Von Rupert S. Haslinger
Für Planung und Bau energieeffizienter Büro- und Verwaltungsgebäude gibt es keine standardisierten Konzepte. Denn die Bandbreite der Möglichkeiten ist vor allem durch die Einbindung regenerativer Energiequellen — Biomasse, Solar- oder Geothermie sowie die passive Nutzung von Solarwärme — enorm gewachsen. Jeder Büro- oder Verwaltungsbau erfordert deshalb neben dem individuellen architektonischen Entwurf die objektspezifische Planung der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik. Bevor erste Entwurfspläne aufgestellt werden, sollten Architekt und Bauherr klären, welchen energetischen Standard das Gebäude aufweisen soll. Hierbei ist auch zu klären, welche regionalen Energiequellen vorhanden sind und inwieweit sich diese wirtschaftlich nutzen lassen.
Für ein energieeffizientes Büro- und Verwaltungsgebäude gibt es verschiedene Ansätze. Bisher haben sich grundsätzlich vier Konzepte etabliert: das Niedrigenergiehaus, das Sonnenhaus, das Passivhaus und das Plusenergiehaus. Sie haben sich auch bei Büro- und Verwaltungsgebäuden durchsetzen können; allerdings lassen sich die Standards nicht so klar voneinander abgrenzen wie im Wohnungsbau. Primäres Ziel ist es, Energie möglichst effizient zu nutzen und die verbleibende Energie regenerativ bereitzustellen. Bei jedem Konzept müssen Investitions- und Lebenszykluskosten einbezogen werden.
Entscheidend bei Passivhäusern: Wärmerückgewinnung
Die Errichtung von Büro- und Verwaltungsgebäuden im Passivhaus-Standard — in der Regel ohne aktives separates Heizsystem oder Klimaanlage – nimmt deutlich zu. Ein komfortables Raumklima wird durch guten Wärmeschutz, passive Solarenergienutzung durch Dreifach-Verglasungen, die Ausrichtung des Gebäudes nach Süden, eine hochwirksame Rückgewinnung von Wärme aus der verbrauchten Luft sowie einer passiven Vorerwärmung der Frischluft erreicht. Demnach sind Rückgewinnung von Wärme aus der verbrauchten Luft im Winter und die unmittelbare Zufuhr von Frischluft im Sommer die Hauptaufgaben des Belüftungssystems. Bei größeren Gebäuden muss im Winter die Luft vorgewärmt werden. Thomas Wittmann, Geschäftsführer der Augsburger Holzhaus GmbH, bestätigt dies: „In unserem Passivhaus-Ausstellungszentrum steht ein Scheitholzofen um, die offenen Ausstellungsflächen während der kalten Jahreszeit zu wärmen. Dies ist aber nur nach den Wochenenden notwendig, wenn das Gebäude leicht ausgekühlt ist. Um die Büroräume zu erwärmen, genügt die Wärmezufuhr durch die Nutzer, die Elektrogeräte und durch die kontrollierte Belüftung.“
Die aktive Kühlung eines Passivhaus-Bürogebäudes ist bis auf die Serverräume nicht notwendig. Die Brauchwassererwärmung erfolgt durch elektrische Durchlauferhitzer oder mittels Elektroboiler. Gerade bei Büro- und Verwaltungsgebäuden mit minimalem Warmwasserbedarf genügen in der Regel Elektroboiler. Die Energiekennwerte wurden vom Passivhaus Institut in Darmstadt wie folgt festgelegt: jährlicher Heizwärmebedarf maximal 15 kWh/m²a beziehungsweise Heizwärmelast maximal 10 W/m², jährlicher Primärenergiebedarf 120 kWh/m²a inklusive Nutzstrom und für Nichtwohngebäude gilt zusätzlich ein Nutzkältewert von maximal 15 kWh/m²a. Der Grenzwert für die Luftdichtheit liegt für das Passivhaus bei n50 < 0,6/h. Dieser Wert muss eingehalten werden, damit die Lüftungswärmeverluste klein genug gehalten werden können. Die Kosten eines im Passivhaus-Standard errichteten Gebäudes sind etwa mit denen eines KfW-40-Gebäudes vergleichbar. Das ist auch durch die deutlich gesunkenen Kosten für Solarenergie zu begründen. Die Preise für Photovoltaik-Anlagen sind nach Mitteilung des Bundesverbandes der Solarwirtschaft seit 2006 um 58 Prozent gefallen. Außerdem ist die Wärmeerzeugung für Warmwasser und Raumwärme durch die Kombination Photovoltaik plus Wärmepumpe wirtschaftlicher als durch eine solarthermische Anlage geworden.
