
Im Studium KI zu nutzen ist okay, aber man muss es richtig tun.
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KI in der Lehre? Davon ist im vierten Semester in der Regel noch kaum die Rede – zumindest laut Lehrplan. Als Lehrbeauftragter für Entwerfen ließ ich Zweiergruppen von Studierenden in dieser Phase ihres Bachelor-Studiums ein A4-Blatt erstellen. Kein Entwurf, keine Visualisierung. Nur ein gedanklicher Aufschlag: Welche entwurfsrelevanten Anforderungen gelten für eine bestimmte Nutzung – Wohnen, Kita, Seminarraum, Co-Working? Ich nannte es den Spicker fürs Entwerfen. Einstieg ins Denken.
KI war nicht Teil der Aufgabenstellung, doch spielte die Hauptrolle
Die Aufgabe stellte ich im Rahmen eines gemeinsamen Entwurfsprojekts mit Professor Alexander Reichel an der Hochschule Darmstadt. Eine Woche später lagen die Blätter vor uns. Listen, Tabellen, zwei Mindmaps. Die Inhalte? Formal vollständig – aber erschreckend ähnlich: WLAN und Steckdosen, Brandschutz und Fluchtwege, DIN-Normen, Lichtverhältnisse.
Ich fragte in die Runde: „Wer hat bei der Aufgabe eine KI benutzt?“ Fast alle hoben die Hand. Das hatte ich mir schon gedacht. Die Ergebnisse waren korrekt – aber austauschbar. Viele Texte klangen wie ein Screenshot aus einer Normensammlung. Es fehlten Gewichtung, Haltung, Relevanz fürs Entwerfen. Einige schrieben auf, was sie gelesen hatten. Wenige überlegten, was sie wirklich brauchen würden.
KI im Studium ist ein Werkzeug – kein Ersatz fürs Denken
Das Problem ist nicht, dass KI benutzt wird. Das Problem ist, dass bisher niemand gelernt hat, wie man sie benutzen sollte. Die Studierenden nutzten ChatGPT wie Google mit Anzug. Sie fragten: „Was braucht ein Co-Working-Space?“ – und bekamen: Steckdosen, Schallschutz, WLAN. Aber nichts davon half beim Entwerfen.
Eine einzige Gruppe hatte gar keine KI genutzt, manche nur als kleine Hilfe – und das sah man auch. Ihre Mindmap war unordentlich, aber klar. Sie hatte Lücken – aber auch Haltung. Sie zeigte, was ihnen selbst bei der Recherche fehlte. Nicht, was der Algorithmus ihnen servierte.
Architektur braucht Haltung – nicht nur Prompts
Wir müssen endlich anfangen, KI-Kompetenz zu lehren. Nicht als Gimmick. Nicht als Kurseinheit im Master. Sondern als Teil jeder Entwurfsübung. Denn fast alle nutzen KI. Und fast niemand weiß, wie man sie kritisch einsetzt. Wir müssen lehren:
- Wie man KI sinnvoll befragt
- Wie man generierte Inhalte bewertet
- Wie man zwischen Recherche und Reproduktion unterscheidet
- Wie man Haltung behält
Denn: Wer nur übernimmt, entscheidet nichts. Und wer nicht entscheidet, gestaltet nicht.
Die KI im Studium richtig befragen
Die KI ist da. Aber sie denkt nur mit – wenn wir es auch tun. KI ist kein Ersatz für das eigene Denken. Lehrende dürfen nicht weiter so tun, als könnten sie Entwerfen lehren, ohne KI dabei wichtig zu nehmen. Sonst wird die nächste Generation der Planer zwar viel wissen, aber wenig verstehen. Es wird Zeit, dass wir den Studierenden nicht nur beibringen, wie man plant – sondern auch, wie man fragt.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
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