
Auf dem Weg: Akkreditierung der Lehre im Architekturstudium
khwanchai/AI/stock.adobe.com
Eine Akkreditierung ist ein zentrales Werkzeug, um Studiengänge zu überprüfen. Sie soll sicherstellen, dass die Ausbildung berufsqualifizierend ist. Im Fall vieler Planungsberufe kann davon auch abhängen, ob man irgendwann in eine Architektenkammer eintreten darf.
Curricula, Modulhandbücher und Stundenpläne sind einsehbar. Die Lehrenden berichten in der Akkreditierung wie sie dies umsetzen. Die ehrlichsten Einblicke kommen aber wohl von den Studierenden. Sie erleben die Lehrpraxis täglich und können berichten, was tatsächlich funktioniert. Gerade weil sie nichts zu verlieren haben, außer schlechter Lehre, kommt es auf ihre Perspektive an.
Doch weder Studierende, noch Lehrende, noch die Kommission für Akkreditierung legen fest, was eine:n zum Beruf qualifiziert. Für richtig gute Lehre müssen noch mehr Akteur:innen mitziehen. In Gesprächen mit Studierenden von acht verschiedenen Hochschulstandorten zeigt sich ein breites Spektrum an Erfahrungen mit der Akkreditierung.
Zwischen Beteiligung und Bevormundung: Akkreditierung aus studentischer Sicht
Die Spannweite ist groß. An einigen Hochschulen und Universitäten erleben Studierende eine Kultur der Akkreditierung, die von Respekt und Dialog geprägt ist. Sie werden früh eingebunden, über das Verfahren informiert, und ihre Perspektiven werden aktiv eingefordert. „Feedback ist bei uns allgemein sehr wichtig. Es gibt jedes Semester ein Gespräch mit den Professor:innen, da müssen Lehrende auf unsere Rückmeldungen reagieren“, berichtet eine Studentin.
Doch das ist nicht überall so. Andere Studierende berichten von fehlender Vorbereitung, intransparenten Abläufen und sogar aktivem Druck, sich mit Kritik zurückzuhalten. Die Studentin einer anderen Hochschule erzählt: „Ich hätte mir gewünscht, dass im Vorhinein klar gewesen wäre, was das eigentlich bedeutet. Es wurde immer suggeriert, dass die ganze Hochschule dichtgemacht wird, wenn wir was Kritisches sagen.“
Noch dazu wurden scheinbar gezielt junge Semester ohne Gremienerfahrung ausgewählt – vermutlich, weil man von ihnen weniger Kritik erwartete. „Random Studierende, kein Amt, keine Vorbereitung, keine Transparenz“, fasst die Beteiligte zusammen. An einer Uni wurde eine kritische Stellungnahme von Studierenden durch Lehrende entschärft. An einem anderen fing die Studiengangsleitung die Studierenden auf dem Weg zum Akkreditierungsgespräch ab, um ihnen noch einmal dringend nahe zu legen, nicht zu kritisch zu sein.
Was Akkreditierung verändern kann – und wann sie daran scheitert
Wenn Studierende den Raum bekommen, ehrlich zu sprechen, wird ihr Beitrag besonders wertvoll. Ein studentisches Mitglied einer Akkreditierungskommission bestätigt: „Ich versuche immer, die Studis zu pushen, offen zu sein. Wir sind auf ihre Perspektive angewiesen.“
Studierende vertreten kein Eigeninteresse, außer dem an guter Lehre. Was sie berichten, kann konkrete Verbesserungen anstoßen. Eine unfaire Verteilung der Workload über die Semester? Fehlende Arbeitsplätze? Mangelnde Anwesenheit der Lehrenden? All das kann zu Auflagen führen und tut es auch, wenn es offen benannt wird. Eine Hochschule muss dann nachsteuern.
Ein respektvoller Rahmen, aber …
Studierende wissen mitunter nicht, dass ihre Aussagen in einer Akkreditierung nicht zum „Durchfallen“ der Hochschule führen. Nur unkorrigierbar schlechte Lehre könnte dahin führen und das ist zum Glück eine echte Seltenheit. „Hätte ich gewusst, dass wir wirklich die Möglichkeit haben, etwas zum Guten zu verändern, hätte ich schon offener über den unmöglichen Workload gesprochen“, sagt eine Befragte rückblickend.
Die Akkreditierungsgespräche finden in einem respektvollen Rahmen statt, das berichten die Studierenden übereinstimmend. Eine Studierende erzählt: „Bei dem Gespräch mit den Externen hatte man durchaus das Gefühl, dass diese sehr interessiert an unserer Meinung waren und auch bei Missverständnissen nochmal nachhaken.“ Und doch bleibt oft das Gefühl, mehr hätte gesagt werden müssen: „Ich wäre im Nachhinein gerne kritischer gewesen.“
Fünf Punkte für gute Akkreditierung
Damit Akkreditierung als Instrument für gute Lehre funktioniert, braucht es ernst genommene studentische Beteiligung. Was Studierende in den Gesprächen als hilfreich und fair erleben, lässt sich in fünf Punkte fassen:
- Frühe Einbindung – nicht erst kurz vor dem Gespräch
- Beteiligung unterschiedlicher Semester – nicht nur Erstis
- Mischung aus Fachschaftsaktiven und „freien“ Stimmen
- Transparente Aufklärung über Zweck, Ablauf und Konsequenzen der Akkreditierung
- Keine Einflussnahme durch Lehrende oder Hochschulleitung
Akkreditierung weiterdenken – Klimagerechtigkeit als Qualifikationsziel
Was vielen Studierenden bei der Akkreditierung zu kurz kommt, ist ein Diskurs darüber, wohin das Studium führen soll. Doch das Akkreditierungsverfahren fragt nicht, was ein Studiengang eigentlich leisten soll. Sie prüft nach Musterrechtsverordnung zum Beispiel Qualifikationsziele, Studierendenbeteiligung oder ob Hochschulen nationale und landesrechtliche Vorgaben zur Anerkennung von Kompetenzen umsetzen.
Hier sind die Berufsanerkennungsrichtlinien auf Landes‑ und Bundesebene relevant. Diese legen die Architektenkammern fest. Auf EU-Niveau regeln Kommission und Parlament die EU‑Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen. Diese haben sich schon lange nicht weiterentwickelt, die großen Krisen unserer Zeit sind noch nicht berücksichtigt.
Echte Veränderungen anstoßen
Auch wenn beispielsweise an anderer Stelle die baldige deutsche und europäische Klimaneutralität geregelt sind, in Bezug auf den Berufstand wird hierzu kein Wort verloren. Also können Kommissionen für Akkreditierung dies auch nicht prüfen und Hochschulen reagieren bestenfalls initiativ auf Klima- und Biodiversitätskrise. Das ist ein struktureller Missstand, den wir schleunigst überwinden sollten.
Die Stimmen der Studierenden zeigen: die Akkreditierung ist kein rein formales Verfahren. Sie kann echte Veränderungen anstoßen – wenn die Beteiligten gut eingebunden werden. Und formell muss nachgesteuert werden, damit Hochschullehre richtig gut wird.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: