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[ Brandschutz und Honorar ]

Brandschutzplanung als HOAI-Grundleistung?

Das Honorar nach HOAI umfasst nicht die Vergütung für Brandschutzplanungen, die objektiv erforderlich sind oder die vom Auftraggeber gefordert werden

Von Professor Friedrich Quack

1. Einleitung und Übersicht über die Problematik

In der Diskussion um die Problematik werden, soweit ich das feststellen konnte, für die Bejahung der Frage, dass die Honorierung von Brandschutzplanungen von den Grundleistungen (jetzt: im Allgemeinen erforderliche Leistungen) der HOAI erfasst sein soll, im Wesentlichen zwei Argumente verwendet:

a) Es gehe bei dieser Planung um „originäre“ Architektenleistungen.

b) Das Baugenehmigungsverfahren erfordere eine einheitliche Vorlageberechtigung auch für die erforderlichen Brandschutzpläne.

2. Zu „originären“ Architektenleistungen

Woraus sich bei einem Vertragsbild, das nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausschließlich auf Privatautonomie und Üblichkeiten beruht, eine Aussage über originäre Vertragspflichten rechtfertigen soll, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich. Vermutlich beruht sie auf einer fehlerhaften Interpretation der HOAI als Vertragsrecht, die dem Leistungsbild Genehmigungsplanung inhaltliche Aussagen über Vertragspflichten entnimmt.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Architekt eine genehmigungsfähige Planung schuldet. Das ist nämlich nicht aus der HOAI hergeleitet, sondern aus dem üblichen Vertragsinhalt, mit anderen Worten aus §§ 133, 157 BGB, und unterliegt nach dieser Rechtsprechung – selbstverständlich – in seinem Umfang voll der Privatautonomie [1]und nicht dem öffentlichen Preisrecht.

Sollten sich schließlich die Ausführungen über „originäre“ Architektenaufgaben auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beziehen, wonach der Architekt regelmäßig eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung – nicht etwa die Genehmigung – schuldet [2], ist hierzu anzumerken: Es trifft zu, dass genau dies eine seit circa 15 Jahren ständige Rechtsprechung besagt. Allerdings wird dies seit circa zehn Jahren mit dem Vorbehalt einer anderweitigen vertragsautonomen Regelung formuliert. Hierzu ist zunächst festzuhalten:

  • Es handelt sich nicht um eine honorarrechtliche Aussage, sondern um eine vertragsrechtliche darüber, was der Architekt schuldet, und nicht darüber, was er als Vergütung verlangen kann.
  • Diese beruht methodisch auch nicht auf dem Werkvertragsrecht, dem Vertragsrecht des Architektenvertrags, sondern auf einer Auslegung des üblichen Vertragsinhalts gemäß §§ 133, 157 BGB.
  • Das wird durch den Hinweis auf die Vertragsautonomie verdeutlicht.
  • In keinem der inzwischen zahlreichen entschiedenen Fälle ging es auch nur mittelbar um Honorarrecht, also etwa um die Frage, ob eine genehmigungsfähige Planung aufgrund dieser Rechtsprechung honorarrechtlich zu den Grundleistungen gehören muss oder ob diese Rechtsprechung sonstige honorarrechtliche Implikationen hat.

Die Rechtsprechung zum Schulden einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung leitet somit ihre Aussage aus dem subjektiven Willen der Parteien her. Damit ist sie ungeeignet, als Argument für die allgemein erforderlichen Leistungen herzuhalten, die den Umfang der Grundleistungen bestimmen. Die HOAI bestimmt ihren Anwendungsbereich nach empirisch objektiven und nicht nach vertragsrechtlich subjektiven Maßstäben.

3. Zur „einheitlichen“ ­Vorlageberechtigung

Jedenfalls die zweite Aussage beruht ausschließlich auf der fehlerhaften Wertung der HOAI als Vertragsrecht in dem Sinne, dass der planende Architekt vorrangig und mangels anderweitiger Vereinbarung ausschließlich zu den nach HOAI honorierten Leistungen verpflichtet sein soll. Die dem allem zugrunde liegende Sicht, wonach die HOAI das Vertragsrecht des Architektenvertrags regelt, ist sachlich fehlerhaft und mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unvereinbar, weil die gesetzliche Ermächtigung zur Regelung der Preise für Architekten- und Ingenieurleistungen nicht mehr umfassen kann als das gesetzliche Preisrecht, also den Tarif für die Leistungen und nicht die Inhalte.

