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Wenn das Neue alt aussieht

Auch zeitgenössische Architekten lassen sich gern von Altem inspirieren – ob Kaiserzeit, Bauhaus, Art déco oder Nachkriegsmoderne

22.12.20147 Min. Kommentar schreiben

Text: Cornelia Dörries

Wer einem Außenstehenden erklären will, warum in der zeitgenössischen Baukunst nur das Neue etwas gilt, kommt manchmal selbst ins Grübeln. Wieso darf man als Architekt eine Villa von Schinkel großartig finden, aber um Himmels willen niemals selbst ein Gebäude mit Säulen und Portikus entwerfen? Allerdings musste sich noch niemand rechtfertigen, der einen weißen Bauhaus-Kubus à la Gropius baut – immerhin ein Vorbild, das auch schon auf die 100 ­zugeht. Während Klassizismus-­Anleihen unter dem Generalverdacht des Anachronistisch-Überkommenen stehen, wird der Bezug zur nicht weniger historischen ­klassischen Moderne eigentlich nie übel genommen oder als unzeitgemäß geschmäht.

Doch es geht speziell bei der Unterscheidung zwischen Erlaubtem und Unstatthaftem im gegenwärtigen Bauen ja selten um Fragen der architektonischen Qualität, sondern – wie bei allem, das sich einer nachvollziehbaren Argumentation entzieht – vielmehr um ideologische Glaubenssätze.
Jeder Versuch, zu verstehen, warum in der Architektur das eine erlaubt ist, das andere aber nicht, führt auf scholastisch verwinkeltes Terrain, auf dem sich die Gegner abgehobene Metatheorien um die Ohren hauen. Da wird um intellektuelle Lauterkeit ebenso gestritten wie über das richtige Geschichtsbewusstsein oder die Einzigartigkeit des Kunstwerks – aber nicht mehr um die ästhetischen und schon gar nicht um die praktischen Qualitäten des Bauwerks.
Doch im Windschatten dieser hart geführten Langzeitdebatte zwischen den „Konservativen“ einerseits und den „Avantgardisten“ andererseits sind in den vergangen Jahren viele Bauten entstanden, die sich gewissermaßen über die ideologischen Gräben hinwegsetzen. Sie stammen von Architekten, die erwiesenermaßen auch „modern“ können und bauen, und sie beweisen zugleich, dass viele Qualitäten von gestern auch heute Bestand haben und von Bauherren nachgefragt werden. Das ist Berechtigung genug.


Foto: Stefan Müller, Berlin

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