Entscheidend beim Plusenergiehaus: Frischluftzufuhr
Plusenergiehäuser sind im Wesentlichen Passivhäuser mit großflächigen Photovoltaik-Anlagen — auf dem Dach oder in die Fassade integriert. Hauptenergiequelle ist die Sonne. Bei größeren Büro- und Verwaltungsgebäuden erwärmen solarthermische Kollektoren das Wasser; dezentrale Elektroboiler können aber oftmals wirtschaftlicher sein. Wie bei den anderen Baukonzepten auch, ist die Südausrichtung des Gebäudes mit großflächigen Dreifach-Verglasungen wichtig, um die solaren Wärmegewinne zu maximieren. Hinzu kommen eine hocheffiziente Dämmung gemäß Passivhaus-Standard sowie ein auf das Gesamtsystem abgestimmtes Lüftungssystem, das eine dauernde Frischluftzufuhr gewährleistet und dabei trotzdem kaum Wärme nach außen abgibt. Der für energieeffiziente Gebäudekonzepte bekannte österreichische Architekt Erwin Kaltenegger: „Beim Plusenergiehaus gibt es nur noch in Serverräumen eine konventionelle Klimaanlage. Eine Nachtauskühlung erfolgt im Sommer durch automatisches Öffnen der Fenster und erfüllt die Anforderungen an ein angenehmes Arbeitsklima.“ In der Regel sind Plusenergiehäuser nicht völlig autark vom Stromnetz. Bei Ein- und Mehrfamilienhäusern gibt es zwar bereits einige völlig energieautarke Gebäude, bei Büro- und Verwaltungsgebäuden ist das aber aufgrund des höheren Strombedarfes auch mittelfristig nicht wirtschaftlich. Die notwendige Speicherkapazität in großen Akkumulatoren steht in keinem Verhältnis zum Nutzen eines energieautarken Bürogebäudes.
Entscheidend beim Sonnenhaus: Solarspeicher
Den Begriff „Sonnenhaus“ hat das Sonnenhaus-Institut aus Straubing in Bayern definiert. Es ist bestrebt, die Entwicklung und Verbreitung weitestgehend solar beheizter Gebäude voranzutreiben. Mitglieder des Instituts sind Solar- und Heizungstechnikexperten sowie Architekten. Kennzeichen von Sonnenhäusern sind ein steil nach Süden geneigtes Solardach und ein großer, im Gebäude integrierter Wassertank oder Pufferspeicher zur Speicherung der Sonnenenergie. Bei Sonnenschein kommt ein Sonnenhaus auch an kalten Tagen häufig ohne aktive Heizung aus. Die passive Sonnenenergienutzung konkurriert jedoch nicht mit der aktiven, weil die durch die Kollektoren geerntete Solarstrahlung im Pufferspeicher über mehrere Tage oder sogar Wochen zwischengespeichert werden kann. Der jährliche Heizwärmebedarf für Raumheizung und Warmwasser wird zu mehr als 50 Prozent durch eine thermische Solaranlage gedeckt. Die Nachheizung des Pufferspeichers erfolgt nur durch regenerative Energiequellen, zum Beispiel durch einen Scheitholzofen. Ein Flächenheizsystem oder Deckenstrahlsystem sorgt mit seiner raumweise regelbaren Strahlungswärme für einen hohen Wohn- und Arbeitskomfort bei niedrigen Heiztemperaturen. Das Lüften über Fenster ist eher möglich als in Passivhäusern und hat sich im Sonnenhaus grundsätzlich bewährt. Der Einbau einer Lüftungsanlage kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein, ist aber aus energetischer Sicht nicht zwingend erforderlich. Der positive Effekt der Wärmerückgewinnung auf den Heizwärmebedarf wird durch den Stromverbrauch der Gebäudelüftung aus primärenergetischer Sicht kompensiert.
Der bauliche Wärmeschutz ist darauf abgestimmt, dass gegenüber der aktuellen EnEV um 30 Prozent geringere Transmissions-Wärmeverluste erzielt werden. Der Jahres-Primärenergiebedarf von fünf bis 15 kWh pro m² Gebäudenutzfläche unterschreitet den eines Passivhauses mit Klimakompaktgerät etwa um das Drei- bis Vierfache (bei Wohngebäuden). Beim Sonnenhaus ist der fossile Energieeinsatz sehr gering, da die Wärme aus regenerativen Energiequellen erzeugt wird. Darüber hinaus kommen Hocheffizienzpumpen zum Einsatz, sodass nur ein jährlicher Stromverbrauch von 200 bis 300 Kilowattstunden für Hilfsenergien anfällt. Um eine Überhitzung der Räume zu vermeiden, muss ein entsprechender Sonnenschutz durch Dachüberstände oder außen liegende Rollos vorgesehen werden. Christian Teege, Geschäftsführer der Teege Haus Architekten + Ingenieure GmbH in Birkenwerder bei Berlin: „Im Sonnenhaus erfolgt die Kühlung im Sommer entweder über die Kühlung der Frischluft der kontrollierten Gebäudelüftung oder über die direkte Kühlung mittels Deckenstrahlplatten.“ Der Einsatz von Deckenstrahlplatten gewährleistet eine gleichmäßige Kälte-Abstrahlung im Sommer und eine angenehme Wärme-Abstrahlung im Winter. Dank dem Einsatz regenerativer Energien und einem hohen Anteil an solarthermischer Wärmegewinnung sticht das Sonnenhaus-Konzept durch einen sehr niedrigen Primärenergiebedarf hervor. Das wassergeführte Niedertemperatursystem mit Deckenstrahlplatten funktioniert als Kreislaufsystem — im Winter zum Heizen und im Sommer zum Kühlen. Dieses System ersetzt die sonst üblichen zwei Kreisläufe zum Heizen und Kühlen. Die Bereitstellung von Warmwasser erfolgt bei Bürogebäuden im Sonnenhaus-Standard meistens durch eine Frischwasserstation. Bei sehr geringem Warmwasserbedarf kann aber ein Elektroboiler die wirtschaftlichere Lösung darstellen, vor allem dann, wenn das Gebäude mit einer Photovoltaik-Anlage versehen ist.