Dies ergibt sich zunächst einmal aus der HOAI selbst, die – merkwürdigerweise häufig übersehen – als eigenen Anwendungsbereich explizit die „Berechnung der Entgelte für die Leistungen der Architekten und Ingenieure“ regelt (§ 1), also Ansprüche aus dem Architektenvertrag der Höhe, nicht dem Grunde nach.

Das sieht deshalb selbstverständlich und im Gegensatz zu manchen schiefen Formulierungen in der Literatur und der untergerichtlichen Rechtsprechung auch der Bundesgerichtshof nicht anders [3]. Zu Unrecht wird in der Literatur die Meinung vertreten, etwas anderes ergebe sich für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inzwischen aus einer späteren Entscheidung, die sich mit dem Fall befasst, dass der Vertrag auf die Leistungsbilder der HOAI Bezug nimmt [4]. Die Entscheidung besagt auch für diesen Fall keineswegs, dass die HOAI Vertragsrecht wird, sie meint vielmehr nur die im Grunde banale Aussage, dass die vereinbarte HOAI in diesem Fall bei der Vertragsauslegung zu bedenken ist, und nicht, dass sie ausschließlich maßgeblich sein soll. Als Beleg für die aktuellste Stellungnahme zu dieser Frage lässt sich eine unlängst veröffentlichte Äußerung des Vorsitzenden des VII. Zivilsenats anführen, der das auch für Nichtjuristen anschaulich dahin formuliert, dass die Honorarordnung der HOAI keine Leistungsordnung ist, und der dort beklagt, dass dies immer noch verkannt wird.[5]
Unabhängig von dieser Frage ist im Übrigen bezüglich von Argumenten aus dem Bereich von Erfordernissen des Bauordnungsrechts zu bedenken, dass das landesrechtliche Bauordnungsrecht keine autonomen Regelungen bezüglich des preisrechtlichen Bundesrechts treffen kann. Es ist dem landesrechtlichen Gesetzgeber vielmehr grundsätzlich verwehrt, die Valeur der bundesrechtlichen Regelungen zu ändern, indem er etwa in das preisrechtlich fixierte Entgelt für bundesrechtlich geregelte Architektenleistungen mittelbar dadurch vermindert, dass er den Leistungsumfang erhöht. Das Argument der einheitlichen Vorlageberechtigung beruht demnach auch nur auf der Fehlvorstellung von der HOAI als einer Vertragsordnung.

4. Zur Grundsatzfrage

4.1 Übersicht über Fragen

Die Fragestellung, ob die HOAI Brandschutzplanungen umfasst, ist äußerst problematisch, weil mehrdeutig formuliert. Natürlich muss auch für jeden nicht genehmigungsbedürftigen Schuppen an den Brandschutz gedacht werden. Das gilt erst recht für kleine Einfamilienhäuser und gewöhnliche Gewerbebauten. Im Bereich des Bauordnungsrechts ist das selbstverständlich seit eh und je vorgeschrieben. Es lässt sich auch nicht gut bezweifeln, dass das Grundhonorar für Architektenleistungen Planungen dieses Typs mitumfassen kann. Das besagt aber überhaupt nichts dazu, ob auch das Honorar für komplexe Brandschutzplanungen bei Großprojekten wie Einkaufscentern und Arenen oder bei aus sonstigen Gründen komplexe Ansprüche stellenden Planungen von dem Grundhonorar erfasst ist.

Zum einen belegt die vorgängige Begutachtung, dass die Anforderungen des Bauordnungsrechts seit der ursprünglichen Formulierung der HOAI insoweit erheblich erweitert und verschärft worden sind. Zum andern ist es ohnehin so, dass die empirischen Erhebungen, die der HOAI zugrunde lagen, nicht auf komplexe Anforderungen und schon gar nicht auf Vorhaben dieses Stils ausgerichtet waren, weil entscheidend auf seinerzeit bekannte Normalfälle abgestellt wurde und im Übrigen Großvorhaben ohnehin nicht vom Preisrecht erfasst sein sollten und bekanntlich auch nicht erfasst sind.

