus den sonstigen Abreden entnehmen ließe, welche Grundleistungen damit entfallen sollen. Darüber darf der Architekt nicht einfach Annahmen treffen und entsprechend planen, sondern muss zur Meidung eines Haftungsrisikos rechtzeitig zum Vertragsschluss die notwendige Klarheit herbeiführen. Die Verfasser warnen an dieser Stelle auch vor nicht eindeutigen vertraglichen Regelungen zum Inhalt der Koordinations- und Integrationsleistungen. Zwar gibt das Preisrecht der HOAI über die notwendig kurze Definition der Grundleistungen durchaus Raum für Konkretisierungen. Gleichwohl müssen diese zweifelsfrei verständlich sein, um im Ergebnis kein Haftungsrisiko des Architekten zu erzeugen.

Vergütungsbereich

Jeder Vergütungsanspruch setzt kumulativ die Beauftragung und die Ausführung der abzurechnenden Leistung voraus. Dies gilt auch für die unter dem Preisrecht der HOAI zu betrachtenden Grundleistungen. Übernimmt der Objektplaner zusätzlich zum Beispiel Steuerungsleistungen des Projektsteuerers, sind diese nicht vom Grundleistungshonorar erfasst. Sie sind vielmehr als Besondere Leistung einzustufen und müssen, wenn nicht der un­sichere Weg über die übliche Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB beschritten werden soll, auch zur Höhe der Honorierung ausdrücklich eine vertragliche Abrede erfahren. Der Generalplaner verdient bei entsprechend beauftragter Ausführung auch das Grundleistungshonorar eines Objektplaners für die Koordinations- und Integrationsleistungen der Fachplaner. Die HOAI kennt nach wie vor keinen darüberhinausgehenden Zuschlag für die bei einem Generalplaner­auftrag regelmäßig zusätzlichen notwendigen Koordinierungs- und Integrationsleistungen in Bezug auf die Fachplaner (Auswahl, Beauftragung, sachliche Prüfung). Hier ist eine entsprechende vertragliche Regelung zu empfehlen.
In einer späteren Ausgabe folgt ein Beitrag zur Koordination und Integration in der Leistungsphase 5.

Dipl.-Ing. Klaus Siemon ist Architekt und ­öffentlich bestellter und vereidigter ­Sachverständiger für Architektenleistungen und Honorare, Frank Meier ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hannover.

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