Entscheidend bei Niedrigenergiehäusern: Energie-Management
Gebäude im Niedrigenergiehaus-Standard werden im Allgemeinen so gebaut oder saniert, dass der Energieverbrauch so gering wie möglich ist. Beispiele sind die KfW-40- beziehungsweise KfW-60-Häuser, deren Primärenergiebedarf 40 beziehungsweise 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr nicht überschreiten darf. Niedrigenergiegebäude im Sinne der Gütegemeinschaft energieeffiziente Gebäude müssen gegenüber der EnEV 2009 um 30 Prozent geringere Transmissions-Wärmeverluste aufweisen. Um dies auch bei Bürogebäuden zu erreichen, kommt es neben dem baulichen Wärmeschutz vor allem auf die energetische Effizienz der Heiz- und Klimatechnik an.
Für die Kühlung bieten sich die nächtliche Querlüftung und die passive Kühlung der Zuluft bei einer kontrollierten Gebäudelüftung an. Werden die Fenster nachts gekippt, können die Raumoberflächen von der Luftströmung gekühlt werden. Sind die Fenster tagsüber wieder geschlossen, kann ein gut gedämmtes Gebäude kühl gehalten werden. In Bürogebäuden wird diese Lüftungsstrategie in zunehmendem Maße eingesetzt, um auf eine teure und energieintensive konventionelle Klimaanlage verzichten zu können.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Kühlung der Zuluft über die kontrollierte Gebäudebelüftung. Architekt Jens Ternes aus Koblenz: „Bei einem Neubau lassen sich die erforderlichen Erdsoleleitungen rasch und günstig verlegen.“ Somit kann im Gegenstromverfahren die Frischluft gekühlt und über die Gebäudebelüftung verteilt werden. Letztere gewährleistet in Kombination mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe die Wärmebereitstellung im Winter. Um einen möglichst niedrigen Energieverbrauch zu realisieren, ist ein EnergieManagementsystem erforderlich, das die Gebäudebelüftung, die Luft-Wasser-Wärmepumpe und die Öffnungsintervalle für die Querlüftung im Gebäude in Abhängigkeit von den Außen- und Innentemperaturen steuert. Durch eine Photovoltaik-Anlage kann der Stromverbrauch der HLK-Technik nochmals um rund 25 Prozent gesenkt werden. Der verbleibende Strombedarf wird durch Ökostrom vom Energieversorger gedeckt. Durch die Verwendung regenerativer Energieträger sowie von Ökostrom können Bürogebäude zu 100 Prozent CO2-frei betrieben werden.
Trends: Leittechnik, Wärmepumpen und Photovoltaik
Bei allen Baukonzepten spielt die Gebäudeleittechnik eine zentrale Rolle. Darüber hinaus verstärkt sich in der HLK-Technik der Trend zu Luft-Wasser-Wärmepumpen; es genügen kleinere und somit leichter zu installierende Speicher als in früheren Zeiten. Der Einbau von Photovoltaik-Anlagen wird durch deren Preisverfall erleichtert. Architekt Erwin Kaltenegger aus Passail in Österreich: „Bei einem gut funktionierenden Lüftungssystem, einer optimalen Dämmung und einem durchdachten Beschattungskonzept kann bereits heute in Bürogebäuden sowohl auf eine zusätzliche Heizung als auch auf eine Klimaanlage verzichtet werden.“ Büro- und Verwaltungsgebäude, die industrielle Kühlprozesse benötigen, sind von diesen Konzepten ausgenommen. Wie im Wohnungsbau, ist eine Südausrichtung und Verschattungsfreiheit im Winter unabdingbar. Kernstück vieler Konzepte für Bürogebäude ist mittlerweile die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen. Die (Technik-)Räume sollten bereits im Zuge der Entwurfsplanung festgelegt werden, ebenso die Fassaden- und die Dachgestaltung für eine optimale Solarstromerzeugung. In der Werkplanung sollte überprüft werden, ob eine weitere energetische Optimierung der Gebäudeelemente erzielt werden kann. Die Berechnungen zum Dämmstandard und zu den Energiekennwerten des Gebäudes ermöglichen auch den Vergleich mit anderen Bürogebäuden. Verschiedene Datenbanken, wie zum Beispiel die des IG-Passivhauses, geben konkrete Anhaltswerte zu zeitgemäßen Energiekennwerten.
Dr. Rupert S. Haslinger lebt in Salzburg und ist freier Journalist mit Schwerpunkt energieeffizientes Bauen.