Das Honorar nach der HOAI ist ein Standardhonorar für die Standardfälle, die den einschlägigen empirischen Untersuchungen zugrunde gelegt sind. Für diese ist sie beschränkt vollständig, aber, wie schon die Regelung für Besondere Leistungen oder gar die frühere für Projektsteuerungsleistungen beweisen, nicht einmal für die von der HOAI bewerteten Leistungen uneingeschränkt vollständig. Es lässt sich also nicht einmal für Standardvorhaben argumentieren, eine spezielle Brandschutzplanung könne keine Besondere oder andere Leistung sein.

4.2 Grundsätzliche methodische ­Überlegungen

Die HOAI regelt Entgeltpauschalen für Leistungsbilder. Im Ergebnis sind das pauschale Funktionalbeschreibungen, die hoch abstrakt und deshalb extrem weit gefasst sind. Es geht bei dem von dem Regelungsbereich der Grundleistungen (Leistungen) der HOAI erfassten Leistungen um das Standardproblem von Pauschalierungen, nämlich die Abgrenzung zwischen den von der Pauschale erfassten Leistungen einerseits und denen, die nicht dazugehören, andererseits.

Auch die zur Abgrenzung verwendeten Argumente sind immer die gleichen. Die eine Seite argumentiert mit dem „Wortlaut“, die andere mit dem Sinn, wobei selbstverständlich der eine wie der andere Argumentationsbereich keineswegs feststehend ist.

Was meistens gänzlich ausgeblendet wird, ist die Möglichkeit des Sowohl-als-auch. Dem liegt die Fiktion zugrunde, dass einem Wort nur ein einheitlicher Begriff zugrunde liegen kann beziehungsweise stets zugrunde liegen muss.

Richtigerweise geht es, wie immer bei Pauschalierungen, um die Sinnermittlung einer Regelung und nicht um ihre äußere Gestalt. Nicht der wörtliche, sondern der richtige Sinn der Regelung, und zwar der für die konkrete Rechtsfrage richtige Sinn, ist mit den üblichen methodischen Mitteln festzustellen, als da sind: die ursprüngliche Regelungsabsicht (die sogenannte historische Auslegung), der Gesamtzusammenhang (systematische Auslegung) und der Regelungszweck (teleologische Auslegung). Dabei ­ergeben sich zusätzlich gegenüber allzu großen Interpretationsfreiheiten eine Reihe von verfassungsrechtlichen Beschränkungen daraus, dass es um eine Grundrechtsbeschränkung (Art. 2 GG – Vertragsfreiheit) durch eine Rechtsverordnung geht. Es ist zudem keineswegs ausgemacht, in welchem Umfang die bundesrechtliche Ermächtigung zur preisrechtlichen Regelung von Honoraren durch das landesrechtliche Bauordnungsrecht aufgefüllt werden kann.

Spezialisierte Brandschutzplanungen können danach nicht unter die Leistungsbeschreibungen der HOAI fallen. Das ergibt sich zunächst aus den Regelungsabsichten, der sogenannten historischen Auslegung. Diese zielten gerade nicht auf Fälle dieser Art. Im Zusammenhang der Regelung wird das bestärkt durch das Vorhandensein von „Besonderen Leistungen“, jetzt auch der anderen Leistungen. Auch der Zweck des Preisrechts zielt auf den „Normalfall“.

4.3 Brandschutzplanung ist keine ­Grundleistung

Für den Brandschutz bei bestimmten größeren Anlagen ist nicht zuletzt auch wegen zusätzlicher Anforderungen des Bauordnungsrechts eine spezielle technische Expertise erforderlich. Unter dieser Voraussetzung ist für die Fragestellung der Anwendbarkeit der HOAI festzuhalten, dass es eher fernliegend ist, Leistungen dieser Art zu den Grundleistungen (jetzt: im Allgemeinen erforderlichen Leistungen) nach HOAI zu rechnen. Das ergibt sich historisch aus der Absicht des Normgebers, Standard- oder Normalfälle zu erfassen, und aus seinem tatsächlichen Vorgehen, solche Normalfälle als empirische Grundlage der konkreten Regelungen zu erheben. Besonders bezeichnend hierfür ist die Begründung für die Nichtregelung der Projektsteuerung [6], dass es an hinreichendem Erfahrungsmaterial für eine Regelung fehle.

Systematisch lässt sich das Ergebnis damit stützen, dass bei einer zu extensiven Auslegung die Regelungen für Besondere Leistungen weitgehend leer laufen. Schließlich zielt nicht nur die historische Absicht, sondern auch der Zweck der Regelung auf Standardfälle. Bestätigt wird dieses Ergebnis im Übrigen auch dadurch, dass die Qualifikation als Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz im Sinne der Sachverständigenverordnung Bau SVBau eine Sonderqualifikation im Sinn von § 11 Satz 1 Nrn. 2–6 darstellt.

4.4 Parallele „SiGeKo“

Die hier erörterte Diskussion über die Brandschutzplanung hat eine auffallende Verwandtschaft mit der inzwischen durch die obergerichtliche Rechtsprechung überholten Diskussion der Meinung, dass die Tätigkeit des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators (SiGeKo) von den Grundleistungen nach HOAI erfasst sein soll.[7] Das Ergebnis, dass dies nicht der Fall sein kann, ist entscheidend begründet wie das hier Erörterte bezüglich der Brandschutzplanung.[8]

4.5 Bundesrecht bricht Landesrecht

Überhaupt ist es grundsätzlich mehr als zweifelhaft, in welchem Umfang das Bauordnungsrecht das Ausmaß der Grundleistungen beziehungsweise der im Allgemeinen erforderlichen Leistungen autonom oder mittelbar bestimmen kann. Würde man dies unbegrenzt annehmen, könnte der – landesrechtliche – Gesetzgeber autonom das bundesrechtliche Preisrecht in dem Sinne verändern, dass er den Wert der preisrechtlich gebundenen Architektenleistung durch zusätzliche Anforderungen vermindern beziehungsweise durch verringerte Anforderungen erhöhen kann. In einem gewissen Umfang von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung wird das möglich sein. Aufgrund der der HOAI zugrunde liegenden empirischen Untersuchungen kann das aber aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich wegen des Vorrangs des Bundesrechts, nicht für qualitativ ausschlaggebende Änderungen gelten, zu denen nach dem Gutachten die Brandschutzplanung zu rechnen sein dürfte.

5. Ergebnis

Das Honorar nach HOAI umfasst nicht die Vergütung für spezielle Brandschutzplanungen, die objektiv erforderlich sind oder die vom Auftraggeber gefordert werden. Das gilt auch dann, wenn die HOAI zur Beschreibung der Leistungsverpflichtung des Architekten/Ingenieurs vereinbart ist. Das gilt schon deshalb, weil die HOAI ihren Anwendungsbereich nicht regelt, sondern voraussetzt.

Professor Friedrich Quack ist Richter am Bundes­gerichtshof a. D. und lebt in Berlin.


[1]BGH ständige Rechtsprechung; vgl. etwa Urt. vom 26.9.2002 – VII ZR 290/01 NJW 2003, 286
[2]Vgl. etwa BGH, Urt. vom 25.3.1999 – VII ZR 397/97 NJW 1999, 3556 m.w.N.; BGH Urt. v. 26.9.2002 – VII ZR 290/01 = NJW 2003, 287; BGH Urt. vom 19.2.1998 – VII ZR 236/96 = NJW 1998, 3716; BGH Urt. vom 25.2.1999 – VII ZR 190/97 = NJW 1999, 2113; vgl. a. BGH Urt. vom 18.9.1997 – VII ZR 300/96 = NJW 1998, 135
[3]BGH, Urt. vom 24.10.1996 – VII ZR 283/95 = NJW 1997, 586
[4] BGH, Urt. vom 26.7.2007 – VII ZR 42/05 = NJE 2008, 285  – Lehrter Bahnhof
[5] Kniffka, BauR 2010, 1306 (1308)
[6]Vgl. § 31 HOAI a.F.
[7] Vgl. etwa Wingsch, BauR 2001, 314; BauR 2002, 1168 hiergegen Quack, BauR 2002 541; Portz, BauR 2002, 1160
[8] Vgl. Schwenker IBR 2004, 431; OLG Celle BauR 2004, 1649

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